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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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als ob ein goldener Nebel über der goldreichen Stelle schwebte, auf die sie zuritten.
    »Wenn Cuchillo nicht der größte Taugenichts ist, dem ich jemals begegnet bin«, sagte Baraja zu seinem Gefährten, »so will ich mein ganzes Leben hindurch einen Mantel wie den Euren tragen! Und doch verzeihe ich ihm von Herzen die Treulosigkeit, deren Opfer wir beinahe geworden wären, da er es ist, dem ich es verdanken werde, den Fuß einmal auf eine jener Goldminen gesetzt zu haben, von denen ich schon soviel habe reden hören und an deren Reichtum – ich muß es gestehen – Euer kläglicher Mantel mich oft hatte zweifeln lassen.«
    In dem Augenblick, als der Gambusino mit den langen Haaren etwas bitter diese Anspielung auf das namenlose Kleidungsstück rügen wollte, das seine Freunde nur aus Höflichkeit einen Mantel zu nennen beliebten, hielt Don Estévan an, während Diaz vom Pferd stieg. Der Abenteurer beugte sich nieder, um aus dem Sand einen schwarzen Gegenstand von zweifelhafter Form aufzuheben. Es war eine Art kleiner, lederner Reisetasche, die als Cuchillos Eigentum erkannt wurde. »Hier, Señor, das beweist, daß wir ihm gewiß auf der Spur sind«, sagte Diaz. »Der anbrechende Tag wird uns bald die Gegenwart eines Verräters zeigen ...«
    »Und das soll seine letzte Verräterei sein, das schwöre ich!« fügte Don Estévan hinzu.
    In der Tat fanden sich beim Aufgang der Sonne – und dieser war nicht mehr fern – die Hauptpersonen dieses Dramas zur bestimmten Zeit ein, um in dem unzugänglichsten Teil dieser Einöden, umgeben von einer ebenso seltsamen wie großartigen Natur, zusammenzutreffen. Der Finger Gottes hatte sie ohne ihr Wissen hierher geführt.

38 Der Parlamentär
    Seit einiger Zeit schon hatten die vier Flüchtlinge das Ufer bestiegen, wo sie die Insel, die sie hierhergebracht hatte, zertrümmerten, als der Abgesandte der Apachenhäuptlinge, der dem Schwarzen Falken den Oberbefehl anbieten sollte, die Augen dem Licht des Morgens öffnete. Einige Stunden Schlaf waren hinreichend gewesen, seine ermüdeten Glieder wieder zu kräftigen; der Steppenkrieger auf seinem harten Lager bedarf keiner langen Ruhe. Der Häuptling war immer noch regungslos und erschien im Licht des Feuers, das nach und nach erlosch, ebenso düster und unversöhnlich wie am vergangenen Tag.
    »Die Vögel fangen an zu singen«, sagte der Läufer in der poetischen Bildersprache, die die Indianer mit den Orientalen, von denen sie auch abzustammen scheinen, gemeinsam haben; »der Nebel entflieht vor der Sonne. Hat die Nacht dem Häuptling einen Rat erteilt, der günstig für den Stamm lautet, der seiner Ankunft wartet?«
    »Die Nacht spricht gar viel zu dem, der nicht schläft«, erwiderte der Häuptling, »und die ganze Nacht hindurch hat der Schwarze Falke die Seufzer seiner Schlachtopfer gehört; er hat das Grollen des Hungers in ihrem Innern vernommen, er hat allen Stimmen seiner Gedanken gelauscht, aber die Bitten der Krieger seiner Nation hat er nicht gehört.«
    »Gut! Der Bote wird denen, die ihn schicken, treu die Worte überbringen, die er gehört hat.«
    Der Läufer schickte sich an, aufzubrechen, und zog den ledernen Gurt um seine Hüften enger zusammen, als der Häuptling ihn bat, ihm aufstehen zu helfen. Der Apache gehorchte. Nicht ohne Anstrengung richtete sich der Schwarze Falke empor, unterdrückte den stechenden Schmerz, den ihm die Bewegung in seiner zerschmetterten Schulter verursachte, und stützte sich auf den Arm des Läufers.
    »Es ist gut«, sagte der Häuptling, »wenn wir erst die Posten befragen, die in der Nacht die Wache gehabt haben.« Und der Schwarze Falke wandte sich, begleitet und unterstützt von dem Indianer, mit langsamem, aber ziemlich festem Schritt nach den verschiedenen noch brennenden Feuern.
    Andere Wachen hatten die Stelle der ersten eingenommen, die nun ebenfalls auf ihrer Büffelhaut schliefen. Nur der Schwarze Falke allein von allen seinen Kriegern hatte die Augen nicht geschlossen. Die Späher waren auf ihren Posten unbeweglich wie eherne Statuen.
    Der erste wurde über die Vorfälle der Nacht befragt und antwortete: »Der Nebel ist nicht schweigsamer als der Fluß; die weißen Krieger, die dem Feuer entgangen sind, hätten nicht schwimmend entfliehen können, sofern sie nicht stumm und still wie die Fische unter dem Wasser gewesen sind.«
    Alle anderen antworteten in demselben Sinn.
    »Gut«, sagte der Häuptling, dessen Augen vor wilder Freude funkelten. Dann wandte er sich an den

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