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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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seinigen; sein Körper ist biegsam wie der Bambus, aber stark wie der Stamm eines Eisenbaums.«
    »Was ist das für ein Krieger?« fragte Gomez, um Zeit zu gewinnen und seiner Bestürzung Herr zu werden.
    »Dieser Häuptling ist derjenige, der gestern abend hier« – der Läufer zeigte auf die Stelle, wo der Indianer unter Diaz' Lanze gefallen war – »die Pantherkatze getötet hat. Sein Name ist Pedro Diaz; unsere Kinder haben ihn zuweilen zitternd ausgesprochen.«
    Was sollte der arme Gomez tun, zerschmettert von dem Gewicht der von dem Indianer so trefflich gezeichneten Porträts? Sich bestürzt unter den Zauber beugen, dem er unterlag, und aus Furcht, eine friedliche Verhandlung in Abwesenheit Don Estévans abzubrechen? Das Zugeständnis machen, daß der verräterische Läufer die Wahrheit gesprochen hatte? Er tat es. Er hätte aber dennoch die ganze Unterredung fallenlassen, wenn er den flammenden Blick, den die beiden Wilden miteinander wechselten, bemerkt hätte. Der Schwarze Falke ließ plötzlich unter seinen Augenwimpern den Ausdruck wilder Freude verschwinden, den er nur die Antilope hatte sehen lassen; dann richtete er seine ernsten Augen wieder auf Gomez. »Warum maßt du dir einen Titel an«, fuhr er fort, »der doch nicht der deinige ist? Nur an den Häuptling mit der doppelläufigen Büchse und an den Häuptling mit dem Körper aus Eisenholz will ich meine Friedensworte richten. Wo sind sie beide?«
    »Sie haben sich beide mit einer Abteilung der Unsrigen entfernt, um Bisons zu jagen und unseren Soldaten Nahrungsmittel zu verschaffen«, antwortete Gomez mit ziemlich viel Geistesgegenwart; aber er hatte es mit zu starken Gegnern zu tun.
    »Die Antilope und der Schwarze Falke werden ihre Rückkehr abwarten!« erwiderte der Indianer entschlossen. »Bis dahin wird der Mund der beiden Krieger stumm sein.«
    Wirklich schlossen die Indianer verächtlich die Augen, zogen ihre Büffelmäntel über die Schultern und schienen sich um die Gegenwart ihres Wirtes nicht mehr zu kümmern.
    Dieser Entschluß – so beleidigend er auch für die Eigenliebe des angeblichen Chefs war – machte wenigstens seiner Bestürzung ein Ende. Das Gewicht des Kommandos schien ihm zu drückend, seine improvisierte Rolle zu schwer zu spielen, daß er sich nicht erleichtert gefühlt hätte, als er sich bis zu Don Estévans und Diaz' Rückkehr, die nach seiner Meinung bald erfolgen mußte, davon befreit sah.
    »Meine Brüder dort unten werden ungeduldig«, sagte Gomez, »die Worte der indianischen Häuptlinge kennenzulernen; ich will sie damit bekanntmachen.«
    »Geh«, antwortete der Schwarze Falke.
    Gomez ließ sich nicht lange bitten und stieg die Anhöhe wie ein Schüler hinab, der endlich eine unangenehme Arbeit vollendet hat. Er erzählte die Einzelheiten seiner Unterhaltung, vergaß aber gewisse Punkte, die wenig schmeichelhaft für seinen Stolz waren, und stellte es als einen unschätzbaren Vorteil dar, den man einzig und allein seiner Festigkeit und Schlauheit verdanke, daß die Häuptlinge dahin gebracht worden waren, die Rückkehr Don Estévans abzuwarten.
    Die Zeit verfloß, und er kam nicht.
    Während dieser Zeit fand eine sehr lebhafte Unterhaltung mit leiser Stimme zwischen den beiden Indianern statt, die in dem Zelt Arechizas zurückgeblieben waren. Der Schwarze Falke hatte, seitdem er die Überzeugung gewonnen hatte, daß der wirkliche Führer abwesend und Gomez nur ein bleiches, trauriges Schattenbild von ihm sei, einen kühnen Plan entworfen und nahm für sich allein alle Gefahr von dessen Ausführung in Anspruch. Antilope widersetzte sich und wollte selbst alle Gefahren bestehen.
    Dieser Plan war folgender: Irgendein Grund – ein Zufall, eine zu lange dauernde Jagd – konnte die beiden Führer länger vom Lager entfernt halten, als sie selbst dachten. Man konnte eine Abteilung Indianer in einen Hinterhalt legen, um sie bei ihrer Rückkehr anzugreifen. Wenn diese Abwesenheit bis in die Nacht hinein dauerte, so sollten die Apachen, vom Läufer geführt, die durch die Entfernung ihrer Führer entmutigten Weißen überfallen. Die Aussicht auf deren Niederlage war ziemlich sicher, und der Schwarze Falke machte außerdem noch den Vorschlag, als Parlamentär und Geisel zurückzubleiben, um ihre Wachsamkeit einzuschläfern. Durch einen Angriff unter so unglücklichen Verhältnissen waren die Mexikaner ihrer Gnade, der Gnade der Indianer, preisgegeben. Freilich mußte die Geisel, die sie durch ihre Gegenwart mit

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