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Der Wächter

Der Wächter

Titel: Der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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infrage gestellt.
    Andere waren sich sicher, dass Rospo entweder der Mädchenname der Mutter des Bauherrn gewesen war oder der Name eines Schlittens, mit dem er in seiner Kindheit den Berg hinabgesaust war. Damals sei er nämlich zum letzten Mal in seinem Leben wirklich glücklich gewesen.
    Wieder andere nahmen an, das Haus sei nach der heimlichen Geliebten des Bauherrn benannt worden, einer jungen Filmschauspielerin namens Vera Jean Rospo.
    Eine solche Schauspielerin hatte es in den 1930erJahren tatsächlich gegeben. Getauft worden war sie allerdings auf den Namen Hilda May Glorkal.
    Der Produzent oder Agent, der auf den Namen Rospo gekommen war, musste die arme Hilda insgeheim verachtet haben. Rospo war das italienische Wort für Kröte.
    Offenbar wusste nur Fric, dass »Palazzo Rospo« eine ziemlich genaue italienische Entsprechung des Namens »Krötinhall« darstellte.
    Fric hatte recherchiert. Er wusste gern Bescheid.
    Anscheinend hatte der Filmmogul, der das Anwesen vor über sechzig Jahren erbaut hatte, Sinn für Humor besessen. Außerdem war er ein Fan von Kenneth Grahames Buch Der Wind in den Weiden gewesen, dort gab es nämlich eine Figur namens Kröterich, die auf Schloss Krötinhall residierte.
    Heutzutage las niemand im Filmgeschäft mehr Bücher.
    Nach Frics Erfahrungen hatte auch niemand in dieser Branche mehr Sinn für Humor.
    Er hetzte die Treppe so schnell hinauf, dass er nach Atem ringen musste, als er den Nordflur im zweiten Stock erreichte. Das war nicht gut. Er hätte jetzt stehen bleiben und sich ausruhen sollen.
    Stattdessen hastete er durch den Nordflur in den Ostflur, wo sich seine Privaträume befanden. Die Antiquitäten, an denen er vorbeikam, waren bemerkenswert, wenn auch nicht so museumswürdig wie die Exponate in den unteren zwei Geschossen.
    Frics Räumlichkeiten waren ein Jahr zuvor neu eingerichtet worden. Zu diesem Zweck war Schattenpapas Innenarchitekt mit Fric auf Shoppingtour gegangen. Um neue Möbel zu besorgen, hatte ein Budget von fünfunddreißigtausend Dollar zur Verfügung gestanden.
    Nicht, dass Fric um schicke neue Möbel gebeten hätte. Er bat nie um irgendetwas – außer an Weihnachten, wenn er den kindischen Wunschzettel an den lieben Weihnachtsmann ausfüllen musste, den ihm Mrs. McBee auf Anordnung seines Vaters vorlegte. Die Idee, das Zimmer neu einzurichten, stammte einzig und allein vom Schattenpapa.
    Niemand außer Fric war der Meinung gewesen, dass es irgendwie behämmert war, einem neunjährigen Jungen fünfunddreißigtausend Dollar zu geben, damit er sein Zimmer möblieren konnte. Der Innenarchitekt und die Verkäufer hatten sich so verhalten, als wäre es normal, dass Neunjährige so viel Geld zum Fenster hinauswarfen.
    Wahnsinn.
    Fric hatte oft den Verdacht, dass die netten, scheinbar vernünftigen Leute, die ihn umgaben, in Wirklichkeit allesamt total gaga waren.
    Jeder Gegenstand in seinen neu eingerichteten Räumlichkeiten war modern, elegant und spiegelblank.
    Er hatte nichts gegen Möbel und Kunstwerke aus alter Zeit. Im Gegenteil, er mochte solches Zeug. Aber fünfeinhalbtausend Quadratmeter voll edler Antiquitäten waren genug.
    In seinen Räumen wollte er sich wie ein Kind fühlen, nicht wie ein uralter französischer Zwerg. Nicht anders kam er sich nämlich unter den ganzen französischen Antiquitäten manchmal vor. Er wollte sich dem Glauben hingeben, dass etwas wie Zukunft tatsächlich existierte.
    Zu seiner Verfügung stand eine ganze Suite, bestehend aus Wohnzimmer, Schlafzimmer, Bad und begehbarem Kleiderschrank.
    Schwer atmend flitzte Fric durch sein Wohnzimmer. Noch schwerer atmend hastete er durch sein Schlafzimmer zum begehbaren Kleiderschrank.
    Begehbar war eine völlig unzureichende Bezeichnung. Hätte Fric einen Porsche besessen, er hätte in den Schrank fahren können.
    Hätte er einen Porsche auf seinen Wunschzettel geschrieben, dann hätte am Weihnachtsmorgen wahrscheinlich einer in der Einfahrt gestanden, verziert mit einer riesigen roten Schleife.
    Wahnsinn.
    Obwohl Fric mehr Anziehsachen hatte, als er brauchte und wollte, beanspruchte seine Garderobe nur ein Viertel des Schranks. Der Rest war mit Regalen ausgestattet, auf denen Schachteln mit seinen geliebten Spielzeugsoldaten standen, Gesellschaftsspiele, die ihn nicht interessierten – und außerdem Videokassetten und DVDs von jedem dämlichen, langweiligen Film für Kinder, der in den letzten fünf Jahren entstanden war. Letztere hatte er von Studiomanagern und anderen Leuten

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