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Der Wald der Könige

Der Wald der Könige

Titel: Der Wald der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Forest wieder einen Besuch abzustatten, diesmal in Begleitung seiner Höflinge und zum Vergnügen.
     
     
    Stephen Pride und seine Freunde Purkiss und Puckle sahen einander an. Eigentlich hätte Furzey auch dabei sein sollen, doch er hatte sich geweigert zu kommen. Also warteten sie – wie man ihnen aufgetragen hatte – zu viert auf ihren Ponys am Tor des königlichen Gutes in Lyndhurst. Prides Sohn Jim war auch dabei. Bald kam der König mit seinem Gefolge herausgeritten.
    Stephen Pride betrachtete Karl II. von England, und dieser musterte ihn.
    Der königliche Besucher war wirklich ein beeindruckender Anblick. Hoch gewachsen, dunkelhäutig und mit schulterlangem, lockigem braunem Haar, das so dicht war, dass man es für eine Perücke hätte halten können. Dem König war das Erbe seiner Vorfahren sowohl mütterlicherseits als auch väterlicherseits deutlich anzusehen. Die schönen braunen Augen und den geschwungenen Mund verdankte er der keltischen Familie Stuart. Die markante Nase und die sinnliche, aber gleichzeitig spöttische Ausstrahlung hatte er von der Familie seiner französischen Mutter, den Bourbonen, geerbt. Nun sah er Pride mit derselben fröhlichen Herablassung an, die er wohl auch gegenüber einem hübschen Dienstmädchen oder seinem Vetter König Ludwig XIV. gezeigt hätte.
    Doch Stephen Prides Blick galt weniger dem König als den Frauen.
    Es waren mehrere, die ebenso wie die Männer Jagdkleidung und dazu kecke Kappen trugen. An diesem Tag war die Königin nicht dabei, doch eine lebhafte, dunkelhaarige junge Dame flüsterte dem König etwas ins Ohr, worauf dieser auflachte. Das, so vermutete Pride, war sicher die Schauspielerin Nell Gwynn, wie ganz England wusste, die augenblickliche Geliebte des Königs. Er bemerkte eine elegante junge Französin und noch einige andere Frauen. Waren das etwa alles königliche Mätressen? Pride hatte keine Ahnung. Doch er fragte sich ein wenig neidisch, wie dieser gut aussehende Schurke nur ungestraft ein solches Leben führen konnte.
    Mit dem König und den vier Damen bestand die königliche Gesellschaft aus neun Personen. Pride kannte die Männer nicht. Aber einer von ihnen – ein ausgesprochen hübscher junger Bursche, der wie eine zierlichere Ausgabe des Königs wirkte – war bestimmt der Herzog von Monmouth, der uneheliche Sohn des Monarchen. Mit von der Partie waren ferner Sir Robert Howard, ein Adeliger und Oberförster des Bezirks, in dem sie jagen würden, sowie einige adelige Förster. Da die Gesellschaft in der Nähe von Boldrewood jagen wollte, hatte Jim Pride, der dort als Forstgehilfe arbeitete, seinen Vater und Puckle als zusätzliche Reiter angeworben. Für gewöhnlich ließ sich bei solchen Jagden etwas dazuverdienen. Auch Furzey war gefragt worden, aber als er abgelehnt hatte, hatten sie Stephen Prides Freund Purkiss aus Brockenhurst gebeten mitzukommen. Wahrscheinlich würde man mit Purkiss, der als kluger Kopf galt, ohnehin besser fahren als mit Furzey.
    Alle waren bereit. Obwohl Stephen Pride schon sechzig Jahre zählte, musste er sich eingestehen, dass er aufgeregt war. Über dreißig Jahre lang war er ein zufriedener und treuer Familienvater gewesen. Doch er ertappte sich zu seiner Belustigung immer wieder dabei, wie er die hübschen Freundinnen des Königs verstohlen musterte. Also steckt doch noch Leben in mir altem Kerl, dachte er grinsend. Und er freute sich, dass seine Kräfte reichten, um seinen Sohn auf diesen Ausflug zu begleiten, der sicher sehr anstrengend werden würde.
    »Ich glaube, wir werden heute viele Hirsche erlegen«, meinte er zu einem der adeligen Förster, der ihn wissend ansah.
    »Verlasst Euch nicht drauf, Stephen«, murmelte er. »Ich kenne den König.«
    Und zu Prides Erstaunen hob der Oberförster schon nach einem halben Kilometer den Arm. Die Stimme des Königs ertönte: »Nellie will den Rufusbaum sehen.«
    »Den Rufusbaum!«, riefen die Höflinge.
    Also machten sich alle auf den Weg dorthin.
    »So wird es den ganzen Tag lang gehen«, sagte der adelige Förster lächelnd zu Pride.
    Und wirklich hatten sie gerade wieder einen halben Kilometer zurückgelegt, als die Pläne schon wieder geändert wurden. Vor der Besichtigung des Rufusbaums wollte der König seine neuen Anpflanzungen in Augenschein nehmen. Das bedeutete wieder einen Umweg, doch die Gesellschaft setzte sich ohne zu murren in Bewegung.
    Pride warf seinen Begleitern, die nicht sehr erfreut schienen, einen Blick zu.
    »Sieht nicht aus, als würde viel

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