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Der Wald ist schweigen

Der Wald ist schweigen

Titel: Der Wald ist schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Mustermann
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ihre türkis geränderten Augen nicht erreicht.
    »Sie haben gesagt, Sie benutzen diesen Hochsitz zum Jagen. Wann waren Sie denn zum letzten Mal dort, von heute einmal abgesehen?«
    »Ich kann mich nicht erinnern. Ist schon eine Weile her.«
    »Ungefähr?«
    »Weiß ich wirklich nicht mehr. Vor ein paar Wochen.«
    »Aber Sie joggen regelmäßig dort vorbei?«
    »Nicht regelmäßig, nein.«
    »Vorhin haben Sie aber gesagt«, die Kommissarin kneift die Augen zusammen, offenbar bemüht, ihre eigene Schrift zu entziffern, »dass Sie nicht auf den Weg geachtet haben, weil Sie die Strecke gut kennen, weil Sie sie öfter benutzen.«
    »Das stimmt ja auch, aber in letzter Zeit nicht.«
    »Warum?«
    »Warum?«
    »Warum haben Sie die Strecke zum Erlengrund in letzter Zeit nicht benutzt?«
    »Ich mag es nun mal, die Route zu wechseln. Außerdem war ich in letzter Zeit von morgens bis abends im Kürtener Forst, wegen der Holzernte.«
    »Und das ist der einzige Grund?«
    Das Blut in Dianas Ohren beginnt wieder zu rauschen. Sie sieht der Kommissarin direkt in die Augen.
    »Ja, das ist der einzige Grund.«
    Doch damit gibt sich die Kommissarin nicht zufrieden. Sie fragt einfach immer weiter. Kann sich Diana nicht doch erinnern, wann genau sie das letzte Mal am Erlengrund gewesen ist? Ist ihr in den letzten Wochen wirklich keine Veränderung im Schnellbachtal aufgefallen? Wann war der Hochsitz noch intakt? Wann hat sie zuletzt gejagt? Was für Büchsen hat sie, was für Flinten? Schießt sie mit Schrot? Welches Kaliber? Wo bewahrt sie ihre Waffen auf? Die Fragen spulen aus ihrem Mund wie Fäden von einer überdimensionierten Garnrolle, verflechten sich zu einem Netz, hüllen Diana ein, weben sie ein, lähmen sie. Wann ist sie das letzte Mal auf dem Hochsitz gewesen? Wieder, und immer wieder diese Frage. Gebetsmühlenartig.
    »Ich weiß es wirklich nicht!« Nach einer halben Stunde ist Dianas Selbstbeherrschung restlos aufgebraucht. Sie schreit.
    Als wäre dies ein Einsatzbefehl gewesen, wird die Tür zum Bus erneut aufgeschoben und ein Mann schwingt sich herein. Er ist jünger als die Kommissarin, höchstens 30. Er trägt einen Blouson aus silbriger Fliegerseide und modische Jeans. Die Kommissarin wirft ihm einen ihrer messerscharfen Seitenblicke zu. Es sieht ganz und gar nicht so aus, als ob sie sich über die Verstärkung freut. Silberjacke scheint einen Moment lang unschlüssig, ob er wieder gehen soll, gleitet dann aber neben Diana auf die Bank. Er bewegt sich mit der nachlässigen Effizienz eines routinierten Sportlers. Mit seiner Gelfrisur sieht er jungenhaft aus, vermutlich ist er ziemlich eitel und empfindet sein Outfit als cool. Wenn Diana Glück hat, ist er auch empfänglich für weibliche Reize. Sie zieht das Haargummi aus ihrem Pferdeschwanz, neigt den Kopf und sieht zu ihm auf.
    »Ich fühle mich überhaupt nicht gut, ich glaube, ich habe einen Schock. Wann kann ich endlich heim?«
     
    ***
    »Haben Sie irgendeine Idee, wer der Tote sein könnte?«
    »Es ist also ein Mann? Das dachte ich mir schon.« Egbert Wiehl ist froh, dass die Warterei endlich ein Ende hat. Die Kommissarin sieht blass und verfroren aus. Angespannt. Wie alt sie wohl sein mag? Mitte 30, schätzt er. Erst eine Försterin und dann eine Kriminalhauptkommissarin, spezialisiert auf Mord und Totschlag. Was diese jungen Frauen heute alles für Berufe ausüben. Er würde ihr gern den Rest Kaffee aus der Thermoskanne anbieten, aber irgend etwas an ihrer Ausstrahlung lässt ihn zögern. Vielleicht wird sie das missverstehen und … Helga tritt ihm unter dem Tisch ans Schienbein. Die Kommissarin sieht ihn aufmerksam an und hüstelt. Offenbar ist sie mit seiner Antwort noch nicht zufrieden.
    »Entschuldigung, was wollten Sie wissen?«
    »Ob Sie eine Idee haben, wer der Tote sein könnte.«
    »Ich? Nein.«
    »Denken Sie bitte genau nach. Ein Mann mit schulterlangem blondem Haar, etwa 1,85 Meter groß, wahrscheinlich um die 30 Jahre alt. Vielleicht gibt es jemanden in Ober- oder Unterbach, auf den diese Beschreibung passt. Vielleicht wird jemand vermisst?«
    »Nein, ich glaube nicht.« Egbert Wiehl wendet sich an seine Frau. »Oder, Helga?«
    »Ein Mann mit langen blonden Haaren? Nein, so einer wohnt bei uns nicht.«
    »Vielleicht in einem Nachbarort?«
    Die Kommissarin ist hartnäckig. Er würde ihr wirklich gern helfen, aber Helga hat Recht. Einen Mann, auf den die Beschreibung passt, gibt es in ihrer Gemeinde nicht.
    »Vielleicht ist er nicht von

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