Der Wächter
geschenkt bekommen, die sich bei seinem Vater einschmeicheln wollten.
Die sechs Meter breite Rückwand des Schranks war in drei vom Boden bis zur Decke reichende Regale unterteilt. Fric steckte die Hand unter das dritte Regalbrett rechts und drückte dort einen verborgenen Knopf.
Der mittlere Teil war eine Geheimtür, die sich auf mittig angebrachten Angeln drehte. Da sie dreißig Zentimeter tief war, entstand auf beiden Seiten ein Durchgang von gut achtzig Zentimetern.
Hinter den Regalen befand sich eine zwei mal zwei Meter große Kammer mit einer Tür aus Edelstahl. Die war zwar nicht massiv, aber immerhin zehn Zentimeter dick und sah ziemlich imposant aus.
Als Fric die Tür vor drei Jahren entdeckt hatte, war sie unverschlossen gewesen. Das war sie jetzt noch immer. Den Schlüssel hatte er nie gefunden.
Zusätzlich zu der normalen Klinke an der rechten Seite war in der Mitte der Tür eine zweite Klinke angebracht. Sie ließ sich um 360 Grad drehen und war eigentlich keine Klinke, sondern ein Drehgriff, wie ihn auch die Flügelfenster im ganzen Haus besaßen.
Links und rechts neben dem Griff waren zwei merkwürdige Vorrichtungen, die wie Ventile aussahen.
Fric zog die Tür auf, knipste das Licht an und trat in einen fünf mal dreieinhalb Meter großen Raum, der in vieler Hinsicht ein merkwürdiger Ort war.
Der Boden bestand aus Stahlplatten. Auch Wände und Decke waren mit Stahlblech verkleidet.
An jeder Nahtstelle waren die Platten und Bleche sorgfältig zusammengeschweißt worden. Bei der Erforschung des Raums hatte Fric in den Schweißnähten nicht den kleinsten Riss entdecken können.
Die Tür war von einer Gummidichtung umgeben. Inzwischen war das Gummi zwar alt, trocken und rissig, aber früher hatte es die Kammer wahrscheinlich luftdicht abgeschlossen.
Ein feinmaschiges Drahtnetz spannte sich über die Innenseite der Tür. Dahinter befand sich ein Mechanismus, den Fric mehr als einmal mit seiner Taschenlampe studiert hatte. Durch das Netz sah man Ventilatorflügel, Zahnräder, verstaubte Kugellager und andere Teile, deren Namen er nicht kannte.
Er nahm an, dass der Drehgriff an der Außenseite der Tür früher dazu gedient hatte, den Ventilator im Innern zu drehen, um durch die Ventile alle Luft aus dem Raum zu saugen, bis eine Art Vakuum entstand.
Wozu der Raum gedient haben mochte, war ihm jedoch ein Rätsel.
Eine Weile hatte er gedacht, es habe sich um einen Luftabschneider gehandelt.
Den Begriff »Luftabschneider« hatte Fric selbst erfunden. Er hatte sich vorgestellt, wie ein genialer, aber böser Wissenschaftler seine vor Angst schlotternden Opfer mit vorgehaltener Waffe in den Luftabschneider zwang, die Tür zuschlug und genüsslich die Luft aus der Kammer kurbelte, bis die Insassen langsam erstickten.
In Büchern heckten die Schurken manchmal ziemlich komplizierte Vorrichtungen und Pläne aus, um Leute umzubringen, obwohl ein Messer oder Revolver schneller und billiger gewesen wären. Offenbar waren die Windungen boshafter Hirne so verschlungen wie das Labyrinth eines Ameisenhaufens.
Vielleicht konnten manche wahnsinnigen Killer auch kein Blut sehen. Dann fanden sie zwar Freude am Morden, aber nur, wenn sie hinterher nicht irgendeine Schweinerei beseitigen mussten. Dieser Sorte Mörder war der Bau eines verborgenen Luftabschneiders durchaus zuzutrauen.
Gewisse Elemente der Ausstattung sprachen jedoch leider gegen diese schaurig-schöne Erklärung.
Zum einen konnte man mit einer Klinke an der Innenseite der Tür das Schloss öffnen, das von außen mit einem Schlüssel betätigt wurde. Das sollte eindeutig nicht nur dafür sorgen, dass sich niemand versehentlich in der Kammer einsperrte, sondern auch dafür, dass niemand absichtlich eingesperrt werden konnte.
Zum anderen waren da die Edelstahlhaken an der Decke. Sie hingen in zwei Reihen da, jeweils etwa einen Meter von der Wand entfernt.
Als Fric zu den glänzenden Haken hochschaute, hörte er sich so schwer atmen, als wäre er gerade acht Treppen-fluchten hochgerannt. Das Brausen jedes Einatmens und Ausatmens hallte von den Metallwänden wider.
Zwischen Frics Schultern machte sich ein Jucken bemerkbar, das sich rasch bis zum Nacken ausbreitete. Was das bedeutete, wusste er.
Nun blieb es auch nicht mehr bei einer beschleunigten Atmung. Er hörte ein keuchendes Pfeifen.
Plötzlich zog sich seine Brust zusammen, und er wurde kurzatmig. Beim Ausatmen wurde das Pfeifen lauter als beim Einatmen, was keinen Zweifel daran ließ, dass
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