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Der Wächter

Der Wächter

Titel: Der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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hatte.
    Vorläufig stellte Corky seinen Plan deshalb hintan. Vor Erregung über die unerwartete Entwicklung schaudernd, vertraute er dem Chaos und rannte auf das Treibhaus zu.
    Mit dem Versprechen, gleich zurückzukommen, hatte Hazard den ausgemergelten Professor Dalton liegen lassen. Nun hastete er die Treppe hinunter, während das Desinfektionsspray mit Fichtennadelduft, das die Fensterscheibe zerschmettert hatte, noch über das Verandadach auf den Rasen kullerte.
    Die Haustür wurde von hohen Seitenfenstern flankiert, aber keines davon war groß genug, um hindurchschlüpfen zu können, schon gar nicht, wenn man so breit wie Hazard war. Außerdem waren die Fenster zu weit vom Türschloss entfernt, um später behaupten zu können, dass er eines davon eingeschlagen und dann hineingegriffen habe, um von innen den Riegel zu lösen.
    Obwohl Hazard seine Waffe im Halfter ließ, als er die Tür öffnete, hatte er plötzlich Angst, Laputa könnte gleich vor ihm stehen – oder Hector X. Was ihn empfing, war jedoch nur die Nacht, kalt und nass.
    Er trat auf die Veranda. Soweit er das überblicken konnte, hatte das Geräusch zerberstenden Glases noch keine neugierigen Nachbarn nach draußen gelockt.
    Möglicherweise stand gerade jemand am Fenster und beobachtete ihn, aber er war schon größere Risiken eingegangen.
    Auf der Veranda standen mehrere Topfpflanzen. Er wählte eine kleine aus.
    Nachdem er gewartet hatte, bis das Geräusch eines durch die Pfützen rauschenden Autos verstummt war, warf er den kiloschweren Tontopf samt Pflanze durch eines der Wohnzimmerfenster. Das Krachen und Klirren von zerberstendem und herabfallendem Glas hätte selbst in der gleichgültigsten Nachbarschaft eine gewisse Aufmerksamkeit auf sich gezogen.
    Hazard zog seine Waffe, drehte sie um und schlug mit dem Kolben ein paar hartnäckige Scherben heraus, die im Rahmen stecken geblieben waren. Dann schob er die Vorhänge beiseite und kletterte durchs Fenster. Dabei stieß er ein Tischchen samt Vase um und benahm sich überhaupt so elefantenmäßig, als wäre er noch nie im Haus gewesen.
    Jetzt hatte er seine Story. Auf den Hilferuf hin, der durchs zersplitterte Schlafzimmerfenster gedrungen war, hatte er geläutet und an die Tür gehämmert. Da daraufhin keine Reaktion erfolgt war, hatte er ein Fenster eingeworfen, war ins Obergeschoss gelaufen und hatte dort Maxwell Dalton entdeckt.
    Diese Erfindung klang zwar nicht nach reiner, nackter Wahrheit, sondern nach einer doppelten Portion Bockmist, aber es war nun einmal sein Bockmist, einer, den er mit Aplomb servieren würde.
    Nachdem er auf konventionellerem Wege, also durch die Haustür, auf die Veranda zurückgekehrt war, griff er nach seinem Handy und wählte angesichts von Daltons bedenklichem Zustand direkt den Notruf an. Er nannte die Nummer seiner Dienstmarke und erläuterte die Lage. »Ich brauche einen Rettungswagen und ein paar Mützen, und zwar hurtig«, sagte er und fügte erklärend hinzu: »Mützen sind Beamte in Uniform.«
    »Ich weiß«, sagte die Frau in der Zentrale.
    »’tschuldigung«, sagte Hazard.
    »Macht nichts.«
    »Außerdem brauche ich einen Tatortwagen …«
    »Ich weiß.«
    »’tschuldigung.«
    »Sind Sie noch frisch, Detective?«
    »Ich bin einundvierzig«, antwortete Hazard und merkte sofort, dass er sich damit eine Belobigung für Dämlichkeit verdient hatte.
    »Ich meine: frisch bei der Mordkommission«, sagte die Frau am anderen Ende.
    »Nein, Ma’am. Man hat mich schon so oft durch die Mangel gedreht, dass ich inzwischen ziemlich verknittert bin.«
    Allerdings war das natürlich sein erster Fall, in dem es um einen Geist ging beziehungsweise um das, was Dunny Whistler darstellte, wenn er einem im Traum erscheinen und dann im Spiegel verschwinden konnte. Es war auch sein erster Fall mit einem Telefonanruf von einem toten Killer und mit einem Irren, der sein Opfer aushungerte und folterte, während er es mit einem Tropf am Leben erhielt.
    An manchen Tagen glaubte man, schon alles gesehen zu haben. Der heutige Tag war kein solcher Tag.
    Nachdem er aufgelegt hatte, rannte er durch den Regen zu seinem Dienstwagen auf die andere Straßenseite. Dort verstaute er den Schlossöffner unter dem Fahrersitz.
    Als er wieder auf der Veranda stand, hörte er schon die nahenden Sirenen.
    Schon von der Tür der Bibliothek aus sah Ethan das lädierte Foto auf dem Boden liegen. Hannah. Das Bild, das in Dunnys Wohnung auf dem Schreibtisch gestanden hatte und aus seinem Silberrahmen

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