Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wächter

Der Wächter

Titel: Der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
hinterlassen.
    Da sie mehr gefastet als sich normal ernährt hatte, war sie häufig in einem Zustand der Ketose gewesen, in dem ihr Körper gezwungenermaßen die geringen Fettmengen verbrannt hatte, die mühsam gespeichert worden waren. Zu den Symptomen von Ketose gehörten Übelkeit und Erbrechen, aber auch ein süßer, fruchtiger Atem.
    Den Duft von Brittinas Atem hatte Corky zwar genossen, doch nachdem sie beim Zungenspiel eine Menge Speichel ausgetauscht hatten, war manchmal ein saurer Nachgeschmack geblieben. In einer unvollkommenen Welt war es eben nie zu vermeiden, dass auch die körperliche Liebe ihren Preis besaß.
    In diesem Fall hatte Brittina natürlich einen höheren Preis gezahlt als er.
    Corky zog sich schnell an. In Socken schlich er die enge Treppe zu dem Küchenkabuff hinten im Haus hinunter.
    Hut und Regenmantel hingen an einem Wandhaken in dem kleinen Wintergarten, der sich an die Küche anschloss. Daneben standen seine schwarzen Gummistiefel.
    Der Regen prasselte so heftig auf das Dach des Wintergartens, dass Corky sich wie in einem tropischen Gewitterguss fühlte. Er hätte sich nicht gewundert, wenn im Garten grinsende Krokodile gelauert hätten und Pythons über die Bäume geglitten wären.
    Die Pistole schob er in eine der geräumigen Taschen des Mantels, danach zog er aus einer anderen Tasche ein Stück biegsamen Gummischlauch und einen Gegenstand, der wie ein kleiner Joghurtbecher aussah. Er war jedoch schwarz, hatte einen roten Deckel und war nicht mit leckeren Früchten geschmückt.
    Da Corky keinen Grund mehr hatte, Rücksicht auf Brittinas saubere Böden zu nehmen, zog er die Stiefel an und ging ins Haus zurück. Das tiefe, nasse Profil der Gummisohlen quietschte auf dem Kunststoffboden der Küche.
    Sein Werk war noch nicht vollendet. Er hatte Indizien hinterlassen, mit denen man ihm den Mord nachweisen konnte. Sperma, Haare, Fingerabdrücke – all das musste beseitigt werden.
    Seit er vor Monaten begonnen hatte, diesen beengten Ort aufzusuchen, hatte er auf die Latexhandschuhe verzichtet, die er normalerweise am Schauplatz seiner Kapitalverbrechen trug. Obwohl Brittina Dowd äußerst exzentrisch gewesen war, hätte sie doch Verdacht geschöpft, wenn ihr Liebhaber ständig Chirurgenhandschuhe getragen hätte.
    Eine Treppe, die noch steiler und enger war als sonst wo im Haus, führte von der Küche in eine Garage, deren Wände unter der Erde lagen. Hier war es so finster wie in einer Katakombe oder einem Kerker.
    Corky konnte fast hören, wie eine Heerschar von Spinnen an den Saiten ihrer Silberharfen zupfte.
    An einem klassischen kalifornischen Tag wäre durch die vier kleinen Fenster im Garagentor etwas Sonne hereingefallen. Das graue Gewitterlicht hingegen schaffte es nicht, das staubige Glas zu durchdringen.
    Corky knipste die nackte Glühbirne an der Decke an, die kaum genügend Licht warf, um den Gott des Zoroastrismus aus der Finsternis zu locken.
    Der Gott dieser altpersischen Religion hieß Ahura Masda. Brittinas Wagen war ein Mazda ohne Ahura, aber Corky freute sich trotzdem an seinem kleinen Scherz.
    Aus dem Kofferraum holte er vier Sprühdosen. Eine davon reichte aus, um einen platten Reifen aufzupumpen und gleichzeitig das Loch zu versiegeln. Er stellte die Dosen beiseite und holte als Nächstes zwei leere, jeweils acht Liter fassende Benzinkanister heraus.
    All diese Gegenstände hatte er Brittina geschenkt, zusammen mit Signalfackeln und einem gelben Warnschild, auf dem in fetten schwarzen Lettern die Beschriftung PANNE prangte. Er hatte darauf bestanden, dass sie die Sachen ständig im Kofferraum ihres göttlichen Vehikels mitführte.
    Von dieser Fürsorglichkeit war Brittina so gerührt gewesen, dass sie gesagt hatte, mit Diamanten hätte er seine Liebe nicht so deutlich beweisen können wie mit diesen bescheidenen Gaben. In Wirklichkeit hatten sie natürlich von Anfang an zu seinem Plan gehört, ihre Leiche zu beseitigen, wenn es einmal so weit war, dass er sie umgebracht hatte.
    Corky hätte niemals bestritten, dass er fabelhaft romantisch sein konnte, wenn es darauf ankam, aber noch größer als seine Fähigkeiten als Casanova war sein Talent, alles, was er tat, akribisch vorzubereiten. Egal, ob er zu Thanksgiving eine Pute briet, eine lästige Geliebte beseitigte oder plante, den Sohn des größten Filmstars der Welt zu entführen, er widmete sich solchen Aufgaben stets mit sehr viel Überlegung und Geduld. Er nahm sich so viel Zeit, wie nötig war, um eine perfekte

Weitere Kostenlose Bücher