Der Wald der Könige
erst einmal eingetragen sind, haben wir keine Möglichkeit, uns gegen mögliche spätere Entscheidungen von seiner Seite zu wehren. Solange er damit nicht bereits eingetragene Gewohnheitsrechte beschneidet, kann er den New Forest ausbeuten, wie er will.«
Doch ganz gleich, welches auch die Motive des Königs sein mochten, die Rechte waren endgültig und bindend. Inzwischen wussten die Grundbesitzer und Bauern im New Forest das genau, und alle waren vor den Richtern in Lyndhurst erschienen. Als Grundlage dienten die vor fünfunddreißig Jahren aufgestellten Listen. Was darin stand, wurde genehmigt. Falls jemand weitere Rechte einforderte, konnten die Eintragungen ergänzt werden. Allerdings musste man seinen Anspruch beweisen.
Und das genau war Gabriel Furzeys Problem.
Das Schlimmste daran war, dass er seine Lage selbst verschuldet hatte, und zwar vor langer Zeit aus Starrsinn und schlechter Laune, dabei hatte Stephen Pride ihn noch gedrängt, zu Alice zu gehen und seine Gewohnheitsrechte eintragen zu lassen. Stephen Pride wusste genau, dass er sich geweigert hatte. Und nun verfügten die Prides in Oakley über Gewohnheitsrechte – und Furzey nicht.
Damals hatte das keine große Rolle gespielt, denn in den Jahren des politischen Umsturzes hatte sich niemand um den New Forest gekümmert. Die Bevölkerung von Oakley war wie immer ihrem Tagwerk nachgegangen. Furzey hatte seine wenigen Kühe weiden lassen, Torf gestochen und Holz gesammelt, ohne dass jemand ihn daran gehindert hätte. Zwischenzeitlich hatte er die Angelegenheit mit den Listen aus dem Jahr 1635 gänzlich vergessen. Und nun waren die Reiserichter wieder da.
Furzey hatte zwei Söhne: William, der ein Mädchen aus Ringwood geheiratet hatte und dorthin gezogen war, und George, der weiterhin in Oakley lebte. Da George nach Furzeys Tod den Hof erben würde, maß er der Untersuchung natürlich Bedeutung bei.
Eines Abends war George mit besorgter Miene nach Hause gekommen. »Weißt du von der Eintragung der Rechte? Stephen Pride sagt, wir stehen nicht auf der Liste, Vater. Stimmt das?«
»Stephen Pride redet viel, wenn der Tag lang ist.«
»Aber, Vater. Die Sache scheint mir sehr ernst zu sein.«
»Was weiß Stephen Pride schon?«
»Meinst du, er irrt sich?«
»Natürlich. Ich habe das schon vor Jahren geregelt.«
»Bist du sicher, Vater?«
»Selbstverständlich bin ich sicher. Zerbrich dir nicht den Kopf darüber.«
»Oh. Dann ist ja alles gut. Ich hatte mir schon Sorgen gemacht.«
Den ganzen Frühling und Sommer lang nahm Furzey sich vor, die Angelegenheit zu erledigen. Doch er verschob es Woche um Woche. Eigentlich rechnete er damit, dass Alices Verwalter Oakley in Augenschein nehmen würde, aber nichts geschah. Denn in Oakley hatte sich in den letzten fünfunddreißig Jahren nichts verändert, und so glaubte man vermutlich, dass die Eintragungen nicht ergänzt zu werden brauchten. Außerdem war Alice Lisle so sehr mit der Existenzsicherung ihrer Kinder beschäftigt, dass sie Furzeys Versäumnis vor so vielen Jahren wahrscheinlich längst vergessen hatte. Das Gericht war bereits zusammengetreten, aber Furzey erfuhr, dass Alice ihre Rechte erst später beantragen würde. Dann tagte das Gericht zum zweiten Mal. Nun wurde die Zeit knapp. Er musste etwas unternehmen. Und deshalb war er jetzt hier. Er ritt auf das Haus zu.
Wie sich herausstellte, hätte er sich keinen günstigeren Zeitpunkt aussuchen können.
John Hancock war beauftragt, dem Gericht die Ansprüche von Alice und auch die vieler anderer Gutsbesitzer vorzutragen. Als Gabriel Furzey nun, den Hut in der Hand, vor ihm stand, begriff er sofort, worum es ging. »Bei Mast und Pasture dürfte es keine Schwierigkeiten geben«, beruhigte er den Bauern. »Mit Turbary vermutlich ebenfalls nicht. Diese Gewohnheitsrechte gehören eindeutig zu Eurem Dorf. Allerdings«, fuhr er fort, »ist das Estovers nicht so klar geregelt.« Als Furzey ihn verdattert ansah und murmelte, er habe natürlich schon immer das Recht zum Holzsammeln besessen, erklärte der Anwalt: »Auch wenn Ihr das glaubt, muss ich mir zuerst die Unterlagen ansehen.«
Die Unterlagen, die die Ländereien betrafen, wurden in Haus Albion aufbewahrt. Da Hancock wusste, wo sie sich befanden, und da er bis zu Alices Rückkehr ohnehin nichts zu tun hatte, beschloss er, die Papiere gründlich zu studieren. »Seit wann lebt Eure Familie auf dem Hof?«, fragte er.
»Mein Großvater ist dort eingezogen«, erwiderte Furzey. »Davor haben wir
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