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Der Wächter

Der Wächter

Titel: Der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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er einen Asthmaanfall hatte. Er spürte, wie sich die Atemwege verengten.
    Fric konnte zwar leichter einatmen als ausatmen, aber um frische Luft einzusaugen, musste er erst einmal die verbrauchte Luft ausstoßen.
    Mit hochgezogenen Schultern beugte er sich vor und versuchte, den gefangenen Atem mit den Brust- und Halsmuskeln hinauszudrücken. Vergeblich.
    Was Asthmaanfälle anging, war das einer von der schlimmen Sorte.
    Hektisch griff Fric nach dem Inhalator, der an seinen Gürtel geschnallt war.
    In drei Fällen, an die er sich erinnern konnte, hatte er so wenig Luft bekommen, dass seine Haut schon eine bläuliche Färbung angenommen hatte. Der Notarzt war gerufen worden, weil der Anblick des blauen Fric allen einen Mordsschrecken eingejagt hatte.
    Kaum war der Inhalator vom Gürtel gelöst, da glitt er Fric aus den Fingern und fiel klappernd auf die Stahlplatten des Bodens.
    Als Fric sich keuchend bückte, um das Gerät aufzuheben, wurde ihm schwindlig. Er sank auf die Knie.
    Atem zu holen war so mühsam geworden, als hätte ein Killer beide Hände um Frics Hals geschlossen, um ihn zu erwürgen.
    Beklommen, aber nicht verzweifelt, kroch Fric vorwärts und griff nach dem Inhalator. Wieder glitt ihm das Gerät aus den plötzlich schweißigen Fingern und rutschte klappernd ein Stück weiter über den Boden.
    Der Blick verschwamm und wurde trübe; an den Rändern des Gesichtsfelds wurde es dunkel.
    Bislang hatte noch niemand ein Foto von ihm gemacht, wenn er in einer blauen Phase war. Er war schon lange neugierig, wie er wohl lavendel- oder indigoblau aussah.
    Die Atemwege wurden noch enger, das Pfeifen schriller. Es hörte sich so an, als hätte er eine Pfeife verschluckt, die ihm in der Kehle stecken geblieben war.
    Als er den Inhalator wieder in der Hand hatte, hielt er ihn fest und drehte sich auf den Rücken. Kein guter Einfall. Auf dem Rücken konnte er erst recht nicht atmen. Außerdem war er nicht in der richtigen Position, um den Inhalator zu benutzen.
    An der Decke: die Haken, blitzend und glänzend.
    Kein guter Ort, um einen schweren Asthmaanfall zu bekommen. Fric hatte nicht genug Luft, um zu schreien. Ohnehin hätte niemand den Schrei gehört. Der Palazzo Rospo war solide gebaut; durch diese Wände drang kein Schall.
    Jetzt war Fric wirklich verzweifelt.

17
    In einer Herrentoilette des Einkaufszentrums kritzelte Corky Laputa mit einem Filzstift üble rassistische Ausdrücke an die Wände. tische Ausdrücke an die Wände.  Eigentlich war er gar kein Rassist. Seine Verachtung richtete sich nicht gegen irgendeine bestimmte gesellschaftliche Gruppe, sondern gegen die Menschheit im Allgemeinen. Im Grunde kannte er noch nicht mal jemanden, der rassistische Gefühle hegte.
    Es gab jedoch Leute, die glaubten, sie seien auf allen Seiten von heimlichen Rassisten umgeben. Das mussten sie glauben, damit ihr Leben Sinn und Zweck erhielt und damit sie jemanden hassen konnten.
    Ein beträchtlicher Teil der Menschheit brauchte ein Hassobjekt so nötig wie Brot und Atemluft.
    Manche Leute mussten einfach wütend auf irgendetwas sein. Deshalb kritzelte Corky vergnügt seine Schmierereien an die Wand, um den Zorn bestimmter Toilettenbesucher anzufachen und ihre Bitterkeit mit einer zusätzlichen Portion Galle zu füttern.
    Bei der Arbeit summte Corky die Melodie aus der Lautsprecheranlage mit.
    Obwohl man den 21. Dezember schrieb, hatte man für die Musikberieselung kein einziges Weihnachtslied ausgewählt. Wahrscheinlich machte das Management des Einkaufszentrums sich Sorgen, »O du fröhliche« oder selbst der »Jingle Bell Rock« könnten Kunden mit nicht christlichem Glauben kränken und empfindliche Atheisten davon abbringen, ihr Geld auszugeben.
    Momentan erklang ein alter Titel von Pearl Jam aus den Lautsprechern. Das Arrangement war von einem Orchester mit einer Menge Streicher eingespielt worden. Mit Ausnahme der schrillen Singstimme war diese Version genauso nervtötend wie das Original, wenn auch auf angenehmere Weise.
    Als Corky damit fertig war, ätzende rassistische Slogans in die Kabine zu schmieren, betätigte er die Spülung und wusch sich an einem der Waschbecken die Hände. Er war noch immer allein in der Herrentoilette. Unbeobachtet.
    Er war stolz darauf, dass er sich jede Gelegenheit zunutze machte, Chaos zu verbreiten, egal, wie minimal der Schaden sein mochte, den er der Gesellschaftsordnung zufügte.
    Keines der Waschbecken besaß einen Stöpsel. Corky zerrte einen Stapel Papierhandtücher aus dem

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