Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Waldläufer

Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Sommer haben mein Auge erquickt und sechzig Winter meine Stirn gefaltet, aber nie habe ich gesehen, daß Freundschaft herrscht zwischen den Weißen des Nordens und den Bleichgesichtern vom Mittag. Die drei Männer auf der Insel gehören nicht zu den Kriegern, welche dort im Westen ein großes Feuer brennen; sie sind ihnen feindlich gesinnt und die rothen Söhne der Prairie mögen zu ihnen senden, damit sie kommen und mit uns gegen die Leute mit den Wagen kämpfen. Schwarzvogel, der Häuptling der Apachen, hat gesprochen!«
    Auch die Andern erhoben sich nach der Reihe, aber Keiner stimmte der Ansicht Schwarzvogels bei. Seine Ansicht wurde verworfen, und man beschloß, eine größere Abtheilung gegen das Lager und eine kleinere gegen die Insel zu senden.
    Ungefähr eine Viertelstunde später gingen hundert Mann in der Richtung des Lagers ab, während sich zwanzig der bewährtesten Krieger nach dem Inselchen hinbewegten und vor Verlangen brannten, das Blut der drei Personen zu vergießen, denen es für den Augenblick eine scheinbar sichere Zufluchtsstätte bot. –
    Das war das Zweite, was der Adler sehen konnte. –
    Im Süden von den beiden Lagern und zwar so, daß sie mit diesen Orten ein Dreieck bildete, lag inmitten des Rio Gilo ein kleines Inselchen inmitten eines leichten Nebels. Der Gilo strömte hier, an den Ufern von Bäumen und Sträuchern beschattet, von Osten nach Westen, theilte sich eine Stunde unterhalb der Insel in zwei Arme und bildete ein großes Delta, dem eine Gebirgskette zur Grenze diente. Allein ein dicker Nebel bedeckte diese Hügel, und Gottes Auge allein hätte diesen Dunstschleier durchdringen können, der immer lebhaftere himmelblaue und violete Tinten darbot, je mehr sich die Sonne dem Horizonte zuneigte.
    In diesem Delta, welches einen Flächenraum von beinahe zwei Quadratmeilen inne hat, etwa in gleicher Entfernung von der Hügelkette und der Gabel des Flusses, lag das Goldthal, wie Marcos Arellanos den Ort getauft hatte.
    Große Zitterespen und Weidenbäume standen am Ufer des Flusses, einen Flintenschuß von der genannten Insel. Die Bäume standen so nahe am Wasser, daß ihre Wurzeln durch den Boden am Flusse hindurchdrangen und sich im Wasser tränkten. Auch war der freie Raum zwischen den Bäumen durch kräftig treibende Bandweiden oder andere in einander verschlungene Pflanzen ausgefüllt. Fast dem Inselchen gegenüber aber befand sich ein ziemlich großer und von Vegetation ganz entblößter Raum.
    Dieser Weg war von Büffelheerden oder Haufen wilder Pferde, die am Ufer sich tränken wollten, ausgetreten worden. Man konnte also von dem Inselchen aus über diesen freien Raum hinweg einen Blick auf die Ebene werfen.
    Die Insel war ursprünglich durch Baumstämme gebildet worden, die sich mit ihren Wurzeln oder Aesten im Bette des Flusses eingehackt und festgesetzt hatten. Andere Bäume waren zu ihnen herangetrieben und von ihnen festgehalten worden; die einen hatten noch ihr Laub, die andern waren längst verdorrt, und da sich ihr Gezweig und Wurzelwerk innig verschlang, so bildeten sie eine Art rohen Flosses, seit dessen Bildung wohl viele Jahre verflossen waren. Trockenes Gras, welches durch die Wellen von den beiden Ufern abgerissen und hier angeschwemmt worden war, hatte die Maschen und leeren Räume dieses Flosses längst ausgefüllt. Der Staub, welchen der Wind vor sich hertreibt und in ferne Gegenden führt, hatte dieses Gras nach und nach mit einer Erdkruste bedeckt und bildete in Folge dessen auf dieser schwimmenden Insel eine Art festen Bodens, an dessen Ufern hohe Wasserpflanzen aufgeschossen waren.
    Ueber dem kräftig treibenden jungen Holze, welches neben dem Schilfrohre und Pfeilkraute das Inselchen mit einem grünen, dichten Saume umgab, welcher mit den Baumskeletten oder den großen, von ihrer Rinde entblößten Aesten in bizarrer Weise verbunden war, hatten sich Weidenstämme erhoben.
    Dieser Saum umschloß einen dreißig bis vierzig Quadratschuh großen und mit saftigem Grase gepolsterten Raum, und ein liegender oder auch nur knieender Mensch verschwand, welche Höhe und Stärke er sonst auch haben mochte, gänzlich hinter dem durch das junge Holz und die Weidenäste gebildeten Vorhang.
    Hinter ihm lagen drei Männer, von denen zwei schliefen, während der älteste von ihnen, die Büchse zum stets bereiten Schusse in der riesigen Faust, wachte. –
    Das war das Dritte, was der Adler sah. –
    Der Beschreibung nach, welche der indianische Kundschafter von den drei auf

Weitere Kostenlose Bücher