Der Waldläufer
was zu erwarten steht, ja! Wie ist es mir um das Pulver und die Gewehre zu thun. Wir werden zuweilen tauchen müssen.«
»Hm,« meinte Fabian nachdenklich, »vielleicht brauchen wir weder zu schwimmen, noch zu tauchen!«
»Was sonst?«
»Nur ein wenig zu steuern und zu rudern.«
»Wie meinst Du das, mein Kind?«
»Habt Ihr nicht bemerkt, daß unsere Insel sich abwechselnd hob und senkte, als die Rothen über den Fluß gingen?«
»Das haben wir ja alle bemerkt.«
»Und daß sie in ihren Grundfesten bebte und wankte, als wir einige Aeste und Stämme zur Verbarrikadirung losrissen?«
»Auch das.«
»Nun, ich meine, wenn es uns gelänge, die Insel flott zu machen, so – – –«
»Santa Lauretta,« fiel ihm Pepe in die Rede, »wie gewaltig dumm sind wir gewesen, Rosenholz! Meinst Du nicht auch!«
»Ich stimme Dir vollständig bei, denn der Gedanke Fabians wird uns Rettung bringen. Die Insel wird vielleicht durch eine Wurzel oder einen dicken, die Kette eines Pflichtankers vertretenden Baumstamm auf dem Grunde festgehalten. Es müssen schon viele Jahre her sein, seit sie hier festsitzt; der Boden, welcher sich gebildet hat, läßt das vermuthen. Das Wasser muß das niedere Holzwerk schon längst in Fäulniß gesetzt haben, und davon will ich mich nun überzeugen.«
Er trat an den Rand der Insel und ging mit großer Vorsicht in das Wasser.
Die beiden Zurückgebliebenen folgten mit ihren Augen nicht ohne Unruhe seinen angestrengten Untersuchungen. Er verschwand von Zeit zu Zeit unter der Oberfläche des Flusses wie der Taucher, welcher längs der Seiten des Schiffes das Leck sucht, das dem Fahrzeuge den Untergang bereiten kann. Endlich kam er wieder auf das Floß.
»Nun,« frug Pepe, »sind wir durch viele Anker festgehalten?«
»Es geht Alles gut, wie ich glaube. Bis jetzt sehe ich nur einen, der die Insel festhält, und das ist der Nothanker.«
»Du mußt wieder hinunter?« meinte Fabian.
»Ja, wenn wir uns flott machen wollen.«
»So hüte Dich ja, zu weit hinunterzudringen! Du kannst Dich sehr leicht in das Netz von Aesten und Wurzeln verwickeln und ertrinken müssen.«
»Sei unbesorgt, mein Junge,« antwortete der Riese. »Es würde eher ein Walfisch an einem Fischerkahne, den er zwanzig Fuß hoch in die Luft schleudern kann, hängen bleiben, als ich unter dieser Insel, die ich durch einen Druck mit der Schulter auseinandertreiben könnte. Ich muß nur vorsichtig zu Werke gehen, daß sie beisammen bleibt, sonst gerathen wir aus dem Regen in die Traufe. Jetzt vor allen Dingen müssen wir ein Steuer haben. Das Wasser hat ganz konträre Strömungen, und wenn wir das Floß auch nicht ganz in die Gewalt bekommen können, weil wir nicht rudern dürfen, so müssen wir doch so wenig wie möglich abhängig von ihm sein.« –
Schwarzvogel, der Häuptling, saß am Fuße eines Baumes. Die zerschmetterte Schulter wurde ihm von einer Riemenbandage zusammengehalten. Sie mußte ihm fürchterliche Schmerzen verursachen, obgleich er jede Miene bewachte, dies nicht zu verrathen.
Sein glühendes Auge heftete sich unablässig auf die düstere Masse der Insel, wo, wie er glaubte, die drei Männer, nach deren Blut er dürstete, in einer entsetzlichen Angst schwebten.
Während der ersten Stunden der Nacht konnten die Indianer leicht sehen, was vorging; je dicker aber der Nebelschleier um das Inselchen wurde, um so mehr verkleinerte sich der Lichtgürtel, den die Feuer auf den Fluß warfen. Bald wurden die Dünste so stark, daß die Wachenden das gegenüberliegende Ufer nicht mehr sehen konnten, und endlich verschwand das Inselchen selbst im Nebel.
Der Häuptling wußte, daß es nothwendig sei, die Aufmerksamkeit zu verdoppeln. Er rief daher zwei Krieger zu sich und schickte sie zu den Schildwachen an beiden Ufern.
»Geht und sagt den Wachen, daß Jeder vier Ohren öffnen müsse, um die Augen zu ersetzen, welche der Nebel verblendet. Sagt ihnen, daß die Dankbarkeit Schwarzvogels groß ist und seine Strafe streng. Wer die Augen schließt und schläft, den wird die Mordkeule des Häuptlings nicht in die ewigen Jagdgründe, sondern in das Land der Schatten bringen. Der Krieger, welcher auf dem Posten schläft, kommt in die Einöden der Geister, welche ewig schlafen!«
Es giebt kein nächtliches Geräusch, welches dem Ohre eines Indianers entgeht, und ihrem durchdringenden Auge entzieht sich nicht so leicht ein Gegenstand, den es zu finden strebt. Allein heute machte der Nebel die Luft wieder sonor und entzog zugleich
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