Der Waldläufer
herüberzuschwimmen.
Einige Büchsenschüsse werden ihn beschützen, und er wird wohl und gesund auf die Insel gelangen. Das übrige ist unsere Sache. Wenn ihm aber seine Füße vor Schreck den Dienst versagen, wie es eben mit seiner zitternden Hand der Fall war, so wird der erste Indianer, der ihn einholt, seinen Kopf mit der Streitaxt zerschmettern oder ihn mit einem Lanzenstoß durchbohren. In jedem Fall wollen wir unser Bestes tun.«
In diesem Augenblick kamen die fünf Indianer, die sich entfernt hatten, ebenso wie ihre Vorgänger von Kopf bis zu den Füßen bewaffnet, zurück. Die zuletzt Gekommenen traten zu den übrigen.
Fabian preßte heftig den Lauf seiner Büchse und warf einen Blick innigen Mitleids auf den unglücklichen Weißen, der mit verstörten Augen und schreckentstellten Zügen in einer fürchterlichen Angst wartete, daß von dem indianischen Häuptling das Zeichen gegeben würde. Es war ein feierlicher Augenblick, denn die Menschenjagd sollte beginnen.
Auf dem Eiland wie auf der Ebene erwartete jedermann das Zeichen mit tiefer Beklommenheit, als der Schwarze Falke eine Gebärde mit der Hand machte, um den Augenblick der Eröffnung dieser schändlichen Jagd noch zu verzögern. Diese Gebärde war leicht zu begreifen. Mit dem Finger zeigte er auf die nackten Füße seiner Krieger und dann auf die Halbstiefel aus Korduanleder, die die Füße des Weißen bedeckten. Man sah nun, wie der Weiße sich auf den Sand niedersetzte und langsam und zögernd, um vielleicht noch einige Minuten zu gewinnen, sich seiner Fußbekleidung entledigte.
»Die Hunde! Die Dämonen!« sagte Fabian. Aber Bois-Rosé legte die Hand auf seinen Mund. »Still!« sagte er. »Nimm diesem Unglücklichen nicht, indem du dich zu früh zeigst, die letzte Aussicht, sein Leben zu retten; nämlich unseren Schutz im Bereich unserer Büchsen.«
Fabian begriff und schloß die Augen, um das schreckliche Schauspiel nicht zu sehen, das vor ihm aufgeführt werden sollte.
Endlich stand der Weiße zum zweitenmal aufrecht; die Indianer hatten den Fuß vorgestreckt und verschlangen ihn mit ihren Blicken. Der Schwarze Falke klatschte in die Hände.
Man könnte das Geheul, das auf dieses Signal folgte, nur mit dem Brüllen einer Schar Jaguare vergleichen, die auf eine Herde Damwild Jagd machen. Der unglückliche Gefangene schien die Füße des Hirsches zu haben, aber seine Verfolger setzten ihm wie jagende Tiger nach. Infolge des Vorsprungs, den er erhalten hatte, durcheilte der Gefangene wohlbehalten einen Teil der Entfernung, die ihn vom Ufer des Flusses trennte. Aber die Kieselsteine zerrissen seine Füße, und die scharfen Spitzen der Nopals, von denen sie durchbohrt wurden, ließen ihn bald hin und her schwanken.
Nichtsdestoweniger hatte er immer noch einigen Vorsprung, als einer der Indianer einen Sprung bis zu ihm machte und einen wütenden Stoß mit der Lanze auf den Läufer richtete. Die Waffe fuhr zwischen Arm und Leib hindurch; der Indianer verlor durch die Kraft seines verfehlten Stoßes das Gleichgewicht und stürzte unsanft in den Sand.
Gayferos – man erinnert sich, daß sein Name so lautete – schien einen Augenblick ungewiß zu sein, ob er die der Hand des gefallenen Indianers entschlüpfte Lanze aufraffen solle oder nicht. Dann ließ der Instinkt der Selbsterhaltung ihn seinen Lauf wieder fortsetzen. Dieses Zögern war ihm verderblich.
Die drei Jäger verfolgten, die Büchse im Anschlag, mit ängstlichen Augen die verschiedenen Aussichten auf den Erfolg des Kampfes eines einzelnen gegen zwanzig Feinde. Plötzlich blitzte mitten in der Staubwolke, die sich bei diesem verzweifelten Rennen erhoben hatte, eine Streitaxt über dem Haupt des unglücklichen Gayferos, der nun seinerseits zu Boden stürzte und durch seinen Fall beinahe bis ans Ufer geschleudert wurde.
Der Kanadier wollte Feuer geben; nur die Furcht allein, den zu töten, den er verteidigen wollte, hielt seinen Finger am Drücker fest. Einen Augenblick – einen einzigen Augenblick – öffnete der Wind die Staubwolke. Bois-Rosé gab Feuer – aber es war zu spät; der Indianer, den die Kugel des Jägers niederstreckte, schwang in der Hand den blutigen Skalp des unglücklichen Gefangenen, der verstümmelt am Ufer lag.
Auf diesen unerwarteten Schuß, dem ein vom Kanadier und vom Spanier zu gleicher Zeit ausgestoßener Kriegsruf folgte, antwortete das Geheul sämtlicher Indianer. Die Apachen zogen sich von dem zurück, der nur noch ein Leichnam zu sein schien. Bald
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