Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wächter

Der Wächter

Titel: Der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
beunruhigten Ethan jedoch auch nur halb so sehr wie das, was er unter den Rändern der Fingernägel der rechten Hand sah: eine dunkle, rötlich schwarze Substanz.
    Er starrte das Material lange Zeit an, weil sich alles in ihm sträubte, herausfinden zu wollen, ob es tatsächlich vorhanden war oder nur eine Halluzination.
    Schließlich benutzte er den Daumennagel der linken Hand, um einen kleinen Teil des Zeugs, die unter dem Nagel des rechten Daumens steckte, herauszukratzen. Das Zeug war etwas feucht und klebrig.
    Zögernd hielt er sich den Daumen unter die Nase. Er musste nur ein-, zweimal schnuppern. Obwohl der Geruch recht schwach war, reichte das vollkommen aus.
    Ethan hatte Blut unter allen fünf Nägeln seiner rechten Hand. Mit einer Gewissheit, wie er sie als Mensch, der die Welt für einen überaus ungewissen Ort hielt, nur selten empfand, wusste er, dass es sich um sein eigenes Blut handeln musste.

4
    Die Palomar Laboratories in North Hollywood waren
    in einem ausgedehnten, einstöckigen Plattenbau untergebracht. Er hatte so kleine und weit auseinander liegende Fenster und ein so niedriges und minimal geneigtes Blechdach, dass er im Sturm an einen Gefechtsbunker erinnerte.
    Die medizinische Abteilung von Palomar untersuchte Blutproben, Abstriche, Gewebe und andere organische Stoffe. In der Industrieabteilung wurden chemische Analysen aller Art für Privatfirmen und Behörden durchgeführt.
    Jedes Jahr schickten die Fans von Channing Manheim ihm eine Viertelmillion postalische Sendungen, meist an sein Studio, das diese Korrespondenz wöchentlich sackweise an das PR-Unternehmen weitergab, das sie in seinem Namen beantwortete. Neben Briefen kamen auch Geschenke, darunter selbst gemachte Köstlichkeiten wie Kekse, Kuchen, Konfekt. Wahrscheinlich war weniger als einer von tausend Fans so gestört, dass er vergiftete Kekse schickte, aber Ethan ging lieber auf Nummer Sicher: Alle Lebensmittel mussten vernichtet werden, ohne dass irgendjemand davon probieren konnte.
    War dem hausgemachten Leckerbissen ein besonders verdächtiger Brief beigelegt, so wurde die essbare Liebeserklärung nicht sofort vernichtet, sondern an Ethan geschickt, damit er sie unter die Lupe nehmen konnte. Hatte er die Vermutung, dass sie kontaminiert war, brachte er sie zu Palomar, um sie analysieren zu lassen.
    Wenn ein völlig fremder Zeitgenosse genug Hass verspürte, um das »Gesicht« vergiften zu wollen, dann wollte Ethan mehr von seiner Existenz erfahren. Anschließend unterstützte er die Behörden am Wohnort des Giftmischers dabei, diesem gerichtlich verwertbare Verfehlungen nachzuweisen.
    Er betrat jetzt zuerst den Empfangsbereich und unterschrieb ein Formular, mit dem er das Labor ermächtigte, ihm Blut abzuzapfen. Da er keine ärztliche Überweisung vorzuweisen hatte, bezahlte er die gewünschten Untersuchungen an Ort und Stelle.
    Als Erstes bestellte er ein einfaches DNA-Profil. »Außerdem will ich wissen, ob ich irgendwelche Drogen im Körper habe.«
    »Was für Medikamente nehmen Sie?«, fragte die Frau hinter der Theke.
    »Bloß Aspirin. Aber man soll mein Blut auf jede mögliche Substanz untersuchen, um auszuschließen, dass man mich ohne mein Wissen unter Drogen gesetzt hat.«
    Vielleicht war man in North Hollywood an Kunden mit einer ausgewachsenen Paranoia gewöhnt. Jedenfalls rollte die Frau am Empfang weder die Augen, noch hob sie eine Braue oder schien in irgendeiner anderen Weise erstaunt über Ethans Anspielung zu sein, er könne möglicherweise das Opfer einer heimtückischen Verschwörung sein.
    Bei der MTA, die ihm das Blut schließlich abnahm, handelte es sich um eine zierliche, wunderhübsche Vietnamesin mit himmlisch zarten Händen. Ethan spürte nicht einmal, wie ihm die Nadel in die Vene eindrang.
    In einem anderen Raum, in dem man Proben abgeben konnte, die nicht für medizinische Standarduntersuchungen vorgesehen waren, füllte Ethan ein weiteres Formular aus und bezahlte abermals eine Gebühr in bar. Diesmal warf ihm die Frau hinter der Theke allerdings einen seltsamen Blick zu, als er erklärte, was er analysiert haben wollte.
    An einem von grellem Neonlicht beleuchteten Labortisch griff eine MTA, die eine entfernte Ähnlichkeit mit Britney Spears aufwies, zu einem dünnen, aber stumpfen Messer, kratzte das Blut unter den Fingernägeln von Ethans rechter Hand ab und strich es auf ein Blatt säurefreies weißes Papier. Ethan hatte seine Nägel seit einer Woche nicht geschnitten, weshalb die junge Dame eine

Weitere Kostenlose Bücher