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Der Waldläufer

Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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erleuchtete, so daß man die Silhouetten der dort stehenden Indianer deutlich erkennen konnte. Sie waren ihres Erfolges so sicher und glaubten die drei Jäger in solcher Verwirrung, Angst und Rathlosigkeit, daß sie eine Gefahr für sich gar nicht erwarteten und es für überflüssig hielten, verborgen zu bleiben und auf das Schauspiel zu verzichten, welches ihnen die Vernichtung der kleinen, natürlichen Festung bieten mußte.
    »Bois-rosé lag hinter seinen Aesten, durch welche er das Ruder verkehrt gesteckt hatte, und erwartete den ersten Anprall des Branders mit fest angeschwellten Muskeln. Er konnte die Bauart desselben genau betrachten. Zwei aneinander befestigte Baumkronen trugen eine Unterlage von grünem Grase, auf welcher eine bedeutende Menge dürren, harzigen Holzes aufgeschichtet und in Brand gesetzt worden war. Beim Anstoße an die Insel mußte diese brennende Masse das Gleichgewicht verlieren und auf das Floß fallen, wo so viel dürres Holzzeug vorhanden war, daß sie in wenigen Augenblicken in Flammen aufgehen mußte.«
    »Jetzt ist es hell genug da drüben. Drauf!« kommandirte Pepe.
    Zwei Schüsse krachten.
    »Getroffen! Zwei!«
    Während Fabian sich auf den Rücken warf, um zu laden, schoß Pepe die dritte Büchse ab.
    »Drei!« sprach er, seine Opfer zählend.
    Die Indianer zogen sich bei diesem unerwarteten Angriffe so viel wie möglich zurück; aber das Licht des Branders erzeugte, verbunden mit der Helle ihrer eigenen Wachtfeuer, eine solche Deutlichkeit des kleinsten Gegenstandes, daß, besser noch als am hellen Mittage, jeder Gegner zu erkennen war. Die dunklen Gestalten der Indianer waren selbst durch die Büsche hindurch, hinter denen sie sich verborgen hatten, sichtbar, so daß Fabian nicht schnell genug zu laden vermochte.
    »Vier! Schneller, Sennor Fabian! Wenn ich nur fünf Minuten Zeit erhalte, gehen zwei Dutzend Rothhäute darauf. Fünf!«
    Jetzt wurde die Insel von einem heftigen Stoße erschüttert. Der Brander war an das Ruder getroffen. Er wankte, erhielt sich aber, da Rosenholz wohlweislich Etwas nachgegeben hatte, im Gleichgewichte, wurde von dem Jäger vermittelst der Stange von der Insel abgehalten, trieb an derselben vorüber und schwamm dann langsam stromabwärts weiter.
    Ein Hagel von Pfeilen und Kugeln war, als das Floß in heller Beleuchtung stand, auf dasselbe niedergefallen, hatte aber nicht den mindesten Schaden angerichtet.
    »Sechs!« zählte Pepe.
    Er mußte, während der Brander vorüber ging, eine Pause machen, zielte dann aber mit um so größerem Eifer. Fabian erkannte, daß die Helle abnahm. Das kurze Licht mußte benutzt werden; er wandte sich und steckte seine soeben geladene Büchse durch die Schanze.
    »Sieben!« rief Pepe frohlockend.
    »Acht!« der Rastreador.
    »Santa Lauretta, jetzt ist es aus! Konnte dieses schöne Licht nicht noch einige Minuten anhalten? Bei meiner Seele, diese Apachen werden noch nach fünfhundert Jahren an die Fürsten der Savanne denken, die zu Dreien eine solche Anzahl tapferer Zinnober-und Ockergesichter in die ewigen Wälder schickten! Wollen wir dem Brander nach?«
    »Nein. Wir müssen warten. Wir können in seine Beleuchtung gerathen, wenn wir ihm sofort folgen.«
    »Oder,« meinte Fabian, »er kann an das Ufer stoßen, dasselbe entzünden und so unseren Weg verrathen.«
    »Das steht wohl nicht zu befürchten. Die Rothen würden das Feuer sofort löschen, um nicht selbst in Gefahr zu gerathen.«
    Dieses Mal hatten die Wilden nicht ihr gewöhnliches Geheul vernehmen lassen. Ihre Wuth hatte jetzt wohl den Grad erreicht, an welchem sie schweigsam, aber desto verderblicher wird. Ihre Wachsamkeit verdreifachte sich, als es wieder dunkel geworden war wie vorher.
    Wohl über eine Viertelstunde war vergangen, als Rosenholz sich anschickte, wieder in das Wasser zu gehen.
    »Jetzt wird es Zeit. Wir dürfen nicht rudern und kommen also nur mit der geringen Geschwindigkeit des Wassers vorwärts. Wenn wir länger warten, kann es sehr leicht geschehen, daß wir bei Anbruch des Tages noch im Bereiche der Wilden sind.«
    Er stieg hinab. An den sich um die Insel her bildenden Wirbeln konnte man erkennen, daß er arbeitete. Das Floß zitterte wie ein Fahrzeug inmitten einer hohlen See. Man fühlte, daß der Riese eine letzte, gewaltige Anstrengung machen müsse. Fabian wurde es einige Augenblicke enge um das Herz bei dem Gedanken, daß Bois-rosé vielleicht mit dem Tode kämpfte – als ein dumpfes Krachen, ähnlich dem des Fugenwerkes eines

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