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Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman

Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman

Titel: Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Kurkow
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wie herzlich sie ihn an diesem Morgen verabschiedet hatte, wie sie ihn auf die Wange geküsst und ihm einen Rasierapparat für die Reise geschenkt hatte, auf dessen Griff in sorgfältiger Schreibschrift „Meinem Gatten von seiner Gattin“ eingraviert war.
    Da wurde auch schon das weiße Pferd von einem hübschen, schlanken Burschen am Zügel herbeigeführt, welcher eine saubere, blaue Schürze über einen gräulichen Arbeitsanzug gebunden hatte.
    „Genosse Dobrynin!“, wandte er sich an den Volkskontrolleur. „Nehmen Sie Pferd und Pass in Empfang.“
    „Ein Pass? Für mich?“, freute sich Pawel, der das in keiner Weise erwartet hatte.
    „Nein …“, sagte der Kreml-Stallbursche verlegen. „Der Pass ist für das Pferd.“
    Und er überreichte dem Volkskontrolleur ein rotes Büchlein, das halb so groß war wie eine Hand.
    Pawel schlug den Pass auf. Aus diesem Dokument erfuhr er, dass sein Pferd zur Orlow-Rasse gehörte, dass es Grigorij hieß und zweieinhalb Jahre alt war. Zur Bestätigung des rechts unten unterschriebenen Dokuments prangte dick und fett ein violetter Stempel.
    Pawel steckte den Pferdepass in die Hosentasche und betrachtete sein Ross mit Kennerblick. Er fand nicht den geringsten Mangel an ihm – es schien ganz so, als ob dieses Pferd speziell für eine Ausstellung gezüchtet worden wäre – so schön und stark war es.
    Inzwischen ging es auf Mittag zu und die bis dahin tatenlos herumstehenden Milizionäre der Eskorte sahen immer wieder auf die Kremluhr, so als könnten sie durch die Macht ihrer Blicke die bedächtige Bewegung des Minutenzeigers beschleunigen.
    Viktor Stepanowitsch trat heran, bat nachdrücklich darum, dass ihm für die Zeit der Fahrt der Reisesack anvertraut würde, und versprach, ihn auf dem Flughafen heil und ganz wieder zurückzugeben. Er brachte ihn zum Wagen und gab hierauf Hauptmann Blinow das Kommando, woraufhin Hauptmann Blinow seinerseits seine Untergebenen anbrüllte, welche zu den glänzend polierten zweirädrigen Gefährten stürzten, diese auf die Straße lenkten und sich dort zu Paaren ordneten.
    „Also, Genosse Dobrynin, ich fahre im Wagen voraus“, begann Viktor Stepanowitsch. „Ich zeige Ihnen den Weg. Ich werde langsam fahren. Und die Eskorte fährt der Ordnung halber hinterher. Ihr Pferd ist folgsam und der Verkehr ist von hier bis zum Flughafen von der Straße ferngehalten. Setzen Sie sich also auf das Pferd, und sobald es zwölf schlägt, setzen wir uns in Bewegung.“
    Als der zwölfte Glockenschlag der zentralen Uhr des Landes verklungen war, verließ die Prozession das Kremlgelände und bewegte sich langsam über Straßen und Prospekte der Hauptstadt.
    Es kam Pawel vor, als wüsste das Pferd von selbst, wohin sie unterwegs waren. Es folgte dem Automobil, in dem Viktor Stepanowitsch fuhr, und schenkte Pawels Versuchen, es zu lenken, keine besondere Aufmerksamkeit. Die Prozession tuckernder Motoren bewegte sich gemächlich und zog an diesem Arbeitstag die Aufmerksamkeit von nur wenigen Fußgängern auf sich. Pawel blickte links und rechts zur Seite und ließ seinen Blick über die Granitfassaden der Gebäude gleiten. Er betrachtete alles in Ruhe, bis er ein Geschäft mit spiegelnden Vitrinen sah, das oben mit der augenfälligen Aufschrift „Zentraler Feinkostladen“ geschmückt war. Die riesigen, breiten und durchsichtigen Türen dieses Feinkostladens waren sperrangelweit offen. Menschen gingen durch diese Türen aus und ein. Der Volkskontrolleur verspürte mit einem Mal den Wunsch, mit dem rechten Fuß in die Flanke des Pferdes zu stoßen, um es doch dazu zu bringen, seinem Herrn zu gehorchen und dahin zu reiten, wo sein Herr hinwollte. Und Dobrynin, der sich an die Holzbude im Dorf Kroschkino erinnerte, wo die einzigen mehr oder weniger immer verfügbaren Waren Zündhölzer waren, wäre auf seinem weißen Pferd am liebsten durch die offenen Türen hindurchgeritten und hätte dann von seiner neuen Höhe aus auf die Regale des Geschäfts geblickt, auf die sichtbaren und die unsichtbaren Waren, um vielleicht sogar etwas zu kaufen oder als Geschenk zu besorgen und dabei Viktor Stepanowitsch gleich zu bitten, einen Teil des Geschenks seiner Frau Manjascha und seinen Kindern in das Dorf Kroschkino zu senden, und den zweiten Teil des Geschenks – natürlich den kleineren – Marija Ignatjewna zukommen zu lassen, in Dankbarkeit und mit einem warmen Gefühl für sie. Aber da fiel ihm auch schon ein, dass in seinen Taschen gar kein Geld war, außer etwas

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