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Der Waldläufer

Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Entbehrung gewachsen, virtuose Reiter, wohlgeübt in jeder Art von Waffe, und im Kampfe mit dem Feinde ebensowohl zum größesten Opfer als auch zur kühnsten Kraftentfaltung bereit, sind sie Gegner, die man sich furchtbarer gar nicht zu denken vermag, und die verschwiegenen Urwälder, die unermeßlichen Savannen sind Zeugen von Heldenthaten, wie sie unsere moderne europäische Kriegführung nicht aufzuweisen vermag, und die an jene reckenhaften Kämpen erinnern, von denen uns die Sage berichtet, deren Worten wir Alten und Jungen mit fliegenden Pulsen lauschen.
    Also es war im Jahre 1830, als sich die Einwohnerschaft von Arispe in einer nicht geringen Aufregung befand. Man sprach von einer Expedition, die so zahlreiche Betheiligung finden und solche Hoffnung auf Erfolg bieten sollte, wie noch keine der vorhergehenden. Der Unternehmer war ein Fremder, ein Spanier, der erst vor kaum zwei Monaten angekommen war und den Namen Don Estevan de Arechiza führte. Dieser Mann schien schon im Lande gelebt zu haben, doch hatte ihn früher noch Niemand gesehen. Topographische Kenntnisse, deren Genauigkeit nichts zu wünschen übrig ließ, und die offenbar aus bester Quelle geschöpften Anschauungen über Menschen und Dinge bewiesen, daß Sonora ihm keine Terra inkognita sei. Er mußte mit einem sehr wohlüberlegten Plane aus Europa herübergekommen sein, denn Alles, was er that, verrieth tiefes Nachdenken und einen sehr sichtbaren innern Zusammenhang. Er verfügte über ebenso bedeutende wie geheimnißvolle Hilfsquellen, denn er lebte auf einem überaus glänzenden Fuße, hielt offenes Haus, spielte sehr hoch, lieh seinen Bekannten Geld, ohne es jemals zurückzuverlangen, und kein Mensch konnte sagen, woher er das Geld nahm, um einen so ungewöhnlichen Aufwand zu bestreiten.
    Er unternahm von Zeit zu Zeit eine kleine Reise, die höchstens eine Woche währte; dann zeigte er sich wieder, ohne daß man wußte, wo er gewesen war, denn seine Dienerschaft, die jedenfalls gut besoldet war, ließ über die Angelegenheiten ihres Herrn niemals Etwas verlauten. Sein vornehmes Wesen, seine Großmuth und Freigebigkeit verhalf ihm in Arispe bald zu einem gewaltigen Einflusse, so daß es ihm nicht schwer fallen konnte, eine Expedition zu organisiren, über deren eigentliches Ziel er sich allerdings noch nicht ausgesprochen hatte. Nur so viel ließ er hören, daß sie nach einem Orte gehen solle, bis zu welchem noch kein Weißer vorgedrungen sei.
    Aus allen Gegenden des Landes strömten ihm Leute zu, die sich betheiligen wollten, und man erzählte sich, daß bereits achtzig entschlossene Männer nach dem Präsidio Tubac an der indianischen Grenze, das Arechiza ihnen als Sammelplatz bezeichnet hatte, unterwegs seien. Wollte man dem allgemeinen Gerüchte Glauben beimessen, so war auch der Tag bereits nahe, an welchem Don Estevan in eigener Person von Arispe abgehen wollte, um sich an ihre Spitze zu stellen.
    Um diese Zeit war es, daß ein Reiter langsam durch die Straßen der Stadt geritten kam, sich angelegentlich nach der Wohnung Don Estevan de Arechiza’s erkundigte und, vor derselben angekommen, vom Pferde stieg.
    Seine Kleidung bestand in einem Wammse ohne Knöpfe – einem Kleidungsstücke, welches man wie ein Hemd überwirft – und in einer weiten Hose, Beides aus gegerbtem, backsteinfarbigem Leder. Diese Hose, welche vom Knie an bis herab zur Ferse offen war, ließ das von mit figurenbedecktem Ziegenleder umgebene Bein sehen. Diese unförmlichen Stiefeln waren durch scharlachrothe Kniebänder befestigt, in deren einem ein langes Messer mit seiner Scheide stak. Eine aus rothem chinesischem Crepp bestehende Schärpe, ein großer Filzhut, welcher von einer Schnur venetianischer Perlen umgeben war, bildeten ein malerisches Kostüm, dessen Farben mit denen der Serape (Plaid), die ihm um die Schultern hing, vollständig harmonirten.
    Ein Diener frug nach seinem Begehr.
    »Ist Don Estevan de Arechiza zu sprechen?«
    »Ich werde sehen! Wen soll ich melden?«
    »Mein Name ist Petro Cuchillo .«
    Der Diener schritt ihm voran und öffnete ihm bald den Eintritt in ein Gemach, wo sich der Mann befand, welchen er suchte.
    Don Estevan schien im Begriffe gewesen zu sein, auszureiten. Er war ein Mann von etwas mehr als mittlerer Größe. Er hatte einen Dolman von dunkelblauer Farbe an, welcher reich mit seidenen Borden verziert war und durch ein weißes, mit himmelblauer Seide gesticktes Taschentuch fast ganz verdeckt wurde. Unter einem glühenden Himmel

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