Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wächter

Der Wächter

Titel: Der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
hatte.
    DAS AUGE IM APFEL? DER WACHSAME WURM? DER WURM DER ERBSÜNDE? HABEN WORTE EINEN ANDEREN ZWECK, ALS VERWIRRUNG ZU STIFTEN?
    Ethan hatte Kopfschmerzen. Wahrscheinlich sollte er dankbar dafür sein, dass er bloß Kopfschmerzen hatte, nachdem er zweimal gestorben war.
    Er ließ die sechs Präsente von Reynerd auf dem Tisch liegen und ging ins Badezimmer, wo er ein Fläschchen Aspirin aus dem Medizinschrank holte und zwei Tabletten in die hohle Hand herausschüttelte.
    Er hatte vorgehabt, am Waschbecken ein Glas Wasser einlaufen zu lassen, um die Medizin damit hinunterzuspülen. Als er jedoch in den Spiegel sah, merkte er, dass er nur kurz sein Ebenbild betrachtete, um dann gleich nach einer schattenhaften Gestalt Ausschau zu halten, die eigentlich nicht da sein sollte und sich sowieso seinem Blick entziehen würde, wenn er sie wie im Badezimmer von Dunnys Penthouse fixieren wollte.
    Für das Glas Wasser ging er in die Küche, wo keine Spiegel hingen. Seltsamerweise fiel dort sein Blick unwillkürlich auf
    das Wandtelefon neben dem Kühlschrank. Keine der Leitungen war belegt, auch nicht Anschluss 24 oder Frics Privatnummer.
    Ethan musste an den schnaufenden Anrufer denken. Falls Fric – was nicht der Fall war – zu der Sorte von Kindern gehört hätte, die kleine Dramen erfanden, um auf sich aufmerksam zu machen, dann hätte er Ethan keine derart simple Geschichte aufgetischt. Wenn Kinder sich etwas ausdachten, dann neigten sie dazu, es mit bombastischen Einzelheiten auszuschmücken.
    Nachdem Ethan die Tabletten geschluckt hatte, ging er zum Telefon und nahm den Hörer ab. Das Lämpchen für den ersten seiner beiden Privatanschlüsse flammte auf.
    Die Telefone im Haus dienten auch als Sprechanlage. Drückte Ethan die Taste für diese Funktion und dann die für Frics Anschluss, erklang seine Stimme aus dem Lautsprecher des Telefons oben im zweiten Stock.
    Er wusste nicht, was er sagen wollte und wieso er das Gefühl hatte, noch zu dieser späten Stunde mit Fric sprechen zu müssen statt am Morgen. Nachdem er eine Weile auf die Taste mit Frics Nummer gestarrt hatte, legte er den Finger darauf, zögerte jedoch, sie zu drücken.
    Wahrscheinlich lag der Junge längst im Bett, und wenn nicht, dann wurde es höchste Zeit.
    Ethan legte den Hörer wieder auf.
    Er ging zum Kühlschrank. Bisher hatte er an diesem Abend noch nichts essen können; nach allem, was tagsüber geschehen war, hatte sich sein Magen nämlich so eng wie eine Faust zusammengezogen. Eine Weile hatte er sich nur nach einem guten Scotch gesehnt. Nun jedoch lief ihm beim Gedanken an ein Schinkenbrot unverhofft das Wasser im Mund zusammen.
    Da stand man jeden Morgen auf und hoffte das Beste, aber das Leben ließ einen auf die Schnauze fallen, indem man einen Bauchschuss bekam und starb. Kaum war man aufgestanden, um weiterzumachen, ließ einen das Leben zum zweiten Mal auf die Schnauze fallen, indem man überfahren wurde und noch einmal starb; und wenn man einfach nur versuchte, auch damit fertig zu werden, ließ einen das Leben zum dritten Mal auf die Schnauze fallen. Da kam es nicht allzu überraschend, dass man nach diesem ganzen Stress den Appetit eines olympischen Gewichthebers hatte.
    Engel aus Mattglas, aus Plastik, aus Holz und aus bemaltem Blech baumelten vor Frics Augen, und nun hatte er womöglich auch noch einen waschechten Engel am Telefon. »Wie kann ich denn überhaupt ein sicheres Versteck finden, wenn Moloch durch Spiegel und Mondlicht reisen kann?«, fragte er.
    »Das kann er nicht«, sagte der Mysteriöse Anrufer. »Die Kräfte, die ich habe, stehen ihm nicht zur Verfügung. Er ist sterblich, aber glaub bloß nicht, dass ihn das weniger gefährlich macht. Ein Dämon könnte nicht schlimmer sein als er.«
    »Wieso kommen Sie eigentlich nicht einfach her und warten bei mir, bis er auftaucht, um ihm mit Ihrem heiligen Stab die Fresse zu polieren?«
    »Ich habe keinen heiligen Stab, Aelfric.«
    »Irgendwas müssen Sie doch haben, ’nen Stab, ’ne Keule, ’nen Knüppel, ein geheiligtes Schwert, das vor göttlicher Energie glüht. Ich hab mal einen Fantasyroman gelesen, in dem auch Engel vorgekommen sind. Das sind nämlich nicht so luftige Typen, die so zerbrechlich wie rohe Eier sind. Das sind echte Krieger. Die haben gegen die Heerscharen Satans gekämpft und sie aus dem Himmel in die Hölle getrieben. Das war eine coole Szene in dem Buch.«
    »Wir sind hier nicht im Himmel, Junge, sondern auf der Erde. Hier bin ich nur ermächtigt, auf

Weitere Kostenlose Bücher