Der Wächter
Strategie zu entwickeln und eine Taktik, die Erfolg garantierte.
Brittina hatte nie gefragt, weshalb sie zwei Benzinkanister brauchte, wenn sie doch nur einen hätte schleppen können. Corky wiederum hatte gewusst, dass sie keine Fragen stellen oder sich auch nur wundern würde, war sie doch eine Frau der Bilder, Meme und utopischen Träume gewesen, nicht eine, die Interesse an Mathematik oder Logik hatte.
Er stellte die zwei leeren Kanister auf den Boden und steckte ein Ende des Gummischlauchs in den Tankstutzen des Wagens. Nun musste er nur noch am anderen Ende saugen, um Benzin abzuzapfen.
Diese Methode hatte Corky ausgiebig geübt, damit ihm möglichst wenig giftige Dämpfe in die Lunge gelangten und kein Tröpfchen Tiger im Tank auf die Zunge kam. Nach einem kurzen Zug steckte er das Schlauchende in den ersten der beiden Kanister.
Als beide Behälter voll waren, trug Corky sie ins Erdgeschoss. Das Schlauchende ließ er auf den Boden hängen, damit sich der Rest des Benzins in die Garage ergoss.
Anschließend holte er die vier Sprühdosen und verteilte sie in der Küche. Zwei kamen ins unterste Fach des unteren Backofens, zwei ins unterste Fach des oberen Backofens.
Während er mit einem der Kanister nach oben ging, stellte er erst den Thermostat im Erdgeschoss und dann den im Obergeschoss aus. Das war nötig, damit auf keinen Fall die Gasheizung ansprang, deren Zündfunke womöglich eine Explosion der Benzindämpfe verursacht hätte, bevor Corky das Haus verließ.
Im Schlafzimmer angelangt, begoss er den bleichen, nackten Leib Brittina Dowds ausgiebig mit Benzin. Ihr langes Haar war wie Zunder. Leider hatte sie nicht viel Fett auf den Rippen, um das Feuer zu schüren.
Nachdem er auch im Badezimmer einen guten Liter ausgegossen hatte, verteilte er etwa zwei Liter auf den zerwühlten Laken. Die beiden anderen kleinen Räume im Obergeschoss konnte er außer Acht lassen, weil er nie darin gewesen war. Außerdem musste er nicht jede einzelne Ecke des Hauses tränken, um die gewünschte Wirkung zu erzielen.
Vom Schlafzimmer ausgehend, zog er eine ununterbrochene Benzinspur den schmalen Flur entlang und die Treppe zum Erdgeschoss hinunter. Unten angekommen, ließ er den leeren Kanister fallen und griff nach dem vollen.
In einem weiten Kreis arbeitete er sich durch Wohn- und Esszimmer bis zur Küchentür vor. Dort stellte er den Kanister auf die Schwelle, schraubte den Deckel der Einfüllöffnung ab und warf ihn beiseite.
Aus einer Jackentasche zog er nun jenen schwarz-roten Gegenstand, der etwa so groß wie ein Joghurtbecher war. Es handelte sich um einen chemischen Zünder.
Das Gehäuse des Zünders war hinlänglich formbar. Corky passte es der Einfüllöffnung an, sodass der Kanister, in dem sich noch etwa zwei Liter Benzin befanden, zugestöpselt war.
Vorsichtig riss er den Ringverschluss der roten Kappe ab. Sofort wurde dadurch ein chemischer Prozess ausgelöst, bei dem auf schnelle Weise Hitze entstand. Nach vier Minuten würde eine Explosion erfolgen, die stark genug war, um den Inhalt des Kanisters und die Benzinspur zu entzünden, die ins Schlafzimmer mit der Leiche führte.
Jetzt durfte es bloß nicht an der Tür läuten.
Natürlich läutete es auch nicht, konnte Corky doch nicht nur auf seine ausgefeilte Strategie, seine gediegene Taktik und seine akribische Vorbereitung zählen, sondern auch auf sein Glück. Sein Schutzengel war das Chaos, weshalb er sich immer im sicheren Sturmauge dieser zerstörerischen Kraft befand.
Er ging zu den Backöfen und verriegelte deren Klappen, dann drückte er an beiden den Knopf, der das automatische Reinigungsprogramm auslöste.
Die dabei entstehende Hitze würde die unter Druck stehenden Dosen bald zum Platzen bringen. Weil die Klappen verriegelt waren, konnte die Wucht der Explosionen sich nicht nach außen wenden, und vielleicht wurden die Öfen dadurch so stark beschädigt, dass die Gasleitung riss und eine noch größere Detonation hervorrief.
Um das Haus bis auf die Grundmauern zu zerstören, wäre die Sache mit den Öfen eigentlich gar nicht nötig gewesen. Die sechzehn Liter Brandbeschleuniger, die Corky in dem engen Bau vergossen hatte, und das zusätzliche Benzin, das auf den Garagenboden gelaufen war, boten den Flammen genügend Nahrung, um jede Spur seiner DNA, ob Sperma oder Haare, und alle Fingerabdrücke zu vernichten, die er je hinterlassen hatte. Aber wenn möglich, sicherte er sich eben gern doppelt und dreifach ab.
Im Wintergarten warf
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