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Der Wald ist schweigen

Der Wald ist schweigen

Titel: Der Wald ist schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Mustermann
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verschwinden zu lassen oder sich zu verdrücken, da kommt es auf ein paar Stunden mehr auch nicht an, Punkt.
    Hans Edling lenkt seinen Wagen hinter ihn und betätigt die Lichthupe, schwungvoll nehmen sie den Serpentinenweg ins Schnellbachtal. Bevor das Gehöft vor ihnen auftaucht, schickt Manni ein schnelles Stoßgebet an den Big Boss im Himmel, dass die Krieger Wort gehalten hat. Aber ihr abgewrackter Passat ist nirgends zu sehen und unter dem verfrorenen Trüppchen Barfüßiger in Sportklamotten, die auf der Wiese unter Anleitung einer dürren Hennaroten ihre Körper in alle möglichen Richtungen recken, ist sie auch nicht. Und so lächelt Manni siegesgewiss, als sie sich kurze Zeit später mit Heiner von Stetten und dem rothaarigen Brandes um einen verschrammten runden Holztisch im Sonnenhof-Büro gruppiert haben.
    »Bis jetzt haben Sie immer jegliche Verbindung zwischen dem Sonnenhof und dem Opfer Andreas Wengert geleugnet«, eröffnet er die Vernehmung. »Es gab aber doch eine.«
    Heiner von Stetten nickt. »Laura.«
    »Abgesehen von Laura.«
    Keiner sagt etwas.
    Manni wendet sich direkt an Brandes. »Ihr Name ist im Zusammenhang mit den Ermittlungen um den Tod von Darshan Maria Klein gefallen. Die Zeugin Diana Westermann hat Ihnen ein Mobiltelefon ausgehändigt. Es gehörte dieser Darshan. Sie wollten es an sie weiterleiten.«
    Brandes mustert ihn aus blassen Augen, ohne mit den farblosen Wimpern zu zucken. »Ich habe ihre Adresse nicht gefunden. Da habe ich das Handy zu den Fundsachen gepackt. Nicht meine Schuld, dass es da nicht mehr ist.«
    »Aber Sie waren mit Darshan befreundet.«
    »Ich kannte sie.«
    »Wie gut kannten Sie sie?«
    Die wasserblauen Glupschaugen huschen zur Zimmerdecke und sofort wieder zurück zu Manni.
    »So gut wie alle hier.«
    »Sie hatten also kein intimes Verhältnis mit ihr?«
    »Nein.«
    »Und Sie, Herr von Stetten?«
    »Dies ist ein Aschram. Wir sind keine 68er-Kommune.«
    »Hatten Sie ein Verhältnis mit Darshan?«
    »Natürlich nicht, nein.«
    »Ich habe aber etwas anderes gehört.«
    »Von wem?«
    Ja, von wem? Das hat die Krieger leider nicht gesagt.
    »Ich bin nicht verpflichtet, meine Quellen offen zu legen«, sagt Manni.
    »Die Antwort ist nein«, sagt Heiner von Stetten.
    »Eine Falschaussage ist strafbar.«
    Der Psychologe kneift die Lippen zusammen. Zeit, einen anderen Trumpf auszuspielen, beschließt Manni.
    »Herr Brandes, kannten Sie Andreas Wengert?«
    »Wie ich schon sagte, nein.«
    »Das ist schwer zu glauben, denn Sie haben ihm am 5. Oktober eine E-Mail geschickt.«
    »Eine E-Mail?« Jetzt flattern die farblosen Wimpern doch ein bisschen. Heiner von Stetten wendet den kahlen Kopf und betrachtet seinen pädagogischen Leiter mit offenkundigem Erstaunen.
    »Ich habe Andreas Wengert keine E-Mail geschickt«, sagt Brandes.
    Manni lächelt. »Herr Brandes, es ist doch sinnlos, wenn Sie etwas leugnen, das wir beweisen können.«
    Aber der Beweis ist so überzeugend nicht, wie Brandes und von Stetten schnell und eindrücklich demonstrieren. Weil nämlich die [email protected] theoretisch jedem im Sonnenhof zugänglich ist, der Zugang zum Büro hat. Jeder könnte also in Vedanjas Namen diese Laura-Adresse beantragt und die E-Mail an Andreas Wengert geschickt haben. Und das Gleiche gilt auch für das Darshan-Handy, wenn es das denn überhaupt gegeben hat. Wirklich jeder könnte es gestohlen haben – es gibt einfach keinen Beweis dafür, dass Vedanja schuldig ist, und nein, betont er ein ums andere Mal, er habe nichts mit Darshan gehabt.
    »Haben Sie Feinde, Herr Brandes? Jemanden, der es darauf anlegen könnte, den Verdacht auf Sie zu lenken?«
    Kopfschütteln.
    »Wann haben Sie Darshan zum letzten Mal gesehen?«
    Brandes sieht seinen Chef an. »Anfang Mai?« Von Stetten blättert in einem Kalender. »Wie gesagt, am sechsten Mai gab es diese Abschiedszeremonie für sie.«
    »Hat jemand sie zum Flughafen nach Frankfurt gefahren – oder zumindest zu einem Bahnhof?«
    Kopfschütteln, nein. »Darshan war sehr eigen, sehr auf Unabhängigkeit bedacht«, erklärt von Stetten mit einem feinen, nachsichtigem Lächeln, das Manni rasend macht. »Meistens ist sie per Anhalter gefahren.«
    »Ihr Flugticket hat sie in einem Reisebüro in Wipperführt bar bezahlt«, sagt Hans Edling.
    »Ja, und weiter?«
    »Jemand hat ihr das Geld gegeben.«
    »Sie hat gesagt, sie hatte es von einer Tante bekommen.«
    »Sie hat keine Tante. Ich möchte gern einen Blick auf Ihre Kontobewegungen

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