Der Waldläufer
nicht stehen bleiben? Falkenauge, der Comanche, will mit ihm sprechen!«
Auch dieser Zuruf brachte den Apachen nicht zur Gegenwehr. Sein Pferd konnte sich mit dem seines Verfolgers in keiner Weise messen, es war demselben nur noch um wenige Längen voraus.
»Der feige Molch ist der einzige Pferdedieb, der Falkenauge entkommen ist, aber auch er wird ihm seinen Skalp geben und dem Schwarzvogel nicht erzählen von der ›starken Eiche,‹ die der Hauch des Comanchen umgeworfen hat.«
Der Lasso pfiff durch die Luft und legte sich um den Hals des Apachen. Falkenauge nahm sein Pferd in die Zügel, riß es herum, und sofort flog der Verfolgte vom Pferde. Mit einem schnellen Sprunge stand der Comanche neben ihm und stieß ihm das Messer bis an das Heft in die Brust.
Dann faßte er das Haar des Getödteten mit der Linken und zog es scharf an – drei kurze, scharfe Schnitte, ein schneller, kräftiger Ruck – der Skalp war gelöst.
Nachdem er ihn vom Blute gereinigt hatte, hing er ihn an den Gürtel; dann stieg er wieder auf und lenkte sein Pferd nach rechts hinüber, um die verlassene Doppelspur wieder aufzusuchen. Hätte nicht El Mestizo dem Schwarzvogel Nachricht gebracht von dem Untergange der Schaar der »starken Eiche«, so wäre dem Häuptling wohl kaum eine Kunde über ihr Schicksal zu Ohren gekommen, denn auch der letzte dieser Schaar war jetzt, so nahe dem sicheren Ziele, unter der Hand Falkenauge’s gefallen.
Dieser fand die Spur bald wieder und folgte ihr bis zum Einbruch der Dunkelheit. Dann mußte er die Verfolgung aufgeben und ritt nach dem Flusse hinüber, um hier, wo das Pferd Futter und Tränke fand, das Nachtlager aufzuschlagen. Ein Feuer durfte er, so lange er sich im Gebiete des Feindes befand, nicht anbrennen.
Er hatte sich in die Satteldecke seines Pferdes gewickelt und ließ seine Gedanken zurückschweifen nach dem heimathlichen Wigwam, wo Mo-la wandelte, die er liebte und um derentwillen er das große Wagniß unternommen hatte, die Skalpe Schwarzvogels und der beiden Wüstenräuber aus der Apacheria zu holen.
Da vernahm er das Dröhnen ferner Schüsse. Er horchte auf. Die Art und Weise des Schalles überzeugte ihn, daß ein förmliches und jedenfalls sehr ernstes Gefecht stattfinde. Er sprang auf, sattelte sein Pferd und ritt dem Büchsendonner entgegen.
Das Gefecht währte nicht lange. Er näherte sich dem Schauplatze desselben, als es bereits sein Ende erreichte. Die Wagenburg war in Brand gesteckt worden und das Feuer erleuchtete weithin die Ebene. Dennoch aber beschloß er, möglichst genau zu rekognosziren. Er war überzeugt, daß die Apachen die Expedition der Bleichgesichter vernichtet hatten; ihr Thatendurst mußte dadurch erweckt werden, und vielleicht entschlossen sie sich schon heut im Siegesrausche zu einem Unternehmen, dessen Kenntniß ihm von Nutzen sein konnte. Er wußte, daß Mani Sangriente und El Mestizo bereits zu ihnen gestoßen sein mußten, denn die verfolgte Spur hatte gerade auf den Kampfplatz zugeführt, und dies war ein weiterer Grund für ihn, dieses Zusammentreffen möglichst zu belauschen oder wenigstens zu beobachten.
Zwischen zwei felsigen Bodenwellen, welche durch ihre gegeneinander geneigten, scharfen Seiten eine kleine Schlucht bildeten, pflockte er sein Pferd an und schritt dem Schauplatze des Blutvergießens zu.
In dem Bereiche des Feuerscheins angekommen, wußte er sich mit der den Indianern eigenen Gewandtheit selbst hier unsichtbar zu erhalten. Er vermied die hellen, über die Ebene hinflackernden Lichtstreifen und hielt sich in den dunkeln Schatten, welche die Gestalten und Umrisse der brennenden Gegenstände in huschenden Wolken auf die Steppe zeichneten.
Er sah Baraja am Baume stehen und El Mestizo mit dem Häuptlinge verhandeln. Wo war Mani Sangriente? Er sah dann den Mestizen mit den zwölf Indianern abziehen und folgte ihnen so weit nach, bis er sich über ihre Richtung im Klaren war. Hierbei hatte er auch den Vater des Mestizen bemerkt und sich so weit in die Nähe der Apachen geschlichen, daß einige ihrer Worte in sein Ohr gedrungen waren, die ihm sagten, daß sie nach den Nebelbergen wollten, um drei weiße Jäger zu überfallen.
Wer waren diese Bleichgesichter? Es konnten nur Feinde der Apachen und also Freunde der Comanche sein. Waren es vielleicht gar die drei berühmten Bleichgesichter, von denen Encinas während des Rittes von Tubac nach der Savanne gesprochen hatte? Er hätte sie gern gewarnt, aber er kannte die Nebelberge nicht und
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