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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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Steppe. Der Bandit fühlte sich sicher und ließ einen Augenblick die frische Morgenluft seine schweißtriefende Stirn kühlen.
    »Ich bin allein, ganz allein!« sagte er. »Dieses Vieh, das ich so gut geführt habe, schlägt sich dort unten, damit ich mit Bequemlichkeit dem Sand einen Teil jenes Goldes nehmen kann, das er verhüllt, aber nicht verbirgt. Wer wird mich jetzt daran hindern, wenn der Tag anbricht, soviel davon zusammenzuraffen, als ich tragen kann, ohne mein Geheimnis zu verraten? Diesmal wird es nicht so sein wie mit Arellanos; ich werde nicht wieder vor den Indianern zu fliehen brauchen; ich habe ihnen ihre Beute überliefert, um sie aus meinem Weg zu entfernen. Nachher werde ich abermals mit denjenigen von meinen Gefährten zurückkommen, die den Lanzen der Apachen entgangen sind! Wie viele werden wohl noch übrigbleiben, um mit mir zu teilen? Oh, der Gedanke an diese Schätze macht das Blut in meinen Adern zu Feuer. Ist es nicht dieses Gold, das bald mir gehören wird, das allein hier auf Erden Ruhm, Vergnügen und alle Güter dieser Welt gibt und dessen Macht sich nach den Worten unserer Priester noch bis übers Grab ausdehnt?«
    Ein glänzendes Luftgebilde ging an den Augen des Banditen vorüber; er spornte abermals sein Pferd an und flog wieder vorwärts nach dem Val d'Or.
    Während Cuchillo, trunken von der Hoffnung auf eine reiche Beute, blindlings dahinstürmte, wohin sein Geschick ihn rief; während er selbst dem Einfluß gehorchte, der ihn nach jenen düsteren Einöden trieb, näherten sich ihrerseits die vier Reiter, die schweigend das mexikanische Lager verlassen hatten: Don Estévan, Pedro Diaz, Oroche und Baraja. Von allen Abenteurern, die unter seinen Befehlen standen, waren sie diejenigen, denen der Chef am sichersten sich anvertrauen zu können glaubte.
    Obgleich die Nebelberge nicht weiter als sechs Meilen vom Lager entfernt waren, so hatte doch Arechiza, da er nicht wußte, wieviel Zeit zu seiner Expedition nötig sein würde, den Befehl hinterlassen, seine Rückkehr im Schutz der Wagenburg abzuwarten. Dann war er, wie wir schon erwähnt haben, unter dem Vorwand weggeritten, eine Rekognoszierung in der Umgegend vorzunehmen, ohne jedoch die Abenteurer ahnen zu lassen, daß sie nahe dem Ziel wären, auf das sie losgingen.
    Oroche und Baraja allein kannten den wirklichen Grund dieser nächtlichen Expedition und folgten in einiger Entfernung Don Estévan und Diaz, die voranritten. Die beiden Freunde ritten durch die Nacht mit einem vor Begier klopfenden Herzen; bald setzten sie nun ihre Füße auf die reichste Mine, die jemals das Auge eines Goldsuchers geblendet hat, und brannten vor Verlangen, Cuchillo den Weg dahin abzuschneiden.
    Zwei Stunden ritten sie ebenso rasch wie der, den sie verfolgten – aber ohne Resultat. Cuchillo hatte einen ebenso großen Vorsprung und blieb unsichtbar für seine Verfolger in den unermeßlichen Ebenen, wo in der Dunkelheit seine Spuren selbst dem Auge eines Indianers entgangen wären.
    Mehr als einmal war Don Estévan auf dem Punkt, auf eine nutzlose Verfolgung zu verzichten und das Verschwinden Cuchillos irgendeinem anderen Grund als dem Verrat zuzuschreiben.
    »Es ist nicht daran zu zweifeln, daß der Taugenichts den Angriff der Indianer benützt hat, um nach dem Val d'Or zu fliehen und vorher erst von den Schätzen, die er an uns verhandelt hat, einen Zehnten zu erheben, der in unseren Händen vielleicht hinreichen würde, um die Majorität im Kongreß von Arizpe zu erkaufen; es ist doch gut, einer solchen Plünderung vorzubeugen«, sagte Pedro Diaz.
    »Das ist es nicht, was ich am meisten fürchte«, antwortete Don Estévan lächelnd. »Wenn Cuchillo die Größe des Schatzes, den er mir verkaufte, nicht übertrieben hat, so müßte der Senat von Arizpe beinahe einzig in der Welt dastehen, wenn uns nicht noch Gold genug übrigbliebe, ihn mehrmals zu bestechen. Aber ich weiß nicht, welche unbestimmte Furcht, noch im Hafen zu scheitern, mich plötzlich so nahe dem erstrebten Ziel durchbebt, um dessentwillen ich die Steppe durchzogen und eine von allen beneidete Stellung aufgegeben habe, um den Gefahren einer Expedition, wie die unsere ist, zu trotzen. Die Steppe ist wie das Meer reich an Piraten aller Art, und Cuchillos Herz ist reich an Verrätereien: es kommt mir vor, als ob dieser Bandit mein Verderben sein wird.« Und Don Antonio setzte schweigend seinen Weg fort.
    Nicht so war es mit den beiden Reitern, die ihm folgten. Ihren Augen kam es vor,

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