Der Waldläufer
durch die Kraft des erfolglosen Schlages beinahe sattellos gewordenen Feind mit der Linken bei der Skalplocke, riß ihn hinten hinüber und bohrte ihm das Messer bis an das Heft in die Brust.
Den augenblicklich Todten vom Pferde stürzend, erfaßte er die Zügel des Thieres, riß es vorn empor und trieb es, einen lauten, gellenden Siegesruf ausstoßend, mitten unter die Wilden hinein, von denen er gleich mit dem ersten Satze des kräftig ausschlagenden Thieres einige zu Boden ritt.
Ein entsetzliches Wuthgeheul war die Antwort der Wilden auf diesen Siegesruf und den Tod ihres berühmtesten Häuptlings.
»Sennor Baraja, wißt Ihr jetzt, wie sie schreien?« frug Benito, der auch eine Mordkeule ergriffen hatte und während des Sprechens einen Indianer niederschmetterte. »Sucht Euch auch eine solche Macana. Sie ist beim Nahekampf das trefflichste Instrument das man nur finden kann!«
»Gebt mir die Eure, Don Benito; ich habe keine Zeit zum Suchen!«
»Hier ist sie! Dort liegt eine andere, die ich mir nehmen werde!«
Ueber den vorher so furchtsamen Baraja, dessen dunkler Lebenslauf bisher jedenfalls nur Thaten aufzuweisen hatte, welche hinterrücks mit dem heimtückischen Messer ausgeführt worden waren, war das Schlachtenfieber gekommen. Er warf sich mit der Keule den Feinden entgegen.
Auch Oroche, der Mandolinenspieler, that seine Schuldigkeit. Die Mantelüberreste waren ihm von der Schulter gefallen, der alte Hut lag schon längst am Boden; seine langen Haare flatterten im Winde, während er mit dem Kolben seiner Büchse um sich schlug, als wolle er allein sämmtliche Feinde vernichten.
Don Estevan hatte trotz des schlechten Standes der Sache seine vollständige Kaltblütigkeit behalten. Seine Flinte krachte von Minute zu Minute, und jeder Schuß kostete einem Indianer das Leben.
Wem es vergönnt gewesen wäre, bei diesen Scenen den ruhigen Beobachter zu spielen, der würde sein Auge nicht von Diaz haben wenden können. Er hatte gleich im ersten Augenblicke bemerkt, welch ein ausgezeichnetes Pferd er unter sich bekommen habe, und war daher auch gar nicht wieder abgestiegen. Die Wilden vor sich niederreitend, trieb er es durch sie hindurch, ritt zum Wagen, an welchem er seinen Stand hatte und riß von einem Pflocke seinen Degen, welcher von ihm bisher außer Acht gelassen worden war. Es war eine vortreffliche Klinge von Toledo, auf welcher die stolze spanische Devise zu lesen war.
»
No la saques sin razon,
No la embaines sin honor,
«
zu deutsch:
»Ohne Grund zieh ihn nicht heraus,
Ohne Ehre steck ihn nicht ein!«
Dieser Degen hatte das Blut schon manchen Indianers gekostet. Diaz nahm einen Anlauf und riß, daherstürmend, die Wilden auseinander. Die Klinge schwingend, arbeitete er wie ein rasender Roland. Die zwei noch übrigen Häuptlinge, an ihrem Kriegsschmucke kenntlich, fielen unter seinen raschen Streichen und ein panischer Schrecken bemächtigte sich der Uebrigen. Sie wandten sich zur Flucht und stürmten durch die Bresche hinaus, Diaz hinter ihnen her.
»Auf die Pferde! Ihnen nach!« rief Don Estevan.
Wer nicht verwundet oder sonst unfähig zum Reiten war, sprang auf das nächste beste Pferd und jagte den fliehenden Wilden nach. Der Umstand, daß der Katzenparder die Reserve fortgeschickt hatte, wurde diesen im höchsten Grade verderblich, und die Goldsucher errangen den glänzenden Erfolg, welchen Antilope, der Läufer, dem Schwarzvogel dann am Rio Gilo berichtete.
Als die Verfolger zurückgekehrt waren, zeigte es sich, daß die Weißen gegen dreißig Mann verloren hatten. Die Uebrigen waren meist verwundet. Man verband sich, stellte vor allen Dingen die beschädigte Verschanzung wieder her und legte sich dann, von der gehabten Anstrengung erschöpft, nach Ausstellung der nothwendigen Wachen mitten zwischen den Leichen auf den blutdurchdrängten Boden zur Ruhe nieder. –
Es graute der Tag.
Der stärkere Wind, welcher dem Aufgange der Sonne voranzugehen pflegt, zerriß die auf dem Flusse liegende Nebeldecke hier und da an einigen Stellen, aber die am Ufer wachenden Indianer vermochten doch noch nicht, die Insel zu erkennen.
Bald wurde das erste Dämmerlicht etwas bestimmter. Die Nebelmassen wälzten sich über einander her, wie die Staubwolke, welche von den Füßen einer Büffelheerde aufgewühlt wird. Die Sonne erhob sich, und die Dunstschleier oscillirten wie eine ungeheure Draperie, von welcher jeder Hauch des Morgenwindes ein Stück mit fortriß.
Da stieß der
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