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Der Wald: Roman

Der Wald: Roman

Titel: Der Wald: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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passiert, ich werde es niemals bereuen.«
    »Egal, was passiert. Na super. Womit rechnest du denn?«
    »Ich weiß nicht. Aber das gehört doch alles dazu, oder?«
    »Zu dem Fluch, meinst du?«
    »Ich glaub schon.«
    »Oh Mann.«
    Hinter der nächsten Kurve zweigte eine steile, enge Straße ab. Auf einer Seite hing, halb hinter Büschen versteckt, ein Briefkasten. Darauf standen die Nummer 21 und der Name FISH . Die Straße wand sich den Hügel hinauf und verschwand in der Dunkelheit. »Das muss eine Einfahrt sein«, sagte Julie. »Sollen wir hochgehen?«
    »Willst du versuchen, von einem Haus aus anzurufen?«
    »Sonst haben wir einen schrecklich langen Weg vor uns. Wie spät ist es?«
    »Fünf nach halb elf.«
    »Wir wären wahrscheinlich nicht vor elf am Ventura Boulevard. Mein Vater wird durchdrehen.«
    »Dann sollten wir es versuchen.«
    Mit einem letzten Blick auf die düstere, verlassene Straße hinter ihnen begaben sie sich auf den Weg die Einfahrt hinauf. Die Bäume hielten das Mondlicht ab. Die Nacht war voller vertrauter Geräusche: ein Flugzeug, das Hupen eines Autos, der Ruf eines Mannes, eine Tür, die zugeschlagen wurde. Aber sie kamen alle aus weiter Ferne, als gehörten sie zu einer anderen Welt. Nur das Zirpen der Grillen erklang in der Nähe. Und ihre eigenen Laute: das Schlurfen der Schuhe auf dem Beton, ihr schwerer Atem.
    »Das ist mal eine lange Einfahrt«, flüsterte Nick.
    »Es ist fast, als wären wir wieder in den Bergen.«
    »Aber wenigstens ohne Rucksäcke.«
    Julie sah sich um. Niemand da. Die Straße, von der sie abgebogen waren, war durch eine Biegung in der Einfahrt verborgen.
    Nick ließ sich hinter Julie zurückfallen. Er legte die Hände auf ihren Rücken und schob sie. »Ah, das ist besser.«
    »Stets zu Diensten.«
    Sie trotteten um eine weitere Kurve, und Nicks Hände ließen sie los. Er trat neben sie, und sie blieben beide keuchend stehen und blickten auf das Haus.
    Mit seinen groben Steinwänden und dem steilen Ziegeldach wirkte es auf Julie ein wenig fremdartig.
    »Hänsel und Gretel«, sagte Nick leise.
    Sie knuffte ihn leicht gegen den Arm.
    Bis auf eine einzelne Laterne am Gehweg zur Tür gab es kein Licht. Ein riesiger alter Cadillac parkte neben der Garage.
    »Was meinst du?«, fragte Nick.
    »Jetzt sind wir schon so weit gelaufen.«
    »Es sieht nicht gerade … einladend aus.«
    »Lass es uns probieren, Hänsel.«
    Sie gingen zur Tür. Eine Klingel schien es nicht zu geben, nur einen Messingklopfer in Form einer Faust. Nick hob ihn an und klopfte drei Mal. Schnell lehnte er das Montiereisen gegen den Türrahmen. Julie wischte sich die verschwitzten Hände an ihrem Rock ab. »Hoffentlich haben sie ein Telefon«, flüsterte sie.
    Sie warteten. Aus dem Haus drangen keine Geräusche.
    »Sollen wir es nochmal versuchen?«, fragte Julie.
    »Vielleicht schlafen sie.«
    Sie griff nach dem schweren Klopfer, doch in diesem Moment schwang die Tür auf und riss ihn ihr aus der Hand. Sie zuckte zusammen. Das Messing hämmerte laut gegen die Tür.
    Ein Mann sah sie an. Er war nicht alt und krumm, wie Julie es aus irgendeinem Grund erwartet hatte. Er war um die vierzig, kahlköpfig und sehr dick. Sein blauer Kimono, der an der Taille von einer Schärpe zusammengehalten wurde, glänzte im Licht der Dielenlampe. Er reichte ihm fast bis zu den Knien. Darunter trug er dunkle Socken. Wortlos sah der Mann sie an. Er hatte die Stirn leicht gerunzelt, schien aber eher neugierig als wütend zu sein.
    »Entschuldigen Sie die Störung«, sagte Nick. »Wir hatten eine Autopanne und haben uns gefragt, ob wir vielleicht Ihr Telefon benutzen könnten.«
    Mit einem Nicken bedeutete er ihnen, einzutreten. Julie folgte Nick über die Schwelle und schloss die Tür. Der Mann ging leicht humpelnd voraus. Er trat aus der Diele in einen dunklen Raum und schaltete eine Lampe an. Dann winkte er sie herein.
    Der schwach beleuchtete Raum wirkte auf Julie wie ein Salon aus dem vorigen Jahrhundert. Sie registrierte einen Perserteppich, ein dick gepolstertes Plüschsofa, mit Zierdeckchen dekorierte Sessel, Säulentische voller Figürchen und Regale mit Ledereinbänden. Ein Telefon war nicht zu sehen.
    Sie atmete durch den Mund, um die modrige Luft nicht riechen zu müssen.
    Der Mann machte eine Handbewegung zu dem violetten Sofa, als wollte er sie auffordern, Platz zu nehmen. Julie warf Nick einen Blick zu. Er zuckte die Achseln. »Sir«, sagte er, »haben Sie ein Telefon, das wir benutzen dürfen?«
    Er nickte mit

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