Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman
kontrolliert.
Anhang Nr. 1
Aufsatzthemen:
1. Die Errungenschaften der sowjetischen Schule in den letzten zehn Jahren. Mein Beitrag zum Prozess der allgemeinen Bildung
2. Meine Familie vor und nach dem Jahr 1917“
Nachdem Banow zu Ende gelesen hatte, schloss er die Anordnung im Tresor ein, oberhalb des Aufsatzes des Schülers der 7B -Klasse Robert Rojd, und dann kletterte er aufs Dach. Es regnete nicht, also war das Dach trocken.
Am nächsten Abend, als die Arbeiter des Moskauer Hygiene-Instituts gegangen waren, rief er Klara an. Im seinem Arbeitszimmer roch es nach Chemikalien, doch Banow achtete nicht darauf.
„Hallo“, ertönte im Hörer ihre angenehme, weibliche Stimme.
„Guten Abend!“, sagte Banow gut gelaunt mit tiefer Stimme.
„Wasilij Wasiljewitsch! Guten Tag!“ Klaras Stimme war fröhlich, anders als damals, als sie einander kennengelernt hatten. „Ach, bei uns war heute was los!“
„Was denn?“, wollte Banow wissen.
„Mein Nachbar musste heute die Wohnung räumen, weil er gegen die hygienischen Normen verstoßen hat. Sie haben die ganze Wohnung gegen Flöhe und Kakerlaken behandelt, jetzt riecht alles! Ja, und man sagte mir, dass ich Anspruch auf die frei gewordene Fläche erheben kann!“
„Ach, das ist schön!“, sagte Wasilij Wasiljewitsch, der nicht ganz verstand, was dort mit Schkarnizkij passiert war. „Und ich habe auch eine gute Neuigkeit für Sie! Raten Sie!“
„Also … ich weiß es nicht, ehrlich gesagt“, stammelte Klara nach einer Pause. „Heraus mit der Sprache!“
„Am Samstag, den 17., machen wir beide einen Fallschirmsprung!“
„Oh! Wirklich wahr?! Wie haben Sie denn das geschafft?“
„Ich habe es doch versprochen!“, sagte der Schuldirektor mit dem stolzen Gefühl, sein Wort gehalten zu haben. „Und wie geht es Robert?“
„Gut. Er hat alle Dreier ausgebessert und ist zum Komsomolzen-Führer seiner Klasse gewählt worden …“
„Da sehen Sie es!“, sprach Banow wieder mit zufriedener Stimme. „Also gut, ich rufe Sie am Freitagabend an und gebe Ihnen Bescheid, wo und wann wir uns treffen.“
„Und bis Freitag sehen wir einander gar nicht mehr?“, fragte Klara. Banow schwieg ein paar Sekunden und seufzte.
„Ich würde wirklich gerne. Ich verspreche Ihnen, dass ich Sie früher anrufe, wenn ich Zeit habe!“
„Also gut! Auf Wiederhören!“, sagte Klara.
In der Stille seines Büros trank Banow Tee und dachte über diese interessante Frau nach. Sie wollte sich also bereits öfter mit ihm treffen, aber das erschreckte Wasilij Wasiljewitsch ein wenig. Er befürchtete, dass häufige Treffen aus ihnen letzten Endes gewöhnliche Freunde machen würden, und dann würde diese große Romantik verloren gehen. Nein, Banow wusste mit Sicherheit, dass er sie erst am Freitagabend anrufen würde. Er würde anrufen, sich dafür entschuldigen, dass er die ganze Woche sehr beschäftigt gewesen war, und ihr mitteilen, wo sie einander am Samstag treffen würden. Und dann, am Samstag – eine schwierige und sogar schrecklich Vorstellung – würden sie in trauter Zweisamkeit unter den Kuppeln der Fallschirme im Himmel schweben, und vielleicht würde sogar etwas Zeit bleiben, um während des Fluges miteinander zu sprechen und zu träumen. Eine völlig irrsinnige Idee, aber wie leicht sie doch in die Realität umzusetzen gewesen war. Und was war dazu nötig gewesen? Fast nichts. Ein Telefonanruf ins Narkompros. Banow war wieder stolz auf sich selbst und er lächelte aufrichtig und strahlte über das ganze Gesicht.
Der Oktoberabend war neuerlich trocken und dunkel. Draußen summte etwas, wahrscheinlich ein Insekt, das sich dem Einbruch der kalten Jahreszeit widersetzte und nicht Winterschlaf halten oder gar sterben wollte.
Kapitel 19
Die blaue Polarnacht, die von den buntfarbenen Himmelsbändern erleuchtet wurde, dauerte fort, und der Propellerschlitten durchflog sie, in dem der Komsomolze Zybulnik saß und fröstelte. Er ermahnte sich selbst zur Munterkeit und sah dabei von Zeit zu Zeit auf das Armaturenbrett. Auf dem Sitz daneben döste der Volkskontrolleur Pawel Aleksandrowitsch Dobrynin. Er döste vor sich hin und hörte im Schlaf das Bellen seines Hundes Mitka, und aus diesem Gebell tauchte, so als wäre es gar kein Geräusch, sondern eine besondere Art von warmem Nebel, das liebe und einfache Gesicht seiner Frau Manjascha auf. Sie blickte ihren Mann an und lächelte ihr breites bäuerliches Lächeln. Dieses Traumbild brachte auch den Volkskontrolleur
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