Der Waldläufer
ist ein Entschluß, den Ihr einst bereuen könnt«, sagte Pepe zu dem jungen Mann, den der Kanadier eben sanft auf die Erde gesetzt hatte, noch ganz benommen von der rauhen Umarmung; »bedenkt das wohl, während es noch Zeit ist!«
»Ich habe reiflich darüber nachgedacht! Was soll ich in einer Welt tun, die ich nicht kenne?« antwortete Fabian. »Ich habe einen Augenblick nach Reichtümern und Ehren gestrebt – nicht für mich, sondern um sie mit jemand zu teilen. Noch vor wenigen Tagen hoffte ich; heute hoffe ich nicht mehr, und ich würde erröten, nur meiner neuen Stellung das verdanken zu müssen, was ›sie‹ dem verweigert hat, der ihr damals nur eine glühende Liebe zu bieten hatte.«
Bois-Rosé und Fabian waren in Gedanken versunken und achteten nicht darauf, daß der frühere Grenzjäger, nachdem er einige Augenblicke hinter dem Stamm der beiden Tannen, die auf der Plattform wuchsen, gesessen hatte, mit langsamen Schritten in die Ebene hinabgestiegen war, indem er einem jener plötzlichen Antriebe zu gehorchen schien, auf die man hört, ohne sich Rechenschaft davon zu geben; deren Resultate jedoch zuweilen einen so mächtigen Einfluß auf das Leben eines Menschen haben. Der Mond wollte eben untergehen, und warf seine letzten zauberischen Strahlen auf das Val d'Or, als Pepe sich leise durch die Hecke von Baumwollstauden und Weiden hindurchwand.
Der Grenzjäger betrachtete einige Augenblicke lang mit schwermütiger Aufmerksamkeit den regenbogenfarbigen Schein, den die Goldkiesel, deren erster Anblick für ihn die Quelle so schrecklicher Gedanken gewesen war, ausstrahlten. Pepe konnte sich immer noch nicht solche Gedanken verzeihen, obgleich er mit Recht stolz darauf sein konnte, sie gebändigt zu haben. »Wieviel auch Fabian von diesen Reichtümern mitnehmen mag«, sagte er zu sich, »es wird immer noch genug davon übrigbleiben, um viele Seelen ins Verderben zu stürzen, die weniger stark sind als die meinige. Da ich aber dieses Tal seiner Schätze nicht berauben kann, so will ich wenigstens deren Glanz denen verbergen, die der Zufall hierher führen wird. Der Reisende wird künftig an diesem Gold vorübergehen, ohne sein Dasein zu ahnen. Vielleicht verhüte ich dadurch viele Verbrechen; vielleicht rette ich viele Seelen vom Verderben.«
Mit diesen Worten stieß Pepe mit dem Fuß den Goldhaufen auseinander, den Cuchillo auf seine Zara zusammengetragen hatte, und als er verächtlich die Oberfläche des Tals geebnet hatte, warf er den Mantel des Banditen über die Hecke. Dann zog er sein Messer, schnitt einige Arme voll Gras, Lianen und Binsen ab und bedeckte damit sorgfältig den Schatz. Nichts verriet nun mehr dem Auge das Dasein des Goldes unter diesem grünen Schleier. Der geringste Widerschein davon war verschwunden, und als ob der Mond bedauert hätte, nicht mehr mit seinen Strahlen dieses Wunder des Schöpfers liebkosen zu können, so verschwand er in dem Augenblick, als Pepe seine Arbeit beendet hatte, ebenfalls hinter den Hügeln.
Pepe kehrte nach Beendigung dieses Werkes zurück und setzte sich schweigend hinter die Tannen auf der Plattform, wo der Kanadier und Fabian miteinander sprachen.
»Du wählst den rechten Weg, mein Kind«, sagte der alte Jäger. »Die Stirn, die Gott dem Menschen gegeben hat, um sie hoch zu tragen, soll sich weder über Bücher noch auf die Erde neigen; nicht einmal, um seinen Lebensunterhalt von dieser zu verlangen. Der Reichtum vertrocknet das Herz; der Aufenthalt in den Städten macht den Körper schwach und kränklich. Du gehörst auch zum Löwengeschlecht, Fabian; sein Reich ist in der Wüste. Ein wildes Pferd zu bändigen; an den Flüssen und Wasserfällen zu fischen; in den Wäldern und Ebenen, die weder Grenzen noch Herren haben, zu jagen; an List mit seinen Feinden zu wetteifern, sie durch Kraft zu bezwingen; dann des Abends träumend unter dem Gewölbe des Himmels beim Schein des Feuers, beim Glanz der Sterne, dem Rauschen des Windes und der Bäume, dem Murmeln des Wassers zu lauschen dieser ewigen Melodie, die die Natur dem Menschen singt und die man vor dem Geräusch der Städte nicht hören kann – das ist das Los, das Gott ihm bestimmt. O mein Sohn, ist dieses Los nicht des Abkömmlings der Mediana würdig?«
»Ihr hört es, Pepe!« rief der junge Mann. »Habt Ihr mir ein höheres Ziel vorzuschlagen?«
»Meiner Treu, nein!« sagte der Spanier. »Nicht einmal den Rang eines Capitans der königlichen Jäger, den ich früher so sehr beneidet
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