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Der Wald der Könige

Der Wald der Könige

Titel: Der Wald der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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habt.«
    Alice seufzte. Es ging um keinen Geringeren als den Bruder des Königs, Jakob, Herzog von York, der Alice Unterschlagung vorwarf. Dem Herzog war ein Teil von John Lisles eingezogenem Vermögen zugesprochen worden, und nun bildete er sich ein, Alice habe einen Teil des Geldes versteckt, das rechtmäßig ihm gehörte. Schließlich hatte er sie verklagt, und der Prozess zog sich nun schon seit einigen Jahren hin.
    »Ich denke, dass der Herzog von York ein ehrlicher, aber starrsinniger Mann ist. Er ist aufrichtig davon überzeugt, dass Ihr dieses Geld zurückhaltet. Wüsste er, in welcher Not Ihr Euch befindet, würde er seine Klage sicher zurückziehen«, erklärte Hancock. »Er glaubt, dass Ihr ihn betrügt, weil Ihr John Lisles Witwe seid. Der König ist um einiges umgänglicher als sein Bruder. Wenn Ihr ihn überzeugen könnt, wird er mit James sprechen. Ihr solltet es wenigstens versuchen. Das seid Ihr der kleinen Betty schuldig.«
    »Ach, da habt Ihr einen wunden Punkt getroffen, John Hancock.«
    »Ich weiß, dass ich ein skrupelloser Mensch bin.« Er lächelte. »Mir ist klar, warum du zögerst«, sagte nun Robert Whitaker. »Der König hat einen schlechten Ruf, was Frauen angeht. Gewiss fürchtest du um deine Tugend.«
    »Ja, Robert«, erwiderte Alice trocken. »Das muss es wohl sein.«
    »Ich glaube kaum«, wandte Tryphena, die aufmerksam zugehört hatte, stirnrunzelnd ein, »dass der König eine Gefahr für Mutters Tugend darstellt. Er interessiert sich nur für junge, hübsche Frauen.«
    Schließlich kam man überein, dass Alice den König aufsuchen und die kleine Betty mitnehmen sollte. »Vielleicht«, seufzte Alice, »wird das Kind den König ja erweichen, wenn schon mein Anblick nichts mehr nützt.«
    Während Tryphena das Kind für den Ausflug anzog, gab Alice sich große Mühe mit ihrer Garderobe. Als sie sich schließlich im Spiegel betrachtete, murmelte sie wehmütig: »Wenigstens hat John Lisle keine Vogelscheuche geheiratet.«
    Zur Mittagszeit verließen sie Haus Albion und schlugen den Weg ein, der zu der kleinen Furt führte. So verpassten sie den Besucher, der aus Süden kam, nur um ein paar Minuten.
     
     
    Langsam ritt Gabriel Furzey durch das Tor auf Haus Albion zu. Er war froh, dass Stephen Pride seinen Sohn Jim begleitet hatte. So würde sich wenigstens kein Pride herumdrücken, während er sein Anliegen vorbrachte.
    Denn Gabriel Furzey steckte in Schwierigkeiten.
    Der Besuch von Karl II. im New Forest war nicht nur einer königlichen Laune entsprungen, denn der Monarch dachte in jener Zeit häufig an seinen Wald. Schließlich war der lebenslustige König stets auf der Suche nach neuen Einnahmequellen, und bald hatte er erkannt, dass sich mit den königlichen Wäldern Gewinne erwirtschaften ließen. Allerdings ging König Karl dabei vorsichtiger, klüger und gründlicher vor als sein Vater. Ihm reichten die richterlichen Rundreisen nicht, und er setzte eine Untersuchungskommission ein, die den Dingen wirklich auf den Grund gehen sollte. Nun überprüften seine Inspektoren alle Grenzen des New Forest. Einfriedungen und Pachtverträge wurden sorgfältig in Listen vermerkt. Der Verkauf von Holz und Holzkohle und die Verwaltungstätigkeit der Förster, nichts entging ihren scharfen Augen. Der König ließ keinen Zweifel daran, dass sein Wald in Zukunft ordentlich geführt werden würde. Es fand sogar eine Hirschzählung statt, die ergab, dass der New Forest etwa siebentausendfünfhundert Damhirsche und fast vierhundert Rothirsche beherbergte. Der König wollte ganz genau wissen, wie viel der Wald tatsächlich wert war. Und zu guter Letzt erhielten seine Richter den Auftrag, exakt aufzuschreiben, wer im New Forest welche Gewohnheitsrechte besaß und wie viel derjenige dafür bezahlte.
    »Eine detaillierte Auflistung der Gewohnheitsrechte, bis hin zum letzten Schwein, das die Eicheln auf dem Boden frisst«, hatte Hancock, der Anwalt, Alice erklärt. Die Richter hatten bereits zwei Sitzungen abgehalten, die sich mit diesen Gewohnheitsrechten befassten. Eine letzte Zusammenkunft, die Alices Rechte zum Thema hatte, würde in Kürze stattfinden. »Dabei wird auch festgesetzt, wie viel jeder dem König schuldet«, sprach Hancock weiter. »Zusätzliche Gewohnheitsrechte werden nicht erteilt. Wenn ein Gewohnheitsrecht nicht eingetragen ist, besteht es auch nicht. Ich habe den Eindruck«, fügte er hinzu, »dass der König auf diese Weise den Boden für die Zukunft bereitet. Wenn unsere Rechte

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