Der wahre Hannibal Lecter
Stunde lang allein über den Gefängnishof.
Still ist es um ihn geworden. Keinen seiner Mithäftlinge mit Ausnahme der »Hauseln«, die die Essenausgabe besorgen, hat er seit diesem Mordtag mehr zu Gesicht bekommen. Stumm erduldet er die schwersten Haftbedingungen dieser Anstalt.
Für die Beamten ist er inzwischen zum gefürchtetsten Inhaftierten dieser Anstalt geworden. Sie haben Angst, wenn sie nur zur Routinekontrolle seine Zelle betreten müssen.
Selbst der Friseur der Anstalt weigert sich beharrlich, diesem Gefangenen die Haare zu schneiden.
Schwer bewaffnete Wachmänner schneiden ihm erst nach zwölf Jahren Haft seine bis zur Schulter reichenden Haare.
Längst sind sie wieder zu lang. Doch er fragt schon gar nicht mehr nach einem Friseur.
Die Zelle ist eigens für ihn eingerichtet. Dieser Raum der unendlichen Einsamkeit hat einen Namen: »The Cage – der Käfig«.
Tisch und Stuhl sind aus Pappe. Das Essgeschirr besteht nicht aus englischem Silber, nicht einmal aus Blech. Aus Sicherheitsgründen erhält er nur Plastikteller und Plastik-besteck. Sein Bett, das Waschbecken und die Toilettenschüssel sind fest im Boden verankert.
Kein Wärter hört ihm zu, wenn er sich beschwert, dass an der Toilettenschüssel seit Jahren der Deckel fehlt. Nur selten darf er unter Aufsicht einen Brief schreiben. Ein kompletter Kugelschreiber erscheint den Beamten als zu gefährlich in den Händen dieses Mannes.
Die genehmigten Briefe sind fast ausschließlich an einen der Psychiater gerichtet, die ihn vor vielen Jahren untersucht haben. Dies kann die Gefängnisleitung nicht verbieten. So schreibt er seitenlange Briefe, in denen er darum bittet, man möge ihm doch erklären, warum er zu dem wurde, was er heute ist. Die Gefängnisleitung kann nicht einordnen, ob ihm wirklich daran gelegen ist, sein Innerstes zu erforschen oder ob er sich schlichtweg nach einer Abwechslung sehnt.
Mit seinem Bruder Kevin steht er ab und zu in brieflicher Verbindung. Robert versucht, ihm ein wenig Einblick in seine geistige Verfassung zu geben. Er sucht Kontakt zur Außenwelt, wer will es ihm verdenken. Doch meist versiegt sehr schnell das Interesse an seinen Sorgen. Er will beachtet werden, doch er stößt überall nur auf Ablehnung. Flehentlich bittet er um Hilfe für seine kranke Seele, doch niemand will sie ihm gewähren.
23 Stunden am Tag verbringt er in seiner Zelle. Das Fenster seiner Zelle ist mit mattierten Glasbausteinen zugemauert. Nur durch ein 1 cm großes Loch in einem Lüftungsschlitz kann er den Himmel sehen. Die Wände seiner Zelle sind leer, Maudsley darf keine Bilder aufhängen. Nicht einmal das Hören klassischer Musik wird ihm gestattet. Die Bibel, selten ein anderes Buch, wird die einzige Ablenkung in seinem Leben.
In den Augen der Aufseher erduldet er die völlige Isolation ruhig und gelassen. Geradezu teilnahmslos lässt er alles über sich ergehen.
1979 nimmt er das Urteil des Gerichts zur Kenntnis.
Lebenslang! Für ihn im wahrsten Sinne des Wortes. Darauf weist der Vorsitzende Richter in seiner Urteilsbegründung ausdrücklich hin. Er bedeutet ihm, dass es für ihn niemals eine Möglichkeit geben wird, das Gefängnis lebend zu verlassen.
Sein Bruder Paul, Monteur von Beruf, beschreibt ihre gemeinsame Kindheit und was er nach diesem Urteil empfindet: »Unsere Herkunft ist dieselbe. Aber vielleicht habe ich einen festeren Charakter gehabt. Es ist die alte Geschichte: Nur der Stärkere überlebt. Solche Tage (Tage, an denen er ihn im Gerichtsgebäude sehen kann) berühren mich immer noch.
Ich will niemandem meine Gefühle zeigen, aber es tut mir alles sehr weh. Das dürfen Sie mir glauben. Es ist komisch. Wenn es in unserer Kindheit zu einem Streit kam, war immer ich der Schuldige, niemals mein Bruder. Er braucht eine Behandlung.
Ich glaube, er ist sehr krank. Der einzig richtige Platz für ihn ist ein Sicherheitskrankenhaus und kein Gefängnis.«
Nur einmal nimmt Maudsleys Mutter zu ihrem Sohn Robert in der Öffentlichkeit Stellung. Dem Reporter Dave Bruce von der »Yorkshire Post« vertraut sie in einem Interview an: »Ich glaube nicht, dass Bob (Kosename für Robert) nur die geringste Liebe von seinem Vater bekommen hat. Er schlug ihn ständig und gab ihm die Schuld für alles. Sein Vater ist sehr schlimm mit ihm umgegangen.«
Um Maudsley wird es still
Maudsley siecht stupide dahin. Die Presse widmet ihm schon längst keine Zeile mehr. Warum auch, man will seine schrecklichen Taten vergessen. Bis sich
Weitere Kostenlose Bücher