Der Waldläufer
Freunde und Verbündeten zu sein!«
»Aha«, sagte der Kanadier leise zu Pepe; »zu welcher Verräterei mag uns der Indianer wohl gebrauchen wollen?«
»Lassen wir es ihn sagen, und wir werden es erfahren«, antwortete Pepe; »er ist noch nicht zu Ende, oder ich müßte mich sehr täuschen.«
»Wenn die weißen Krieger die Absichten des Schwarzen Falken kennenlernen wollen, so mögen sie aus ihrem Versteck hervorkommen!« fuhr der Apachenhäuptling fort. »Sie werden sie kennenlernen: Die weißen Männer aus dem Norden sind die Feinde derer aus dem Süden; ihre Sprache, ihr Gott sind nicht dieselben. Die Apachen halten in ihren Krallen ein ganzes Lager von Kriegern aus dem Süden.«
»Die Goldsucher werden einen schlechten Augenblick haben«, sagte Bois-Rosé.
»Wenn die Krieger aus dem Norden ihre langen Büchsen mit gezogenem Lauf mit denen der Indianer vereinigen wollen, so sollen sie mit diesen die Skalpe, die Schätze, die Pferde der Männer aus dem Süden teilen; und die Indianer und die Weißen werden um die Leichname ihrer Feinde tanzen.«
Bois-Rosé und Pepe sahen sich mit Erstaunen an. Auch Fabian wußte durch ihre Übersetzung, daß man ihnen ein Bündnis vorschlug, das ihr Gewissen zurückwies; und ihre leuchtenden Augen, der verächtliche Ausdruck ihrer Züge bewiesen, daß die drei edelmütigen Männer in diesem Punkt ganz einer Ansicht waren: nämlich lieber zu sterben als den Indianern zu einem Triumph selbst über ihre Todfeinde zu verhelfen.
»Hört ihr den Ungläubigen?« sagte Bois-Rosé, den seine Entrüstung fortriß, mit einem in der indianischen Sprache gebräuchlichen Bild. »Er hält Jaguare für Schakale. Ach, wenn Fabian nicht hier wäre«, schloß er ganz leise, »so würde die Kugel aus einem guten gezogenen Lauf meine Antwort überbringen.«
Unterdessen verlor der Indianer keineswegs die Überzeugung von der Gegenwart der Jäger auf der Insel; er fing indessen an, die Geduld zu verlieren, denn die Befehle der Häuptlinge im Kriegs rat waren entscheidend. Diese Befehle lauteten, die Weißen anzugreifen; aber wir haben schon gesagt, daß der indianische Diplomat sich seine eigene Politik gemacht hatte, die er zur Geltung bringen wollte. Er wußte, daß die Kugel eines Amerikaners oder eines Kanadiers niemals ihr Ziel verfehlt; und wie groß auch die Anzahl der Mexikaner sein mochte – die Verbündeten aus dem Norden schienen ihm nicht verschmäht werden zu müssen. Er hatte also versucht, sie für seine Sache zu gewinnen.
»Der Büffel der Steppe«, begann er abermals, »ist nicht leichter zu verfolgen als die Spur eines Weißen. Die Fährte des Büffels sagt dem Indianer, wie alt er ist; ob er fett oder mager ist; wohin er seinen Lauf richtet und sogar, wann er vorbeigezogen ist. Es befindet sich also hinter dem Schilf der schwimmenden Wiege ein Mann, stark wie ein Bison und größer als die längste Büchse; bei ihm sind ein Krieger von einer Rasse, die aus dem Süden und dem Norden gemischt ist, und ein junger Krieger aus der reinen Rasse des Südens. Aber das Bündnis der beiden letzteren mit dem ersteren beweist, daß sie Feinde der Weißen aus dem Süden sind; denn die Schwachen suchen die Freundschaft der Starken, und deren Streitsache ist immer die ihrige.«
»Der Scharfsinn dieser Hunde ist bewunderungswürdig«, sagte Bois-Rosé zu Pepe.
»Das denkst du, weil sie dir schmeicheln«, erwiderte der frühere Grenzsoldat, dessen Eigenliebe etwas verletzt schien.
»Ich warte auf die Antwort der Weißen!« begann der Schwarze Falke wieder. Und er lauschte. »Ich höre nur«, fuhr er fort, »das Rauschen des Stromes, das Wehen des Windes, der mir sagt: Die Weißen bilden sich tausend Irrtümer ein; sie glauben, daß der Indianer seine Augen hinten im Nacken habe, daß die Spur des Bisons unsichtbar ist, daß Schilfbüsche undurchdringlich für die Kugeln sind. Der Schwarze Falke spottet über die Antwort des Windes.«
»Aha«, sagte Pepe, »der Indianer spricht seine wahre Sprache; es war gar nicht so abgeschmackt, Verbündete, wie wir sind, aufzusuchen.«
»Ach«, sagte der Kanadier, »wären wir doch zwei Meilen weiter oben in den Fluß gestiegen!«
»Ein verschmähter Freund«, fuhr der indianische Häuptling spruchreich fort, »wird ein schrecklicher Feind.« »Wir sagen etwas Ähnliches bei uns«, fügte Pepe mit leiser Stimme hinzu:
»Ni pastel recalentado, Ni amigo reconciliado.«
Zu gleicher Zeit machte der Schwarze Falke dem Gefangenen ein Zeichen, zu ihm zu
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