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Der Wächter

Der Wächter

Titel: Der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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vereinbaren die beiden jedenfalls, sich erst mal gegenseitig einen Gefallen zu tun: Jeder nennt eine Person, die der andere für ihn umbringen soll. Der Schauspieler will, dass der Professor für ihn seine Mutter ermordet.«
    »Wieso klingt das bloß so nach Hitchcock?«, sagte Ethan nachdenklich.
    »Es ist so ähnlich wie in einem seiner alten Filme, Der Fremde im Zug . Der Sinn der Sache ist folgender: Durch diesen Tauschhandel können sie beide ein perfektes Alibi für einen Mord erbringen, für den sie sonst womöglich vor Gericht kommen würden.«
    »Lass mich mal raten. Reynerds Mutter wurde tatsächlich ermordet.«
    »Vor vier Monaten«, sagte Hazard. »In einer Nacht, in der ihr Sohn ein Alibi hatte, das so luftdicht war wie das Fenster von einem Spaceshuttle.«
    Die Wände begannen gemächlich um Ethan zu kreisen, als würde der Scotch nun verspätet Wirkung zeigen. Leider wusste Ethan nur zu gut, dass sein Schwindel weniger vom Alkohol herrührte als von den neuesten Absurditäten, die ihm da zu Ohren kamen. »Was für ein Idiot tut solche Sachen und schreibt dann ein Drehbuch darüber?«, sagte er.
    »Ein Schauspieler, der nicht nur arrogant ist, sondern auch ein Idiot. Sag mir bloß nicht, dass so was selten ist.«
    »Und wen sollte Reynerd für den Professor töten?«
    »Einen Kollegen an der Universität. Den Teil hatte Reynerd allerdings noch nicht geschrieben; er war gerade erst mit der Szene fertig, in der seine Mutter ermordet wird. Im wirklichen Leben hieß sie Mina und wurde erst in den rechten Fuß geschossen und dann mit einer Bronzelampe erschlagen. Im Drehbuch heißt sie Rena und bekommt mehrere Stiche in den Leib, bevor sie geköpft, zerstückelt und in einem Ofen verbrannt wird.«
    Ethan zuckte zusammen. »Hört sich so an, als wären die Tage von Reynerds Mutter auch dann gezählt gewesen, wenn er den Professor nie kennen gelernt hätte.«
    Sie schwiegen eine Weile. Das gut isolierte Kirchendach war so hoch über ihnen, dass das Toben des Unwetters kaum zu ihnen drang. Es klang weniger wie das Trommeln von Regen als wie die flüsternden Flügel eines Vogelschwarms.
    »Also«, sagte Hazard schließlich, »sollte der gute Chan sich in Acht nehmen, auch wenn Reynerd jetzt tot ist. Der Professor – oder was immer er im wirklichen Leben darstellt – schleicht immer noch irgendwo herum.«
    »Wer untersucht den Mord an Mina Reynerd?«, fragte Ethan. »Jemand, den ich kenne?«
    »Sam Kesselman.«
    Kesselman war schon in der Mordkommission gewesen, als Ethan noch die Dienstmarke trug.
    »Was hält der von dem Drehbuch?«
    Hazard zuckte die Achseln. »Der weiß noch nichts davon. Wahrscheinlich legt man ihm erst morgen ’ne Kopie auf den Schreibtisch.«
    »Ein guter Mann. Er wird sich reinhängen.«
    »Aber womöglich nicht schnell genug für dich«, sagte Hazard.
    Ein Luftzug strich durch den Raum. In einer Seitenkapelle flackerten die Flammen von Votivkerzen in rubinroten Schälchen. Feuersalamander aus Licht und Schatten schlängelten sich über die Wand.
    »Was wirst du unternehmen?«, fragte Hazard.
    »Der Mord an Reynerd wird in der Morgenzeitung stehen, und da wird sicher auch zu lesen sein, dass seine Mutter ein ähnliches Schicksal erlitten hat. Damit habe ich einen Vorwand, Kesselman aufzusuchen, um ihm von den Schachteln zu erzählen, die Reynerd an Manheim geschickt hat. Sobald Sam das Drehbuch gelesen hat …«
    »… von dem du natürlich keine blasse Ahnung hast …«
    »… wird ihm klar sein, dass Manheim in Gefahr ist, solange man den Professor nicht ausfindig gemacht hat. Das wird die Ermittlungen beschleunigen, und inzwischen bekomme ich womöglich sogar Polizeischutz für meinen Boss.«
    »Da kannst du lange warten«, sagte Hazard mürrisch.
    »Manchmal funktioniert das System.«
    »Nur, wenn man es nicht erwartet.«
    »Stimmt. Aber mir fehlen die Mittel, um Reynerds Freunde und Bekannte schnell genug unter die Lupe zu nehmen, und das Recht, in seinen persönlichen Sachen zu wühlen, habe ich auch nicht. Deshalb muss ich mich auf das System verlassen, ob ich will oder nicht.«
    »Was ist mit unserem Mittagessen heute?«, fragte Hazard.
    »Das hat nicht stattgefunden.«
    »Womöglich hat man uns gesehen. Außerdem kann man die Abbuchung von der Kreditkarte überprüfen.«
    »Na schön, dann waren wir eben zusammen essen. Aber ich hab dir kein Sterbenswort von Reynerd erzählt.«
    »Und wer soll so was glauben?«
    Ethan fiel tatsächlich niemand ein, der so leichtgläubig

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