Der Wald - ein Nachruf
bis zu 350 PS schaffen das Hundertfache. Das »Zaubermittel«, das diesen Leistungsschub ermöglicht, heißt Erdöl. Und egal, wohin Sie schauen, überall werden wir von diesem beflügelt. Bagger und Raupen, Pkw und Lkw, Flugzeuge und Schiffe, wir werden stärker, schneller und erzeugen immer mehr Produkte. Nebenbei wird allein in Deutschland jedes Jahr eine Fläche von der Größe Münchens zugebaut und unter Asphalt begraben.
Der Energieverbrauch führt daher letztendlich stets zu einer Umgestaltung der Umwelt. Wäre es da nicht am besten, diesen Verbrauch zu drosseln? Damit schlügen wir zwei Fliegen mit einer Klappe: Der Ausstoß von Treibhausgasen ginge zurück und die Zerstörung unserer Natur würde ebenfalls gebremst. Eine solche Politik gilt jedoch leider nicht als zeitgemäß. In Zeiten schwankender Börsen und angeschlagener Währungen muss die Wirtschaft stabilisiert werden und möglichst immer weiter wachsen. Daher schauen alle, selbst die Partei der Grünen, auf erneuerbare Energien.
Grundsätzlich ist Strom aus Sonne, Wind und Wasser sinnvoll. Unter dem Strich ist die Ökobilanz dieser Art der Energieerzeugung positiv; lediglich bei Bau und Wartung der Anlagen fallen Klimagase an. 50 Was ist also schlecht daran, den Ausbau zu forcieren, damit wir alle irgendwann nur noch »grüne« Energie verbrauchen? Gar nichts, wenn die Sache zu Ende gedacht würde. Denn das hieße auch, dass wir für eine saubere Klimabilanz Öl, Kohle und Gas wirklich ersetzen müssten. Für jedes von einem Windrad erzeugte Kilowatt Strom müsste auch ein Kilowatt fossiler Brennstoffe in den Lagerstätten bleiben, dürfte nicht mehr gefördert werden. Doch das ist nicht der Fall. Unser Ökostrom kommt zusätzlich auf den globalen Energiemarkt und bewirkt lediglich, dass nun andere mehr Öl, Kohle und Gas nutzen. Mit jeder Solarzelle, jedem Wasserkraftwerk steigern wir die am Markt verfügbare Energiemenge. Und da Energie nun einmal zur Umgestaltung der Natur eingesetzt wird, bedeutet auch jedes Kilowatt Ökostrom zusätzliche Umweltzerstörung.
Mir ist nur ein größeres Projekt bekannt, mit dem tatsächlich eine Erdöllagerstätte nicht genutzt werden soll. Der Yasuni-Nationalpark in Ecuador birgt im Untergrund drei große Ölvorkommen. Um den tropischen Regenwald im Park nicht zu gefährden und einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, hat das Land angeboten, die Quellen nicht auszubeuten, wenn die internationale Gemeinschaft die Hälfte des geschätzten Werts bezahlt. 51 Genau so muss Klimaschutz funktionieren. Ökostrom produzieren, Öl- und Gasfelder stilllegen und die Eigentümer finanziell in die Lage versetzen, selbst ebenfalls in Solar- und Windenergie einzusteigen. Obwohl der Deutsche Bundestag das Vorhaben begrüßte, lehnte es der zuständige Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dirk Niebel, ab. 52 Und so sorgt der Kampf gegen den Klimawandel lediglich für ein Zusatzangebot an Energie und verursacht darüber hinaus noch neue Wunden im Wald, und zwar in Form von Windrädern.
Windparks
Ich habe nichts gegen Windenergie, genauso wenig wie gegen Fabriken oder Straßen. Mich interessiert jedoch bei allen Eingriffen in den Naturhaushalt, ob sie vermeidbar sind oder zumindest so schonend wie möglich durchgeführt werden. Seit der Reaktorkatastrophe von Fukushima ist in der Branche allerdings scheinbar der Wilde Westen ausgebrochen. Denn erneuerbare Energien sollen im Eilschritt ausgebaut werden. Hast ist immer ein schlechter Ratgeber, und wer schnell rennt, schießt leicht über das Ziel hinaus. Im Fall der Windenergie landete man dabei im Wald. Und der hat für die Windmüller mehrere unschlagbare Vorteile. Da sind zunächst die Besitzverhältnisse. Ein Windpark lohnt sich nur ab einer gewissen Größe, da zur Stromabnahme eine teure Infrastruktur aufgebaut werden muss. Acht bis zwölf Räder müssen sich schon gemeinsam drehen, um Leitungen, Trassen und Umspannwerke zu rechtfertigen. Der Abstand der einzelnen Windräder zueinander muss dabei mindestens 500 Meter betragen, da sie sich mit den erzeugten Luftverwirbelun gen sonst gegenseitig stören. Die Gesamtgröße eines Windparks erstreckt sich daher über mehrere Kilometer. Die Betreibergesellschaft müsste nun eigentlich mit Hunderten von Privatpersonen Verhandlungen über Kauf oder Pacht von Grundstücken führen. Das kann sich über Jahre hinziehen, und so lange will niemand warten. Wald aber, zumindest der in öffentlicher Hand,
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