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Der Wächter

Der Wächter

Titel: Der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Maxwell Dalton zu Fall gebracht hatte, hätte sie nie ersinnen und ausführen können.
    Corkys Mutter war von Neid und Hass getrieben gewesen. Er hingegen war frei von Neid und frei von Hass; was ihn antrieb, war der Traum einer besseren Welt durch Anarchie. Sie hatte eine Hand voll Feinde vernichten wollen, während er alles vernichten wollte.
    Wer kühnere Ideen hatte, dem wurde auch der Erfolg oft in größerem Maße zuteil.
    Corky saß am Ende eines ungewöhnlich erfolgreichen Tags nun auf seinem Barhocker, betrachtete den abgezehrten Professor und nippte etwa zehn Minuten lang an seinem Martini, ohne etwas zu sagen, nur damit die Spannung stieg. Schon während er geschäftig durch den Regen geeilt war, hatte er Zeit gefunden, eine fabelhaft brutale Geschichte zu ersinnen, die Daltons Verstand möglicherweise endgültig wie eine Salzstange zerbröseln ließ.
    Corky hatte vor, dem Professor zu berichten, er habe dessen Gattin Rachel ermordet. Angesichts des extrem schwachen Gesundheitszustands des Gefangenen würde diese Lüge, wenn man sie geschickt auftischte, vielleicht einen tödlichen Herzanfall auslösen.
    Sollte Dalton selbst diese grässliche Nachricht überleben, dann würde er am Morgen erfahren, dass inzwischen auch seine Tochter getötet worden war. Womöglich schaffte es dann dieser zweite Schock, ihn zu erledigen.
    So oder so war Corky bereit, sich Maxwell Dalton vom Hals zu schaffen. Er hatte aus der Situation jeden nur möglichen Unterhaltungswert herausgepresst. Nun war es an der Zeit, die Sache zu beenden.
    Außerdem brauchte er das Zimmer bald für Aelfric Manheim.

46
    Eine Nacht auf dem kalten, mit Kratern übersäten Mond hätte nicht einsamer sein können als die Nacht in der Villa Rospo.
    Die einzigen Geräusche im Inneren waren Frics Schritte, sein Atem, das leise Quietschen von Scharnieren, wenn er eine Tür öffnete.
    Draußen zankte ein launischer Wind abwechselnd drohend und melancholisch mit den Bäumen, wehklagte in den Dachtraufen, malträtierte die Mauern und stöhnte wie in kummervollem Protest darüber, vom Haus ausgeschlossen zu sein. Der Regen trommelte wütend an die Fenster, um dann still weinend am bleigefassten Glas hinabzurinnen.
    Eine Weile glaubte Fric, sicherer zu sein, wenn er in Bewegung blieb, statt sich an einem Ort niederzulassen. Möglicherweise versammelten sich ja unsichtbare Kräfte um ihn, sobald er stehen blieb. Außerdem konnte er im Gehen schneller losrennen und damit auch besser flüchten.
    Sein Vater war der Meinung, ab dem siebten Lebensjahr solle man einem Kind keine bestimmte Schlafenszeit aufzwingen, sondern es ihm selbst überlassen, seinen individuellen Biorhythmus zu finden. Deshalb ging Fric schon seit mehreren Jahren ins Bett, wann er wollte, manchmal schon um neun Uhr, manchmal erst nach Mitternacht.
    Während er rastlos umherstreifte und dabei die Lichter vor sich anknipste und hinter sich brennen ließ, wurde er bald müde. Er hatte gedacht, der Gedanke daran, dass der Kinder fressende Gott Moloch jeden Augenblick aus einem Spiegel treten konnte, würde ihn für den Rest seines Lebens wach halten oder zumindest bis er achtzehn wurde und gemeinhin nicht mehr als Kind galt. Die Angst erwies sich jedoch als ebenso anstrengend, wie es harte Arbeit war.
    Besorgt, auf ein Sofa oder einen Sessel zu sinken und irgendwo einzuschlafen, wo er wehrloser war als anderswo, überlegte er, ob er in den Westflügel des Erdgeschosses zurückgehen sollte, um sich vor Mr. Trumans Wohnung zu legen. Wenn dieser oder die McBees ihn dort schlafend vorfanden, dann hielten sie ihn allerdings bestimmt für einen feigen Schlappschwanz, der eine Schande für den Namen Manheim war.
    Er kam zu dem Schluss, dass die Bibliothek die beste Zuflucht bot. Zwischen Büchern hatte er sich schon immer wohl gefühlt. Die Bibliothek befand sich zwar im ersten Stock, wo es genauso einsam war wie im dritten, aber dort gab es immerhin keine Spiegel.
    Er wurde dort vom Engelsbaum empfangen.
    Fric schrak vor der geflügelten Schar zunächst zurück.
    Dann wurde ihm klar, dass zwischen den grünen Zweigen kein einziges glänzendes Ding hing, durch das ein böser Geist aus einer anderen Dimension in diese Welt eindringen oder sie beobachten konnte.
    Die baumelnden Engel schienen ihn sogar darauf hinzuweisen, dass hier ein geschützter Ort war, ein echtes Refugium.
    Die den riesigen Raum schmückenden Vasen, Schalen, Amphoren und Skulpturen waren entweder Wedgwood-Basalt mit Empiremotiven

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