Der Wald: Roman
Fahr rechts auf die Ventura zur Avenida del Sol. Dann musst du links abbiegen.«
Scott drehte an einem Knopf, und die Innenbeleuchtung erlosch.
Karen hielt die Straßenkarte auf dem Schoß. Als der Wagen um eine Kurve schlidderte, klammerte sie sich mit der anderen Hand am Armaturenbrett fest. »Den beiden wird nichts passieren«, sagte sie.
»Ich hätte sie nicht gehen lassen sollen.«
»Du konntest es nicht wissen.«
»Gottverdammt!«
»Nick ist bei ihr. Den beiden wird nichts passieren.«
Ein Stück vor ihnen sah sie ein Stoppschild. Scott bremste nicht ab. Während sie auf die Kreuzung zuschossen, bemerkte Karen rechts von ihnen Scheinwerfer. »Pass auf!«
Er beschleunigte, und sie wurde in den Sitz gedrückt. Grelles Licht schien durch das Seitenfenster. Eine Hupe ertönte. Sie legte schützend die Arme um den Kopf. Dann war die Helligkeit vorbei, und das Geräusch der Hupe verklang hinter ihnen.
»Scott!«
Er antwortete nicht. Über das Lenkrad gebeugt raste er mitten auf der leeren Straße entlang.
Karen versuchte, mit ruhiger Stimme zu reden. »Es nützt Julie nichts, wenn wir uns umbringen.«
»Dieser beschissene Fluch.«
»Auf uns lastet er auch, Scott.«
Julie stieß die Haustür auf. Sie ging in die Hocke und schnappte sich das Montiereisen. Zurück im Wohnzimmer gab sie es Nick. Der Mann lag jetzt auf dem Bauch, hielt sich den Kopf und weinte leise. »Wenn er irgendwas macht, schlag ihn zu Brei.«
Sie ließ Nick neben dem Mann kniend zurück und eilte in die Nische. Das Telefon tutete laut. Sie drückte auf die Gabel, nahm den Hörer vom Schreibtisch und bekam ein Freizeichen. Schnell wählte sie.
Es klingelte nur ein Mal. »Hallo?« Bennys Stimme.
»Ich bin’s.«
»Julie! Geht es dir gut?«
»Ist Dad da?«
»Nein. Er ist losgefahren, um dich abzuholen. Die Polizei ist auch auf dem Weg.«
»Wissen sie, wo wir sind?«
»Ja.«
»Wann ist Dad losgefahren?«
»Ich weiß nicht, vielleicht vor fünf Minuten. Was ist passiert?«
»Ein Irrer hat versucht, uns umzubringen.«
»Das ist der Fluch.«
»Brillante Schlussfolgerung, Spinner.« Sie legte auf.
Sie rasten auf dem Ventura Boulevard nach Westen. Scott schlängelte sich durch den Verkehr. Er beschleunigte, um es über eine gelbe Ampel zu schaffen, musste aber an der nächsten Kreuzung halten, weil die Autos vor ihnen die Straße blockierten. Er schlug mit der Faust aufs Lenkrad. »Kommt schon, kommt schon, kommt schon«, murmelte er.
Karen neigte die Karte, um das Licht der Straßenlaternen einzufangen, und fuhr mit dem Finger über den dick eingezeichneten Ventura Boulevard. »Avenida del Sol«, sagte sie. »Das müsste an der übernächsten Kreuzung sein.«
»Da biege ich links ab«, sagte Scott.
»Ja. Dann kommen wir nach ein paar Blocks zu einer Gabelung. Dort hältst du dich wieder links. Die Straße stößt auf den Vista Terrace.«
»Und dann? In welche Richtung?«
»Wieder links. Geht gar nicht anders.«
Der Verkehr kam in Bewegung. Scott blieb auf der linken Spur, stieß die Luft durch die zusammengebissenen Zähne aus, schlug aufs Lenkrad und beschwerte sich darüber, wie langsam der Wagen vor ihm fuhr.
»Die Polizei ist wahrscheinlich mittlerweile schon da«, sagte Karen.
»Gott, das hoffe ich.«
Das Auto schoss aus der Spur, als wollte es ausbrechen, und überquerte drei Spuren mit Gegenverkehr. Die Fliehkraft drückte Karen gegen die Tür. Hupen ertönten. Dann fuhren sie die Avenida del Sol entlang. Die Wohnstraße war bis auf ein paar Laternen dunkel. Es kamen ihnen keine Autos entgegen. Scott hielt den Wagen auf der Mittellinie.
»Pass auf, dass sie die Pistole nicht sehen«, warnte Karen ihn.
»Wer?«
»Die Polizei. Wenn sie dich mit der Waffe sehen, schießen sie vielleicht.«
Julie zuckte zusammen, als ein Klopfen durch das Haus hallte. »Ich geh schon«, sagte sie. Sie stützte sich an Nicks Schulter ab, um sich von den Knien zu erheben, und lief aus dem Wohnzimmer.
In der dunklen Diele griff sie nach der Türklinke. Sie zögerte. »Wer ist da?«, rief sie.
»Polizei.«
Sie öffnete die Tür und seufzte beim Anblick zweier uniformierter Streifenbeamter erleichtert auf.
»Da ist die Abzweigung«, sagte Karen. »Fahr links. Wir sind fast da.«
Scott fuhr etwas langsamer, als sich die Straße verengte, und dann sah Karen durch das dichte Gebüsch auf der rechten Seite Rücklichter. Ehe sie aufschreien konnte, trat Scott auf die Bremse und hupte. Er versuchte auszuweichen, doch das Auto, das
Weitere Kostenlose Bücher