Der Wächter
sich Corky seinen geräumigen gelben Regenmantel über und stülpte sich den breitkrempigen Südwester auf den Kopf.
Er schlüpfte durch die Gartentür und sprang die kurze Treppe hinab. Am Ende des Gartens huschte er durch die Tür in die dahinter liegende Gasse, ohne auch nur einen Blick zurückzuwerfen.
Er liebte den Regen.
Wahre Fluten stürzten vom Himmel herab. Die schäumenden Bäche in der Gosse überschwemmten die Bordsteine.
Das Feuer, das Corky gelegt hatte, konnte selbst dieser Sturzregen nicht auslöschen. Die vom Benzin gespeisten Flammen würden den Holzkern des Hauses gründlich von innen her verzehren, bevor die Wände einstürzten und das Wasser hereinließen.
Das Unwetter war sogar sein Verbündeter. Wegen der überfluteten Kreuzungen und des Verkehrsstaus würde die Feuerwehr kaum vorwärts kommen.
Als er gerade um die Ecke gebogen war, hinter der sein BMW stand, hörte er in der Ferne die erste Explosion. Das Geräusch war dumpf und leise, aber garstig.
Bald hatte er alle Personen und Indizien ausgelöscht, die es der Polizei ermöglicht hätten, ihm nach dem Angriff auf den Palazzo Rospo auf die Spur zu kommen.
59
In den abgelegensten Räumen des Palazzo Rospo streifte Fric mit einem Picknickkorb umher, um Notlampen zu sammeln.
Bei der letzten Renovierung waren die Villa und ihre Nebengebäude erdbebensicher gemacht worden. Die dabei angebrachten Verstärkungen sollten dafür sorgen, dass selbst ein zwei Minuten langes Beben, das die Stärke acht auf der Richterskala erreichte, wenig oder keinen Schaden anrichtete.
Bei Stärke acht konnte man im Normalfall einpacken. So heftige Erdbeben gab es eigentlich nur in Filmen.
Wenn tatsächlich ein gewaltiges Killerbeben die städtische Stromversorgung lahm legte, konnte man im Palazzo Rospo auf Dieselgeneratoren umschalten. Diese waren in einem unterirdischen Gewölbe untergebracht, dessen Decke und Wände aus sechzig Zentimeter dickem Stahlbeton bestanden. Auch nach einer regionalen Katastrophe blieb das Haus also voll erleuchtet, die Computer funktionierten, die Aufzüge blieben benutzbar und die Kühlschränke kalt.
Im Rosengarten würden die Granitputten auf dem Brunnen ohne Unterbrechung weiterpinkeln.
Wenn allerdings bislang unbekannte Vulkane unter Los Angeles ausbrachen und Ströme flüssiger Lava spien, die hunderte von Quadratkilometern in eine schwelende Wüste verwandelten, oder wenn ein Asteroid in Bel Air einschlug, waren diese Vorkehrungen nutzlos.
Selbst ein so reicher und berühmter Star wie der Schattenpapa konnte sich nicht gegen ein derart verheerendes Desaster absichern.
Sollten auch die Generatoren im Bunker, ein Schweizer Fabrikat, ausfallen, kam sofort eine Reihe Akkumulatoren ins Spiel, die wie aufrecht stehende Särge aussahen. Die Dinger, die gut in Baron Frankensteins Schloss gepasst hätten und zwanzig Jahre haltbar waren, hatten genügend Power, um eine eingeschränkte Notbeleuchtung, sämtliche Computer, das Überwachungssystem und andere unverzichtbare Apparaturen in Funktion zu halten, und das volle sechsundneunzig Stunden lang.
Falls alle genannten Systeme ausfielen – die städtische Stromversorgung ebenso wie die Generatoren und die riesigen Akkumulatoren –, dann gab es immer noch die vielen Notlampen, die über das ganze Haus verteilt waren. Eine solche Verkettung unglücklicher Umstände konnte Fric sich allerdings nur vorstellen, wenn eine Invasion von Außerirdischen stattfand, die mit elektromagnetischen Impulswaffen ausgerüstet waren.
Jedenfalls gab es laut Mrs. McBee insgesamt 214 dieser Notlampen. Das hieß, man konnte gefahrlos sein Leben darauf verwetten, dass es nicht 213 oder 215 waren.
Die kleinen, aber hellen Lampen waren mit Akkus ausgerüstet und befanden sich normalerweise in Steckdosen in der Bodenleiste, wo sie ständig aufgeladen wurden. Fiel der Strom aus, schalteten sie sich sofort ein und erhellten Zimmer und Fluchtwege so weit, dass jedermann selbst in den dunkelsten Stunden der Nacht sicher das Haus verlassen konnte. Außerdem konnte man sie ausstecken und wie gewöhnliche Taschenlampen herumtragen.
Wie die Steckdose, an die sie angeschlossen waren, war auch das Kunststoffgehäuse der Lampen farblich der jeweiligen Bodenleiste angepasst: beige auf Kalkstein, dunkelbraun auf Mahagoni, schwarz auf schwarzem Marmor und so weiter. Unter gewöhnlichen Umständen sollten sie unauffällig sein, und wenn man täglich mit ihnen lebte, bemerkte man sie bald nicht einmal
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