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Der Wald der Könige

Der Wald der Könige

Titel: Der Wald der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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obwohl Alice das alles nicht billigte, hatte sie Spaß an dem Geplänkel.
    Irgendwann kam die Sprache auf Hexerei. Eine der Damen hatte das Gerücht aufgeschnappt, es gebe Hexen im New Forest, und fragte Howard, ob das stimme. Er wusste es nicht.
    Der König schüttelte den Kopf. »Jede unangenehme Frau wird heutzutage der Hexerei beschuldigt«, meinte er. »Und ich bin sicher, dass auf diese Weise viele harmlose Geschöpfe auf dem Scheiterhaufen enden. Außerdem ist Zauberei soundso Unsinn.« Er wandte sich an einen der Förster. »Wusstet Ihr, dass mir mein Vetter Ludwig von Frankreich in diesem Frühjahr seinen Hofastrologen geschickt hat? Er behauptet, der Mann irre sich nie. Ich hielt ihn für einen ziemlich aufgeblasenen Zeitgenossen. Also habe ich ihn zum Rennen mitgenommen.« Alice hatte von der Schwäche des Königs für Rennpferde gehört. Auf der Rennbahn in Newmarket mischte er sich unters Volk wie ein gewöhnlicher Bürger. »Den ganzen Nachmittag behielt ich ihn dort, und natürlich konnte er keinen einzigen Sieg vorhersagen. Also habe ich ihn am nächsten Tag postwendend zurück nach Frankreich expediert.«
    Alice konnte ein Lachen nicht unterdrücken. Der König warf ihr einen Blick zu und schien etwas sagen zu wollen, überlegte es sich dann aber offenbar anders und beachtete sie nicht mehr. Anschließend erörterte man seine Eichenanpflanzung, von der sich alle beeindruckt zeigten.
    Nellie Gwynn sah den Monarchen aus großen Augen an. »Wann schenkst du mir ein paar Eichen, Karl?« Es war allgemein bekannt, dass der König einer jungen Dame bei Hofe eine ganze Holzernte geschenkt hatte, vermutlich als Dank für erwiesene Gunst.
    Ernst erwiderte der König den Blick seiner Geliebten. »Du hast eine königliche Eiche, die dir immer zu Diensten steht, Miss«, erwiderte er. »Gib dich damit zufrieden.«
    Die Anwesenden brachen in schallendes Gelächter aus, mit Ausnahme von Alice, die spürte, dass Betty sie anstieß.
    »Was bedeutet das, Mutter?«, flüsterte das Kind.
    »Das braucht dich nicht zu kümmern.«
    »Das Problem mit der königlichen Eiche ist«, entgegnete Nellie mit einem kecken Blick zu der jungen Französin, die still auf einem Stuhl saß, »dass sie ihre Äste in alle Richtungen streckt.« Alice schloss aus dieser Bemerkung, dass der König ein Auge auf die Französin geworfen hatte, doch er schien sich dessen nicht im Mindesten zu schämen.
    Der König sah die fragliche Dame gelassen an und erwiderte ein wenig gereizt: »Aber es hat noch keine Aussaat stattgefunden. Noch nicht.«
    »Ich halte so und so nicht viel von ihr«, sagte Nellie.
    Mitten in diesem unschönen Wortwechsel wandte sich der König plötzlich an Alice. »Ihr habt eine hübsche Tochter, Madam«, meinte er.
    Alice erstarrte. Sie wusste, dass der König diesen Moment und auch diese Bemerkung absichtlich gewählt hatte, um sie in Verlegenheit zu bringen. Die Andeutung war eine Unverschämtheit. Allein die Vorstellung, ihre gottesfürchtige kleine Tochter könne später einmal eine Eroberung des Königs werden, war eine bodenlose Frechheit. Natürlich würde Karl II. abstreiten, dass er das so gemeint hatte. Und wenn sie ihm deshalb Vorhaltungen machte, würde er das als Zeichen ihrer feindseligen Einstellung werten. Schließlich hatte er ihr Kind nur als hübsch bezeichnet. Doch seine Absicht lag auf der Hand: Bedankte sie sich für das Kompliment, machte sie sich lächerlich. Protestierte sie, gab sie ihm einen Anlass, sie fortzuschicken. Du darfst nicht vergessen, dass dein Mann seinen Vater getötet hat, hielt sie sich vor Augen. »Sie ist ein gutes Kind, Majestät«, erwiderte sie darum so leichthin wie möglich. »Und ich liebe sie sehr.«
    »Ihr seid sehr abweisend, Madam«, sagte der König leise und blickte kurz zu Boden, bevor er sich wieder ihr zuwandte. Sie stellte fest, dass seine Nase, aus einem bestimmten Winkel betrachtet, ziemlich groß wirkte. Das und die sanften braunen Augen verliehen ihm eine erstaunlich ernste Ausstrahlung.
    »Ich will offen zu Euch sein, Madam«, fuhr er ruhig fort. »Es fällt mir schwer, Euch zu mögen. Es heißt«, sprach er ein wenig hitzig weiter, »dass Ihr beim Tod meines Vaters Jubelrufe ausgestoßen habt.«
    »Es tut mir Leid, falls Euch so etwas zu Ohren gekommen sein sollte, Sire«, entgegnete sie, »denn ich schwöre Euch, es ist nicht wahr.«
    »Warum nicht? Es entsprach doch gewiss Euren Wünschen.«
    »Aus dem einfachen Grund, Sire, dass ich wusste, es würde eines

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