Der Wächter
später vor der Topfpalme in der Bibliothek und schwitzte wie ein mieser Schuft, während er erklären musste, wieso er versucht hatte, die arme Pflanze mit einer doppelten Salve Urin zu ruinieren.
Ein paar Minuten später war es Mrs. McBee bestimmt gelungen, ihm die gesamte Geschichte aus der Nase zu ziehen, von Moloch angefangen über den Spiegelmann bis hin zu dem Telefonanruf aus der Hölle. Dann gab es kein Zurück mehr.
Obwohl Mrs. McBee die unheimliche Fähigkeit besaß, jede Lüge und Ausflucht zu durchschauen, würde selbst sie in diesem Fall nicht die Wahrheit erkennen. Frics Geschichte war zu haarsträubend, um glaubhaft zu sein. Er würde ihr noch irrer vorkommen als die unzähligen Irren aus der Unterhaltungsindustrie, die in den vergangenen sechs Jahren den Palazzo Rospo heimgesucht und Mrs. McBee mit ihrem Irrsinn verblüfft hatten.
Fric wollte nicht, dass Mrs. McBee von ihm enttäuscht war oder ihn für geistesgestört hielt. Es war ihm wichtig, was sie über ihn dachte.
Je länger er darüber nachdachte, desto klarer sah er, was ihm blühte, wenn er irgendjemand davon zu überzeugen versuchte, dass er mit einem durch Spiegel reisenden Schutzengel kommunizierte. Man würde ihn schnurstracks in eine Gruppentherapiesitzung befördern, an der sechs Psychiater und ein einziger Patient teilnahmen: er.
Von Seelenklempnern war der Schattenpapa fast so begeistert wie von spirituellen Beratern.
Mrs. McBee trat aus ihrem Büro, schloss die Tür und blieb stehen, um den Blick durch die Küche schweifen zu lassen.
Fric duckte sich hinter die Frittier- und Bratinsel und hielt den Atem an. Hätte er nur ebenso einfach all seine Poren schließen können, um sie daran zu hindern, seinen Geruch auszudünsten!
Verglichen mit dem Denkwürdigkeitenlabyrinth auf dem Dachboden war die Küche überschaubar, aber doch üppig ausgestattet. Neben den sechs großen Kühlschränken bot sie zwei Gefriertruhen, mehr unterschiedliche Backöfen als jede Bäckerei, drei separate Herde mit insgesamt zwanzig Hochleistungsgasbrennern, eine Art Schreibtisch, eine Backstation, eine Reinigungsstation mit vier Spülbecken und vier Geschirrspülmaschinen, die drei Arbeitsinseln, mehrere Arbeitstische und überall natürlich eine Unmenge professioneller Geräte.
Hier konnten vierzig Helfer eines Catering-Unternehmens neben Monsieur Hachette und dem üblichen Personal werkeln, ohne dass man das Gefühl hatte, sich in die Quere zu kommen. Bei Partys bereitete ein solches Team dreihundert mehrgängige Menüs zu, die gleichzeitig serviert wurden. Sooft Fric das auch beobachtet hatte, es hatte ihn jedes Mal verblüfft.
Wären zwei oder auch drei gewöhnliche Menschen darangegangen, die Küche nach ihm zu durchsuchen, dann hätte er gute Chancen gehabt, ihnen auszuweichen. Mrs. McBee jedoch war in keiner Hinsicht gewöhnlich.
Als er den Atem anhielt, glaubte er sie schnuppern zu hören. Ich rieche , rieche Menschenfleisch .
Er war froh, dass er das Licht nicht angeschaltet hatte, aber sie roch bestimmt die Pfütze frisches Wasser, das im Spülbecken geblieben war.
Schritte.
Fast wäre Fric auf die Beine gesprungen, um freiwillig seine Anwesenheit zu verraten, weil ihm das klüger vorkam, als wie ein mieser Verbrecher am Boden zu kauern, halb nackt und eindeutig im Begriff, etwas auszufressen.
Dann merkte er, dass sich die Schritte von ihm entfernten.
Er hörte, wie die Tür zum Anrichtezimmer zuschwang.
Die Schritte verhallten.
Fassungslos und seltsam bestürzt darüber, dass Mrs. McBee nicht unfehlbar war, begann Fric wieder zu atmen.
Nach einer Weile schlich er zur Tür, die zum Flur führte, drückte sie einen Spalt weit auf und lauschte.
Als er das ferne Summen des Personalaufzugs hörte, wusste er, dass Mrs. und Mr. McBee jetzt in die Tiefgarage fuhren. Bald würden sie sich in Richtung Santa Barbara bewegen.
Er wartete einige Minuten, bevor er sich aus der Küche in die Waschküche im nahen Westflügel wagte, wo sich auch die Wohnung der McBees befand.
Während man die Küche als gigantisch bezeichnen konnte, war die Waschküche lediglich riesig.
Fric mochte den Geruch hier. Waschmittel, Bleichpulver, Stärke, der noch in der Luft schwebende Duft beim Bügeln erhitzter Baumwolle …
Es hätte ihn überhaupt nicht gestört, seine Sachen noch einen Tag länger anzubehalten, aber er machte sich Sorgen, dass Mr. Truman es bemerken und nachfragen könnte.
Mrs. McBee wäre es sofort aufgefallen. Sie hätte darauf bestanden,
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