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Der Wächter

Der Wächter

Titel: Der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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die Luft rein, weil Monsieur Hachette – Absolvent der noblen Kochschule »Cordon Bleu«, später jedoch bestimmt aus einer ebenso renommierten Nervenheilanstalt entlassen – nicht da war, um für Fric und das Personal Frühstück zuzubereiten. Er begann in letzter Zeit den Tag damit, über den Bauernmarkt und durch mehrere Spezialitätengeschäfte zu schleichen, um alles auszuwählen, was er für die weihnachtlichen Festessen brauchte, die er wie üblich mit finsterer Heimlichkeit geplant hatte: Obst, Gemüse, Fleisch, Delikatessen und zweifellos auch etwas Gift. Erst gegen Mittag würde er in den Palazzo Rospo kommen.
    So klein Fric auch sein mochte, die Wasserhähne am Spülbecken konnte er erreichen. Er stellte das Wasser so ein, dass es angenehm warm war.
    Wäre in der Küche ein Spiegel gewesen, dann hätte er es nicht gewagt, sich hier zu waschen. Man war so verwundbar, so schutzlos, wenn man ein Bad nahm.
    Die Fronten der sechs Kühlschränke und der zahlreichen Backöfen waren aus gebürstetem Edelstahl, der nicht als Spiegel dienen konnte und daher wahrscheinlich weder guten noch bösen Geistern eine preiswerte Reisemöglichkeit bot.
    Fric zog Hemd und Unterhemd aus, sonst jedoch nichts. Schließlich war er kein Exhibitionist, und selbst wenn er einer gewesen wäre, hätte die Küche kaum einen geeigneten Ort abgegeben, um dieser Neigung zu frönen.
    Mit Papierhandtüchern und nach Zitrone duftender Flüssigseife aus dem Spender wusch er sich Arme und Oberkörper, wobei er sich besonders um die Achselhöhlen kümmerte. Zum Abtrocknen verbrauchte er noch mehr Papiertücher.
    Kaum hatte er das Wasser abgedreht und sich fertig abgewischt, da hörte er jemand kommen. Die Schritte kamen nicht aus dem Flur, sondern aus dem Anrichtezimmer, wo Porzellan, Kristall und feines Tafelsilber aufbewahrt wurden.
    Schnell schnappte Fric sich Hemd und Unterhemd, ließ sich auf den Boden fallen und krabbelte eidechsenflink hinter eine der drei Arbeitsinseln, die in der Mitte des Raumes standen.
    Auf der Granitplatte dieser Insel befanden sich vier Fritteusen, eine Bratplatte, die groß genug war, um gleichzeitig zwei Dutzend Pfannkuchen zu backen, und mehrere Quadratmeter Arbeitsfläche. Wenn ihn der grinsende Monsieur Hachette hier kauern sah, war Fric in Gefahr, gehäutet, ausgeweidet, frittiert und anschließend verzehrt zu werden, während die wenigen Menschen, die sich sonst noch im Haus aufhielten, ungestört weiterschnarchten und keine blasse Ahnung hatten, dass ein außerirdischer Gourmet sich ein grusliges Frühstück zubereitet hatte.
    Als er es wagte, um die Ecke zu schielen, sah er jedoch nicht Monsieur Hachette, sondern Mrs. McBee.
    Geliefert war er trotzdem.
    Mrs. McBee war bereits für die Fahrt nach Santa Barbara gekleidet. Sie durchquerte die Küche und verschwand in ihrem Büro, dessen Tür sie offen stehen ließ.
    Es konnte nicht lang dauern, bis sie Fric roch. Ihn roch, ihn hörte, ihn irgendwie spürte. Bestimmt bemerkte sie die Wasserreste im Spülbecken, klappte den Mülleimer auf und sah die feuchten Papierhandtücher. Und dann wusste sie augenblicklich, was Fric getan hatte und wo er sich jetzt versteckte.
    Nichts entging der Aufmerksamkeit von Mrs. McBee, nichts widersetzte sich ihrer Kombinationsgabe.
    Natürlich würde sie Fric nicht ausweiden und frittieren, weil sie ein netter Mensch war und in keiner Weise außerirdisch. Stattdessen würde sie wissen wollen, weshalb er halb nackt und frisch gewaschen in der Küche hockte und so schuldbewusst wie ein dämlicher Kater mit Kanarienvogelfedern zwischen den Zähnen aussah.
    Da sie von Frics Vater bezahlt wurde, hätte Fric argumentieren können, dass sie eigentlich auch für ihn arbeite und er deshalb nicht verpflichtet sei, ihre Fragen zu beantworten. Griff er jedoch zu diesem Argument, steckte er tief in der merde , wie Monsieur Hachette schadenfroh bemerkt hätte. Mrs. McBee wusste, dass sie in loco parentis fungierte, und obwohl diese Autorität sie nicht machtbesessen werden ließ, nahm sie sie sehr ernst.
    Egal, ob Fric sich eine falsche Erklärung ausdachte oder den Kopf aus der Schlinge zu ziehen versuchte, indem er nur einen Teil der Wahrheit preisgab, Mrs. McBee würde sein Täuschungsmanöver so leicht durchschauen, wie sie durch ein Fenster schauen konnte. Rein gefühlsmäßig würde sie alles erraten, was er seit dem Aufwachen verbrochen hatte, und ihn daraufhin mit Daumen und Zeigefinger am Ohr packen. Dann stand er zwanzig Sekunden

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