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Der Wächter

Der Wächter

Titel: Der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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nageln, dann werden bald in jedem Baumarkt der Stadt die Nägel knapp.«
    »Tut mir Leid, dass ich dich da hineingezogen habe.«
    »Du konntest ja nicht wissen, dass irgendein Trottel diesen Reynerd umlegen würde.« Hazard wandte den Blick vom Altar ab und sah Ethan an, als suchte er in dessen Miene nach einem Anzeichen für Verrat. »Oder etwa doch?«
    »In mancher Hinsicht sieht’s nicht gut aus für mich.«
    »In mancher Hinsicht, ja«, stimmte Hazard zu. »Aber selbst du bist nicht dämlich genug, um für einen total ausgeflippten Filmstar zu arbeiten, der seine Angelegenheiten wie ein Rapmusik-Mogul regelt.«
    »Manheim weiß nichts von Reynerd und den schwarzen Schachteln, und wenn er was wüsste, würde er meinen, dass Reynerd bloß ein bisschen Aromatherapie nötig hat, um seine psychischen Probleme ins Lot zu bringen.«
    »Aber da ist doch etwas, was du mir verheimlichst«, bohrte Hazard weiter.
    Ethan schüttelte den Kopf, aber nicht verneinend. »O Mann, das war ein langer Tag. Ich fühle mich wie nach dem fünften Schleudergang.«
    »Zum Beispiel hatte Reynerd auf dem Sofa zwei Beutel Kartoffelchips neben sich. In jedem hat man eine geladene Kanone gefunden.«
    »Aber als der Killer geläutet hat, ist er unbewaffnet zur Tür gegangen.«
    »Vielleicht, weil er gemeint hat, dass ich die wahre Bedrohung bin, und ich saß ja schon im Zimmer. Aber darum geht’s mir nicht. Ich will darauf hinaus, dass du mit den Kartoffelchips Recht hattest.«
    »Wie schon gesagt – ein Nachbar hat mir erzählt, dass Reynerd paranoid ist und immer eine Waffe in Reichweite hat, die er eben in solchen Dingern versteckt.«
    »Dieser redselige Nachbar, das ist doch Bockmist«, sagte Hazard. »Den hat’s gar nicht gegeben. Du hast das alles von irgendwo anders her gewusst.«
    Das Gespräch war am Scheideweg angelangt. Nun gab es zwei Richtungen: Vertrauen oder Argwohn. Falls Ethan nicht mehr preisgab als bisher, würde Hazard ihm in dieser Sache keinen einzigen Schritt mehr folgen. Die Freundschaft wäre zwar nicht beendet, aber ohne größere Enthüllungen würde sie nie wieder so sein wie vorher.
    »Du wirst mich für verrückt halten«, sagte Ethan.
    »Das tue ich jetzt schon.«
    Ethan atmete Weihrauchduft ein und Befangenheit aus. Dann erzählte er Hazard, wie Reynerd ihm in den Bauch geschossen hatte und wie er anschließend die Augen aufgemacht und festgestellt hatte, dass nicht die kleinste Wunde zu sehen war, obwohl sich Blut unter seinen Fingernägeln befand.
    Während seines Berichts wurde Hazards Blick weder abwesend, noch richtete er sich auf einen weit entfernten Punkt des Kirchenschiffs. Offenbar war er doch nicht der Meinung, dass Ethan irgendwelchen Blödsinn schwatzte oder nicht mehr ganz bei Trost war. Erst als Ethan geendet hatte, schaute Hazard wieder auf seine gefalteten Hände hinab.
    »Tja, jedenfalls sitze ich hier sicher nicht neben einem Gespenst«, sagte er schließlich.
    »Wenn du eine Klapsmühle für mich aussuchst«, sagte Ethan, »dann schau doch mal, ob sie ein gutes Kreativprogramm hat.«
    »Du hast also dein Blut untersuchen lassen. Hast du sonst noch irgendwelche Theorien ausgebrütet?«
    »Du meinst, abgesehen davon, dass ich in einem Zwischenzustand bin, nicht ganz lebendig und auch nicht ganz tot? Vielleicht bin ich an diesem Bauchschuss ja auch gestorben, und das hier ist die Hölle.«
    Hazard nickte. »Bei so was fallen einem nicht allzu viele Erklärungen ein, was?«
    »Jedenfalls keine von der Sorte, die man mit dem überprüfen könnte, was auf der Polizeischule als ›konventionelle Ermittlungsmethoden‹ bezeichnet wird.«
    »Durchgeknallt kommst du mir eigentlich nicht vor«, sagte Hazard.
    »Ich mir auch nicht, aber das hat nichts zu bedeuten. Wenn man durchgeknallt ist, merkt man es immer als Letzter.«
    »Außerdem hattest du nun mal mit der Waffe in der Chipstüte Recht. Es war also mindestens eine Art … übersinnlicher Erfahrung.«
    »So was wie Hellsehen, ja. Allerdings ist das keine Erklärung, wie mein Blut unter die Fingernägel kommt.«
    Auf diese bizarre Tatsache reagierte Hazard mit stillem Vertrauen und bemerkenswertem Gleichmut.
    Trotzdem hatte Ethan nicht die Absicht, ihm zu erzählen, wie er erst von einem Pkw und dann von einem Lastwagen überfahren worden oder im Rettungswagen gestorben war.
    Wenn man behauptete, einen Geist gesehen zu haben, dann war man ein ganz normaler Mensch, der ein übersinnliches Erlebnis gehabt hatte. Behauptete man aber, anderswo noch

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