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Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman

Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman

Titel: Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Kurkow
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und daher wusste er auch nicht, wohin er Ausschau halten und aus welcher Richtung er das Auftauchen seiner Genossen erwarten sollte.
    Es war still. Nach jeder Berührung mit ihr klirrte die Stille gleichsam wie eine unter Spannung stehende Glasscheibe, ob es nun ein Schritt auf der vereisten Erde war oder das Schließen der Tür.
    An jenem Teil des Horizonts, der Dobrynin am besten gefiel, weil es dort etwas heller war, tauchte ein kleiner, schwarzer Punkt auf und er bewegte sich ganz ohne Zweifel, er näherte sich. Als Dobrynin ihn erblickte, hielt er den Atem an und erwartete sein Eintreffen. Es war kalt, aber Pawel war abgehärtet von seinen Streifzügen ums Haus, als er Brennholz aus dem Flugzeug geholt hatte, und er beachtete das Spannen der Haut im Gesicht und auf den Händen gar nicht. Das Wichtigste war, dass er lebte, dass er den Schneesturm überlebt hatte und dass er das Schlimmste für dieses Mal hinter sich hatte.
    Der Punkt kam näher. Vor den Augen des Volkskontrolleurs wuchs er zu einer merkwürdigen Konstruktion heran, die ein wenig an ein Flugzeug und an einen Lastwagen zugleich erinnerte.
    Die Freude wärmte Dobrynin. Er vergaß sogar, dass gerade eben das letzte Brennholz im Ofen herunterbrannte, und wenn er nicht noch einmal in das Flugzeug kletterte – worin er bereits während des Schneesturms solche Fertigkeit erworben hatte, dass es in der Windstille keine Schwierigkeit mehr darstellen würde –, dann würde der Ofen verlöschen und man müsste das Feuer wieder neu entfachen. Gut, dass sich irgendwo in seinen Taschen eine Schachtel Zündhölzer fand, sie stammte noch von der Versammlung in der Kolchose.
    Das vertraute Geräusch eines rotierenden Flugzeugpropellers drang an Dobrynins Ohren und fünf Minuten später hielt etwa zehn Meter von ihm entfernt ein Fahrzeug, das mindestens so groß wie ein Flugzeug war. Das Fahrzeug war seltsam, es hatte Kufen anstelle von Rädern und hinten, dort, wo sich bei einem Lastwagen der Laderaum befand, befand sich bei diesem Fahrzeug ein richtiger Flugzeugmotor, allerdings war er entgegengesetzt ausgerichtet – mit dem Propeller nach hinten.
    Aus diesem Fahrzeug, genauer gesagt, aus einer schmalen, vorne befindlichen Kabine sprang ein großer, breitschultriger Mann zur Erde, in Pelzhosen, einer ebensolchen Jacke und mit einer riesigen Pelzmütze, deren lange Ohrenklappen wie ein Schal um den Hals geschlungen waren. Er ging auf Dobrynin zu und streckte ihm die Hand entgegen, ohne seine riesigen Handschuhe auszuziehen.
    „Zybulnik!“, stellte er sich stolz vor.
    „Dobrynin“, sagte der Kontrolleur und drückte mit seiner blau gewordenen, nackten Hand den Handschuh des Komsomolzen.
    „Hat man Ihnen denn keine Handschuhe gegeben?“, fragte der Komsomolze erstaunt und unzufrieden.
    Dobrynin lächelte glücklich und zuckte wegen der Handschuhe mit den Achseln. Das war ihm jetzt nicht wichtig.
    Zybulnik lächelte ebenfalls.
    „Herzlich willkommen!“, sagte er.
    Der Propeller auf dem Fahrzeug hörte auf, sich zu drehen, und es herrschte mit einem Mal glasklare Stille.
    „Und wo ist der Pilot? Wo ist Bedjuchin?“, fragte der Komsomolze.
    „Bedjuchin?“, fragte Dobrynin nach. „Ist das etwa Fjodor?“
    „Nun ja, Fjodor“, bestätigte Zybulnik.
    „Sie sind im Schneesturm zum Lager um Proviant gegangen. Ich dachte, dass sie das sind, die da kommen, aber das waren Sie mit diesem …“
    „Das ist ein Propellerschlitten“, nickte der Komsomolze zum Fahrzeug hin. „Ein ausgezeichnetes Fahrzeug. Ist es schon lange her, dass sie zum Lager aufgebrochen sind?“
    „Ja, das ist schon lange her“, nickte Pawel.
    „Dann fahren wir los, ihnen entgegen!“, schlug der Komsomolze vor.
    Dobrynin setzte sich neben Zybulnik in die Kabine und machte sich interessiert daran, das komplizierte Armaturenbrett zur Steuerung des Propellerschlittens zu studieren. Der Komsomolze drückte auf einen schwarzen Knopf und nach drei Minuten vibrierte der Propellerschlitten genau so wie das Flugzeug beim Anrollen.
    „Jetzt werden wir sie ausfindig machen.“ Der Komsomolze nahm das Steuer in die Hand, das sich ebenso wenig von dem eines Flugzeugs unterschied, und bediente mit dem Fuß ein Pedal.
    Der Propellerschlitten machte einen Ruck und fuhr geradeaus, dann wendete der Komsomolze ihn und schon rasten sie mit hoher Geschwindigkeit über die Schneewüste.
    „Ist Ihnen nicht kalt?“, wollte Zybulnik wissen und sah den Passagier aus den Augenwinkeln an.
    „Nicht

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