Der Wald - ein Nachruf
ist in der Regel großflächig im Besitz einer Gemeinde oder des Staats. Dadurch gibt es nur wenige Ansprechpartner und die Verträge sind schnell geschlossen. Zudem steht Wald meist auf Kuppen oder Bergrücken, da sich solche Formationen für die Landwirtschaft oder eine Besiedlung nicht eignen. Und dort oben weht der kräftigste Wind. Schließlich ist auch der Baumbestand vorteilhaft, der zumindest für Waldspaziergänger den Anblick der gigantischen Anlagen verdeckt und die optische Verschandlung der Landschaft abmildert.
Nun ist der Großteil der Wälder in eine der zahlreichen Schutzkategorien eingestuft, die einschneidende Veränderungen verhindern sollen. Aber sogar die Grünen möchten sich davon nicht bremsen lassen. Daher lautet die klare Parole etwa in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, wo die Grünen in der Regierungsverantwortung sind, dass selbst Vogelschutzgebiete, deren fliegende Bewohner naturgemäß durch die Rotoren besonders gefährdet sind, kein Hindernis darstellen. Das weiß ich aus einer der Dienstbesprechungen, zu denen mich das Forstamt nach wie vor einladen muss. Energie aus Wind soll um jeden Preis verfünffacht werden. 53 Auch Bayern mit seinen schönen Bergen und Wäldern möchte nicht hintenanstehen. Die CSU hat Ausbaupläne für Windenergie aufgelegt, neben denen die der Grünen blass erscheinen. 54 Bedenken von Bürgern werden als notorische Quengelei gegen den Fortschritt abgetan. So ein Vorgehen hatte ich bisher immer mit instabilen Entwicklungsländern in Verbindung gebracht. Dort zählen Schutzgebiete nichts, wird Natur rücksichtslos ausgeplündert. Aber hier bei uns, in Mitteleuropa?
Vielerorts regt sich der Widerstand der örtlichen Bevölkerung, denn wer bekommt schon gern einen Riesenturm vor die Nase gesetzt. Und die Beeinträchtigungen können einem im wahrsten Sinn des Wortes auf die Nerven gehen. Da ist zum Beispiel der Schattenwurf. Steht die Anlage im Westen oder Osten, so scheint die aufgehende Sonne durch die sich drehenden Rotorblätter hindurch. Ein sekündlicher Wechsel von Licht und Schatten flackert dann ins Schlaf- oder Wohnzimmer und stört dort. Auch das Rauschen trübt den Naturgenuss im Garten. Zudem kann sich im Winter Eis an den Blättern bilden, das durch die Drehbewegung Hunderte von Metern weggeschleudert wird. So ein Geschosshagel kann lebensgefährlich sein und verleidet Spaziergänge in freier Feldflur. Naturfreunde beklagen getötete Fledermäuse und Vögel, die zerfetzt am Fuß der Masten zu finden sind. Natürlich verursacht jede Art der Energieerzeugung Beeinträchtigungen bis Schä den. Aber wäre es nicht besser, den Energieverbrauch drastisch zu senken, anstatt ihn mit anderen Mitteln aufrechtzuerhalten?
Aufgrund der Ausdehnung des Walds kann man die Windräder weit entfernt von Siedlungen aufstellen. Die störenden Ef fekte fallen dann kaum noch jemandem auf. Einzig der Fernblick wird getrübt. Denn solange es keine Flächennutzungspläne für Windenergie gibt, könnte demnächst überall ein Mast neben dem anderen aus dem Blätterdach emporragen. Aber daran kann man sich vielleicht gewöhnen. Die lokale Bevölkerung möchte sich dennoch nicht den heimischen Wald zubauen lassen. Die Methoden der Investoren, trotzdem Fuß zu fassen, erinnern mich stark an die der Jagdpächter. Denn ich konnte neulich miterleben, wie die vermeintlich einfache Landbevölkerung über den Tisch gezogen wird. Der Bürgermeister einer Nachbargemeinde hatte mich eingeladen, an einer eigentlich nur für Ratsmitglieder vorgesehenen Veranstaltung teilzunehmen, zu der ein Windkraftanlagenbauer geladen hatte. Redebeiträge waren mir daher nicht erlaubt, aber ich durfte zuhören – und bei dem, was ich da hörte, fiel es mir sehr schwer, mich nicht zu äußern.
Vor Vertretern der örtlichen Gemeinderäte traten zwei Herren mittleren Alters auf. Der eine von ihnen, optisch genau das Gegenteil eines knallharten Geschäftsmanns, begrüßte die Runde. Er sei einer von ihnen, stamme aus der Gegend und sei von daher schon vertrauenswürdig. Seine Firma habe Erfahrung mit der Planung und dem Bau von Windkraftanlagen. Ganz wichtig sei es ihm und seinem Kompagnon, dass die Bevölkerung an den Gewinnen beteiligt werde. Aus diesem Grund sei geplant, Beteiligungsgesellschaften zu gründen, in die Einwohner einzahlen könnten und zu Miteigentümern würden.
Ich muss zugeben, das klang sehr gut. Denn der Ärger über die Verschandelung der Landschaft würde sich so in pure
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