Der Waldläufer
kommen. Dieser näherte sich. Der Häuptling zeigte ihm das Eiland mit dem Finger und bezeichnete ihm den Raum zwischen zwei Schilfbüscheln.
»Wird die Büchse des Bleichgesichts« – es war dies bei dem Indianer keine Anspielung auf die bleifarbige Blässe, die die Stirn des Unglücklichen bedeckte, sondern es ist eine gewöhnliche Bezeichnung der Hautfarbe der Weißen– »wohl eine Kugel in den Zwischenraum senden können, der jenes lange Schilf dort unten voneinander trennt?«
Aber der Gefangene hatte nur wenig von dem Spanischen verstanden, das dem indianischen Dialekt beigemischt war, und blieb stumm und zitternd stehen. Darauf sagte der Schwarze Falke einige Worte zu einem seiner Krieger, der dem Weißen die Büchse zurückgab, die man ihm genommen hatte; dann machte er endlich durch Gebärden dem Gefangenen begreiflich, was er von ihm verlangte. Der unglückliche Goldsucher zielte; aber der Schrecken ließ seine Glieder zittern, und seine Büchse schwankte in seiner Hand von der rechten zur linken Seite, von oben nach unten.
»Der arme Junge wird nicht einmal die Insel treffen«, sagte Pepe sorglos; »und wenn der Indianer kein besseres Mittel hat, uns zum Sprechen zu bringen, so will ich sicherlich bis morgen kein Wort reden.«
Der Weiße gab Feuer, und wirklich schlug die Kugel, die von seinen zitternden Händen abgesandt war, pfeifend einige Zoll diesseits der Insel ins Wasser.
Der Schwarze Falke machte eine Gebärde der Verachtung; dann wandte er sich um und ließ sein Auge rings umherschweifen.
»Jawohl!« sagte Pepe. »Suche nur Pulver und Kugeln unter den Lanzen und Lassos deiner Krieger!«
Als der gewesene Grenzjäger diesen tröstlichen Gedanken ausgesprochen hatte, kehrten die fünf Reiter, die sich auf Befehl des Häuptlings entfernt hatten, auf ihren wieder gesattelten Pferden zurück, selbst für den Kampf von Kopf bis zu den Füßen bewaffnet, mit Büchsen oder Köchern, die von Pfeilen strotzten. Sie hatten nur ihre Waffen wieder geholt, die sie abgelegt hatten, um ungehindert die wilden Pferde zu jagen. Fünf andere Krieger entfernten sich ihrerseits.
»Das verschlimmert sich«, sagte Bois-Rosé traurig. »Ob wir sie angreifen, solange ihrer nicht mehr als fünfzehn sind?« fragte Pepe. »Nein«, erwiderte der Kanadier, »bleiben wir stumm und still; der Indianer zweifelt noch, ob wir hier sind oder nicht.«
»Wie du willst!« Und Pepe blickte wieder durch den Raum zwischen den Baumstämmen.
Der Indianerhäuptling hatte selbst seine Büchse genommen und näherte sich abermals dem Ufer. »Die Hand des Schwarzen Falken zittert nicht wie das dürre Gras vor dem Wind«, sagte der Indianer, der seine Büchse hob und sie mit dem Lauf gerade nach der Insel in seinen kräftigen Händen festhielt. »Aber ehe er Feuer gibt«, fuhr er fort, »wird der Indianer die Antwort der auf dem Eiland verborgenen Weißen erwarten; er wird bis hundert zählen!«
»Leg dich hinter mich, Fabian«, sagte Bois-Rosé.
»Ich bleibe hier!« sagte Fabian mit entschlossener Miene. »Ich bin viel jünger, und mir kommt es zu, mich für dich der Gefahr auszusetzen.«
»Mein Kind«, sagte der Kanadier, »siehst du denn nicht, daß mein Körper in allen Punkten den deinigen überragt? Das hieße also den Kugeln der Indianer ein doppeltes Ziel darbieten!« Ohne auch nur einen einzigen von den Schilfstengeln, die die grüne Einfassung rings um die Insel bildeten, erzittern zu lassen, kam der Kanadier herbei und kniete vor Fabian nieder.
»Laßt alles mit Euch machen, Fabian«, sagte Pepe ruhig. »Niemals hat ein Mann einen besseren Schild gehabt als das Herz dieses Riesen, das nur um Euretwillen vor Furcht klopft.«
Der Häuptling lauschte zählend, die Büchse im Anschlag; aber nur das Wasser murmelte leise, indem es das Schilf vor seinen Füßen niederbog; nur ein warmer Lufthauch wehte über den Fluß – sonst herrschte überall tiefes Schweigen nah und fern.
Der Schwarze Falke gab Feuer, und Rohrstücke flogen in die Luft; aber die drei Jäger lagen einer hinter dem anderen auf den Knien, ohne ein breites Ziel darzubieten; die Kugel fuhr also pfeifend an ihnen vorüber.
Der Schwarze Falke ließ noch eine Minute vergehen, dann rief er wieder mit lauter Stimme: »Der Indianer hat sich getäuscht; er sieht seinen Irrtum ein und wird die weißen Krieger anderswo suchen.«
»Glaube das und trink Wasser dazu!« sagte Pepe. »Der Hund ist seiner Sache sicherer als je. Der Versucher wird uns endlich einige ruhige
Weitere Kostenlose Bücher