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Der Wald ist schweigen

Der Wald ist schweigen

Titel: Der Wald ist schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Mustermann
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sich, ruhig zu atmen. Denk nach, Mann, denk nach. Weit kann sie nicht gekommen sein. Er beginnt zu laufen.
    ***
     
    Ruckartig und ohne zu blinken lenkt Manni den Vectra auf die Überholspur, was einen Fahrer hinter ihnen dazu veranlasst, ausgiebig die Lichthupe zu betätigen.
    »Ja, ja, ja.« Manni winkt zur Entschuldigung und gibt Vollgas. Der Vectra schießt vorwärts, dicht an einem LKW vorbei, den blinkenden Hintermann unmittelbar hinter sich. Verstohlen zieht Judith ihren rechten Fuß ein Stück zu sich heran und schließt die Augen. Sie ist noch nie eine gute Beifahrerin gewesen, aber wenn sie weiter so hektisch auf dem Bodenblech herumtritt, wird sie sich vor Manni noch eine Blöße geben, und das muss nun wirklich nicht sein.
    »Du bist dir sehr sicher, dass Juliane Wengert die Täterin ist.«
    »Beziehungstaten – Geld oder Liebe, darauf läuft es doch fast immer hinaus.«
    »Na, Geld kann es diesmal nicht sein. Die Villa gehört ihr, sie haben Gütertrennung vereinbart, eine teure Lebensversicherung hatte Andreas Wengert nicht.«
    »Sagt dieser Lackaffe Tornow.«
    »Er ist Anwalt. Du glaubst doch nicht im Ernst, er riskiert seine Zulassung, indem er eine Falschaussage macht, die wir ihm mit Leichtigkeit nachweisen können.«
    »Also Liebe. Oder er ist nicht vollständig informiert.« Ohne das Tempo zu verlangsamen zieht Manni zurück auf die rechte Fahrspur. Die Rücklichter eines weiteren LKW, der weit vor ihnen fährt, kommen mit beängstigender Geschwindigkeit näher. Der Drängler, der sie so eifrig mit der Lichthupe traktiert hat, entdeckt nun offenbar seine pädagogische Ader. Er zieht neben den Vectra, genau so weit, dass er direkt neben ihnen fährt, drosselt dann aber das Tempo, so dass Manni nicht wieder zurück auf die linke Spur wechseln kann. Mit Tempo 180 jagen sie auf die Rücklichter des LKW zu.
    »Brems doch! Bist du verrückt!« Judith kann sich nicht mehr beherrschen und schreit. Manni ignoriert ihren neuerlichen Gefühlsausbruch mit der milden Nachsicht eines Siegers und tritt endlich auf die Bremse.
    »Keine Angst, ich hab alles im Griff.«
    Der Drängler winkt und gibt Gas.
    »Warum fährst du eigentlich so aggressiv?«
    »Wieso aggressiv? Der hat mir doch mit voller Absicht die Spur blockiert. Mal sehen, ob wir ihn einholen und sein Kennzeichen notieren können.« Manni gibt wieder Gas und schwenkt nach links, kommt aber nicht weit, denn gnädigerweise wird die linke Spur vor ihnen nun von einem klapprigen Polo blockiert, der sich Zentimeter für Zentimeter an einem weiteren LKW vorbeizuschieben versucht. Weit vor ihnen verschwinden die Rücklichter des Dränglers hinter einer Kurve. Judith schickt ein kleines Dankgebet zum Himmel.
    »Fuck you! Na, dann eben nicht.« Den Wagen mit zwei Fingern seiner linken Hand lenkend, beginnt Manni in seinen Jackentaschen herumzukramen, wird fündig und schiebt sich eines seiner unvermeidlichen Fisherman’s-Friends-Dragees zwischen die Zähne. Er wirft Judith einen Blick zu. »Also, was hältst du von Liebe als Motiv?«
    »Ich spekuliere nicht gern. Zum jetzigen Zeitpunkt wissen wir nichts über die Ehe von Juliane Wengert.«
    »Stimmt nicht. Wir wissen eine ganze Menge. Zum Beispiel, dass sie zwei Wochen lang nichts von ihrem Mann gehört hat und das nicht ungewöhnlich findet. Dass sie zuerst nach seinem Motorrad fragt und dann nach ihm. Außerdem ist sie zehn Jahre älter als er.«
    »Was soll das denn heißen?«
    »Komm schon, Judith. Unsere Miss Marmor ist wohlhabend und sieht, zugegeben, ziemlich gut aus. Also schnappt sie sich einen jüngeren Mann – einen Sportlehrer mit knackigem Body. Aber vielleicht hatte der es satt, ihr kleines Spielzeug zu sein, und hat sich zum Ausgleich was anderes gesucht. Und seine Frau kriegt das raus, und als sie ihn nicht zurückbekommen kann, knallt sie ihn ab.«
    »Und warum sollte sie das ausgerechnet im Schnellbachtal tun?«
    »Warum nicht dort? Von Bonn aus kann man das in einer knappen Stunde erreichen, es ist einsam da. Teufel, das werden wir schon noch rausfinden.«
    »Wir müssen das rausfinden. Ich bin sicher, dass der Tatort nicht zufällig gewählt ist. Das Opfer muss eine Verbindung zum Schnellbachtal gehabt haben. Mehr noch, der Täter will uns etwas damit sagen. So, wie das alles arrangiert worden ist, auf einem Hochsitz mit Loch im Dach. Außerdem: Kannst du dir wirklich vorstellen, wie die geschniegelte Juliane Wengert mit einer Schrotflinte im Anschlag im Wald auf ihren Mann wartet? Nein,

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