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Der Wald der Könige

Der Wald der Könige

Titel: Der Wald der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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bereitet hatten, keinen Vorschub leisten. Außerdem befürchteten sie, Religionsfreiheit könne zu einem Wiedererstarken der römisch-katholischen Kirche führen, und das kam überhaupt nicht in Frage. Also erließ das Parlament neue Gesetze, ohne dass der König es daran hindern konnte. In den Kirchen durfte nur noch das anglikanische Gebetbuch verwendet werden, das den Ablauf des Gottesdienstes streng regelte. Protestantische Sekten – Dissenters, wie man sie nannte – wurden aus den Kirchen verbannt. Es hieß, ein weiteres Gesetz würde ihnen bald Versammlungen innerhalb einer Fünf-Meilen-Zone rings um jede Stadt verbieten. Deshalb machte sich Joan Prides kleine Gemeinde in Lymington nun strafbar.
    »Es ist skandalös!«, erboste sich Alice. »Welchen Schaden können diese Leute denn anrichten?« Doch Gesetz war Gesetz. Also besuchte sie die Kirche in Boldre, benutzte das anglikanische Gebetbuch und hielt den Mund. Als sie Joan Pride sagte, wie Leid ihr das alles täte, schwieg diese. Drei Monate lang sah Alice ihre Freundin nicht. Schließlich traf sie Joan Pride zufällig auf dem Weg südlich der Kirche von Boldre und erfuhr von ihr, ein Prediger, ein gewisser Mr. Whitaker, werde nach Lymington kommen. »Aber wir wagen es nicht, ihn in der Stadt predigen zu lassen, Dame Alice. Also haben wir keinen Versammlungsort«, erklärte sie.
    Alice war dieser Prediger ein Begriff, ein gebildeter junger Mann, der einen guten Ruf genoss. »Ich hätte ihn selbst gern gesehen«, gestand sie. Und nach kurzem Zögern hörte sie sich zu ihrer eigenen Überraschung sagen: »Er könnte als mein Gast nach Haus Albion kommen und in der Halle predigen. Dann könntet Ihr und Eure Freunde ihn treffen.«
    Und so geschah es auch. Mr. Robert Whitaker entpuppte sich als ausgezeichneter Redner. Vor der Restauration hatte er im Magdalen College in Oxford unterrichtet. Außerdem sah er sehr gut aus. Besonders Alices Tochter Margaret schien Gefallen an ihm zu finden. Und es kostete nur wenig Mühe, ihn zu einem weiteren Besuch zu überreden. Alice wusste nicht so recht, was sie davon halten sollte. Ein junger Prediger, ganz gleich, wie wortgewandt er auch sein mochte, war nicht der Ehemann, den sie sich für ihre Tochter wünschte.
    Allerdings hatte sie kaum Zeit, sich darüber den Kopf zu zerbrechen, denn ein Brief von ihrem Mann traf ein, der alle anderen Sorgen vertrieb. Er habe einen Freund, der in die Schweiz reisen wolle und gerne bereit sei, sie und ihre Familie kostenlos mitzunehmen und sie nach einem Monat wieder zurückzubringen. Dann könne er endlich die kleine Betty kennen lernen. In drei Wochen sollte es losgehen. John Lisle schrieb:
     
    Da die Frist zu kurz ist, um Briefe zu wechseln, werde ich dich und meine Tochter entweder freudig in Lausanne begrüßen, meine Liebste, oder zu meinem Kummer erfahren, dass dir die Reise unmöglich ist, wofür ich natürlich Verständnis hätte.
     
    Was sollte Alice jetzt tun? »Ich muss fahren«, beschloss sie. »Du wirst deinen Vater sehen«, sagte sie zu ihrer kleinen Tochter und begann zu packen und alles vorzubereiten.
    Deshalb war es ein besonders schwerer Schlag, als fünf Tage vor der Abreise ein Bote eintraf. Er teilte ihr mit, John Lisle sei in Lausanne ermordet worden. Niemand wusste, wer genau dahinter steckte. Der König war es gewiss nicht, denn Karl II. hielt nichts von derartigen Racheakten. Allerdings gab es eine ganze Reihe von Royalisten, denen eine solche Tat durchaus zuzutrauen war. Einem Gerücht zufolge war die französische Mutter des jetzigen und Witwe des hingerichteten Königs verantwortlich dafür. Alice teilte diesen Verdacht.
    Nun hatte sie keinen Ehemann mehr und Betty keinen Vater. Zufällig kam der junge Whitaker kurz darauf zu Besuch.
     
     
    1670
     
    Zephir ließ seine sanfteste Brise durch die grünen Haine wehen, als König Karl II. von England an diesem warmen Augusttag im New Forest jagte.
    Er war schon früher hier gewesen. Vor fünf Jahren, als die schreckliche Pest in London wütete und sich der König mit seinem Hofstaat ins sichere Sarum zurückgezogen hatte. Bei dieser Gelegenheit hatte er die kleinen Dörfer der Umgebung besucht, in denen er sich einst auf der Flucht vor Cromwell versteckt hatte, nachdem er von seiner Eiche heruntergeklettert war. »Zwei Nächte lang habe ich im New Forest im Freien geschlafen«, erzählte er seinen Höflingen lächelnd. »Nicht einmal die Köhler haben mich bemerkt.«
    Und nun hatte er beschlossen, dem New

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