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Der Wächter

Der Wächter

Titel: Der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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schlüpfte in seinen gut ausgestatteten gelben Regenmantel. Dann schloss er die Haustür ab. Bald darauf lenkte er seinen BMW in den Dezembertag.
    Das neue Unwetter bedrängte die Stadt bereits. Große Drachenrudel aus schwarzen Wolken brodelten von Horizont zu Horizont und fanden sich zu einer gewaltigen wogenden Masse zusammen, voll aufgestautem Donner und voll weißem Feuer, das bald in blendenden, gezackten Bahnen hervorbrechen würde.
    Derzeit fiel zwar nur ein schüchterner Nieselregen, aber der war nur ein Vorbote für rauschende Kaskaden, für senkrechte Ströme, Sturzbäche, Wasserfälle, eine wahre Sintflut.

49
    Behütet vom Baum der Engel und dem Foto der unbekannten schönen Frau, wachte Fric mit heilem Körper und mit heiler Seele auf.
    Die bunte Glaskuppel über der Mitte der Bibliothek erhellte sich langsam, aber die Farben blieben stumpf, weil das frühe Morgenlicht nur schwach und grau herabströmte.
    Nachdem Fric das Foto seiner Traummutter betrachtet hatte, faltete er es zusammen und steckte es in die Gesäßtasche zurück.
    Fric stand von dem Sessel auf, gähnte und streckte sich. Er nahm sich etwas Zeit, darüber zu staunen, dass er noch am Leben war.
    Am anderen Ende des Raumes entfernte er den Stuhl, mit dem er den Türknauf der Toilette verrammelt hatte. Hinein ging er allerdings des Spiegels wegen immer noch nicht.
    Nach einem kurzem Blick in die Runde, um sich zu vergewissern, dass niemand ihn beobachtete, pinkelte er in den Topf der Palme, mit deren Vernichtung er am Vorabend begonnen hatte. Für ihn war das ausgesprochen wohltuend, für die Pflanze sicher nicht.
    Leider fiel ihm keine einzige Toilette in der ganzen Villa ein, in die man gelangen könnte, ohne vorher durch einen Vorraum mit Spiegeln zu kommen.
    Vorläufig war sein unkonventionelles Ersatzklo zwar nicht so schlecht, was aber nur galt, solange er sein Geschäft im Stehen verrichten konnte. Sobald er sich hinsetzen musste, war er in Schwierigkeiten.
    Wenn es endlich zu regnen aufhörte – natürlich auch, wenn es das nicht tat –, konnte er sich hinaus in das Zedernwäldchen hinter dem Rosengarten wagen und dort tun, was die Bären in den Wäldern taten. Selbstverständlich meinte er damit nicht, zu überwintern oder aus Bienenwaben Honig zu schlürfen.
    Die Wachleute würden zwar sehen, wie er zum Wäldchen ging, aber zwischen den Bäumen waren glücklicherweise keine Kameras angebracht.
    Wollte anschließend jemand wissen, wieso er im Regen zu den Bäumen gegangen war, dann konnte er ja ohne Zögern sagen, er habe Vögel beobachtet. Er musste nur daran denken, zur Tarnung ein Fernglas mitzunehmen.
    Niemand würde seine Geschichte anzweifeln. Schließlich erwartete man von einem Stubenhocker wie ihm ja, dass er Vögel beobachtete, ein Mathematikgenie war, Plastikmodelle von Monstern baute, heimlich Bodybuilding-Magazine las und seine Popel sammelte – unter anderem.
    Nachdem seine Toilettentaktik feststand, steckte er das Telefon wieder ein, das er am Abend ausgesteckt hatte. Er hätte erwartet, dass sein Anschluss sofort läutete, was dieser aber nicht tat.
    Er zog den Sessel vom Weihnachtsbaum weg und schob ihn an seinen üblichen Platz zurück. Dann schaltete er das Licht aus und verließ die Bibliothek.
    Als er die Tür hinter sich zuzog, sah er im Dunkeln die Engel schimmern, die von dem Licht, das durch die bunte Glaskuppel sickerte, sanft berührt wurden.
    Moloch nahte.
    Fric musste Vorbereitungen treffen.
    Er ging die Haupttreppe hinab, durch die Rotunde hindurch und dann den Flur zur Küche entlang. Unterwegs schaltete er die Lichter aus, die er nachts angelassen hatte.
    Die frühmorgendliche Stille in dem großen Haus war noch tiefer als das Schweigen, das die Räume und Flure in der langen Nacht zu einem idealen Aufenthaltsort für Geister und Gespenster jeder Art gemacht hatte.
    Als Fric in der Küche am Fenster vorbeiging, bemerkte er, dass der Regen nachgelassen hatte. In der Ferne sah er das Zedernwäldchen, spürte jedoch vorläufig keinen Drang, irgendwelche Vögel zu beobachten.
    An Tagen, an denen Monsieur Hachette, der diabolische Oberkoch, im Dienst war, mied Fric die Küche normalerweise. In dieser Drachenhöhle standen Backöfen, bei deren Anblick man an Hänsel und Gretel denken musste; hier wurde man daran erinnert, dass ein Nudelholz auch als fiese Keule dienen konnte; und hier erwartete man, dass auf den Messern, Hackbeilen und Fleischgabeln der Schriftzug BATES MOTEL prangte.
    Heute Morgen war

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