Der Wald: Roman
nervös. Seit dem Telefonat gestern Abend hatte er diesem Moment mit einer Mischung aus Ungeduld und Furcht entgegengefiebert.
Unser erstes Date.
Was, wenn etwas schiefgeht? Was, wenn nichts schiefgeht?
Ihr Anblick in diesem Rock war überhaupt keine Hilfe.
Zumindest musste er sich keine Gedanken darüber machen, was er nach dem Kino mit ihr unternehmen sollte. Das war eine Erleichterung. Und eine Enttäuschung. Wenn er das nur schon letzte Nacht gewusst hätte, dann hätte er sich nicht unruhig im Bett hin und her wälzen müssen, während ihm Bilder von ihnen beiden durch den Kopf gingen, wie sie in einer dunklen Straße parkten, sich küssten, umarmten, unter den Kleidern verborgene Haut betasteten. Heute Nacht würde nichts dergleichen geschehen.
Vielleicht wäre es ohnehin nicht passiert.
Jedenfalls sollte er sich jetzt entspannen und den Abend mehr genießen können, da er wusste, dass er sie nach dem Kino gleich nach Hause bringen musste.
»Da ist es«, sagte Julie. »Wenn du an der nächsten Ampel links abbiegst, kommst du zu dem großen Parkplatz hinter dem Kino.«
»Okay.«
Sie warf ihm einen merkwürdigen Blick zu. »Alles in Ordnung?«
»Was meinst du?«
»Stimmt was nicht?«
»Nein, mir geht’s gut. Und dir?«
»Mir geht’s nicht so prickelnd.«
Er blinkte und bog ab. »Was ist los? Sollen wir zurückfahren?«
»Das würde nichts nützen.«
»Bist du krank?«
Sie antwortete nicht. Nick fuhr auf den Parkplatz, steuerte in eine Lücke und sah Julie stirnrunzelnd an. »Was ist denn?«
»Ich hab zuerst gefragt.«
»Mir geht’s gut. Also, vielleicht bin ich ein bisschen nervös.«
»Wegen des Fluchs?«
Er schüttelte den Kopf. Seine Kehle verengte sich. »Nein, wegen … weil ich mit dir ausgehe. Ich meine, das ist das erste Mal, dass wir richtig zusammen sind. Es ist irgendwie ein seltsames Gefühl.«
»Ist das alles, was dich bedrückt?«
»Ich glaub schon.«
»Gut.« Sie schnallte den Sicherheitsgurt ab. »Ich bin auch ein bisschen nervös. Aber weißt du, was man dagegen unternehmen könnte?« Sie legte eine Hand in seinen Nacken und zog ihn zu sich. Sie küssten sich. Ihre Lippen waren offen und feucht, streiften seinen Mund und drückten sich dann fest darauf. Mit der anderen Hand strich sie über seine Brust, wanderte tiefer, streichelte seinen Bauch, fuhr über den linken Oberschenkel. Sie knetete sein Bein, drückte und liebkoste es und berührte dabei wie zufällig mit dem Handrücken sein Geschlecht. Die Hand zog sich zurück. Die Lippen zogen sich zurück. Sie sah ihm in die Augen. »Fühlst du dich jetzt besser?«
»Soll das ein Witz sein?«
»Nicht mehr so nervös?«
»Mir geht’s fantastisch.«
»Mir auch. Lass uns den Film ansehen.«
Vor dem Auto nahm er Julies Hand. Sie gingen zusammen durch das Licht der Abendsonne. Der Kuss hatte funktioniert, genau wie sie gesagt hatte. Er hatte die Fremdheit zwischen ihnen vertrieben und dafür gesorgt, dass sie sich wieder eng verbunden fühlten. Nick war jetzt entspannt und guter Dinge. Widerstrebend ließ er ihre Hand los, um die Karten zu kaufen. Obwohl die Filme nur für Erwachsene waren, fragte das Mädchen in der Kabine nicht nach ihrem Alter.
»Möchtest du Popcorn?«, fragte Nick, als sie in die klimatisierte Eingangshalle traten.
»Im Moment nicht. Ich bin total satt.«
»Ich auch. Vielleicht in der Pause.«
Julie lächelte seltsam, als wüsste sie etwas, das er nicht wusste. »Vielleicht«, sagte sie.
Es war nicht besonders voll im Kino. Sie suchten sich Plätze in der Mitte, wo ihnen niemand im Weg saß. Als das Licht gedimmt wurde, lehnte sich Julie dichter zu Nick. Grinsend stieß sie seinen Ellbogen von der Armlehne. »Unverschämtheit«, flüsterte er.
»So bin ich eben.«
Er blickte auf die Leinwand. Es lief ein Werbespot für die Los Angeles Times . Julies Schulter drückte gegen seinen Arm, der unbeholfen über dem Bein herabhing und sich nutzlos anfühlte. Nicks Nervosität kehrte zurück. Er sollte den Arm um sie legen.
Komm schon, worauf wartest du?
Er war zittrig, sein Mund trocken.
Der Titel des ersten Films, Flachgelegt , wurde über einer Szene von jungen Mädchen, die in einer Schulturnhalle Basketball spielten, eingeblendet. Am Schluss des Vorspanns blies die Lehrerin in ihre Pfeife, und die Mädchen rannten zur Umkleide.
Los, den Arm! Jetzt!
Er konnte sich nicht dazu durchringen, den Arm zu heben.
Auf der Leinwand schlenderten die Mädchen mit hallenden Rufen und lautem Gekicher in
Weitere Kostenlose Bücher