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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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wilden Häuptling in dem Augenblick, wo er die Augen wieder öffnete, daß auch seine Begleiter das Verschwinden der schwimmenden Insel eben bemerkt hatten.
    »Wir werden die Spuren der Flüchtlinge suchen«, sagte der Läufer, »dann wird der Schwarze Falke auch die Stimme der Vernunft hören; seine Ohren werden nicht mehr taub sein.«
    Die am anderen Ufer postierten Apachenkrieger erhielten den Befehl, sich um ihren Häuptling zu sammeln, und als sie alle – etwa dreißig an der Zahl – beisammen waren, half man dem verwundeten Indianer auf sein Pferd. Der Bote, der zu Fuß gekommen war, da er bei dem Angriff sein Pferd verloren hatte, stieg hinter dem Schwarzen Falken auf, um ihn im Sattel zu halten.
    Der wilde Reiterzug folgte nun dem Lauf des Flusses. Nachdem der erste Augenblick der Überraschung vorüber war, wurden die Indianer zu der Annahme gezwungen, daß die schwimmende Insel von ihrem Grund losgerissen worden sein müsse, und sie hofften sie nicht weit vom Punkt ihrer Abfahrt gestrandet wiederzufinden.
    Aber die Indianer marschierten lange Zeit, ohne irgendeine Spur von denen zu bemerken, die sie suchten. Es ist wahr, daß einer von ihnen ein Freudengeschrei beim Anblick der Spuren der Flüchtlinge ausstieß, die sich an der Stelle zeigten, wo sie den steilen Uferrand betreten hatten – die Vorsichtsmaßnahmen Bois-Rosés hatten sie den Augen der Apachen nicht verbergen können –, aber die Sorgfalt, mit der er die Holzblöcke des Floßes zerstreut hatte, um es ganz und gar zu vernichten, täuschte die Krieger. Das Wasser hatte das Gras, die Zweige und die Wurzeln schon weit mit fortgenommen, und die Indianer bemerkten, so weit sie sehen konnten, nichts, was die bekannte Gestalt der Insel an sich getragen hätte. Die dem Ufer eingedrückten Spuren führten nur einige Schritte weit; es war also klar, daß die Flüchtlinge ihre Fahrt noch weit darüber hinaus fortgesetzt und den Vorteil eines Vorsprungs hatten, den man ihnen nur ohne Erfolg streitig machen konnte.
    Trotz seiner Erbitterung bei diesem neuen Beweis, daß es nicht in seiner Macht lag, die drei Jäger, die Gegenstände seines Hasses, zu erreichen, hatte der Schwarze Falke doch Zeit gehabt, die Herrschaft über sein Gesicht wiederzugewinnen. Es blieb also unbewegt. Die in ihm erregte Blutgier war nicht erstickt, aber da die Flüchtlinge doch einmal verschwunden waren, so führte sie ihm ein anderes Ziel zur Verfolgung vor die Augen. Er fügte sich mit Anstrengung der Notwendigkeit, seine Rache aufzuschieben, und ließ seinem ungestümen Ehrgeiz freien Spielraum.
    Zum zweitenmal fühlte er das Bedürfnis, sich in den Augen des Abgesandten zu rechtfertigen. Der verschlagene Indianer stieß einen Seufzer der Erleichterung aus wie ein Mann, der einen schrecklichen Traum gehabt hat, in dem Augenblick, wo er die Augen öffnet. Nachdem er einen Blick getäuschten Hasses auf den Fluß geworfen hatte, streckte er den Hals nach der entgegengesetzten Seite hin und blieb unbeweglich.
    »Was hört der Häuptling, dessen Gehör so fein ist?« fragte der Läufer.
    »Der Schwarze Falke hört das Schweigen; die Stimme des Blutes braust nicht mehr in seinen Ohren.«
    »Ist das alles, was er hört?« fuhr der Abgesandte fort.
    Der indianische Häuptling setzte seine diplomatische Posse fort. Er antwortete nicht, aber sein Gesicht bekam einen freudigen Ausdruck, als ob eine ferne Melodie an sein Ohr summte. »Meine Ohren«, fuhr er fort, »sind nicht mehr taub. Die Hand des Bösen Geistes liegt nicht mehr auf ihnen. Ich höre die Stimme der Krieger, die mich rufen, um die Ehre meines Stammes zu rächen; ich höre das Knistern des Beratungsfeuers. Der Gute Geist, der Beschützer der Apachenstämme, habe Dank. Brechen wir auf!« Der Indianer lenkte sein Pferd nach der Gegend, wo nach dem Bericht des Läufers die versammelten Krieger seine Antwort erwarteten.
    Die Sonne ergoß Fluten von Licht über die Steppe, als der Schwarze Falke und sein Reitertrupp zu der Oase von Gummibäumen kamen, wo wir die Indianer bei ihrer Beratung am vorigen Tag gesehen haben. Sie hatten nach der Niederlage, die sie erlitten hatten, und nach der nächtlichen Verfolgung, deren Gegenstand sie gewesen waren, das Beratungsfeuer an derselben Stelle wieder angezündet. Beim Anblick des gefürchteten Häuptlings, auf dessen Rückkehr man so lebhaft gewartet hatte, brach ein Freudengeschrei von allen Seiten aus.
    Der ehrgeizige Indianer nahm den Zuruf mit Würde wie eine Huldigung auf, die

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