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Der Waldläufer

Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Doppelzüngigkeit machte er Schwarzvogel auf diesen und noch einen andern Umstand aufmerksam:
    »Antilope wünscht, daß die beiden Häuptlinge der Bleichgesichter zurückkehren, ehe die Nacht hereinbricht, sonst kann er nicht mit ihnen sprechen, da sie kein Feuer anzubrennen vermögen. Schwarzvogel, der Häuptling der Apachen, möge seinen Kriegern befehlen, die beiden Bleichgesichter friedlich zurückkehren zu lassen, denn Antilope will mit den Weißen Frieden schließen auf viele Sommer und Winter!«
    Schwarzvogel erhob sich. Seine geballte Faust und ein zweiter, rascher Blick belehrten Antilope, daß der Häuptling Don Estevan einen Hinterhalt stellen werde, um ihm die Rückkehr zur Unmöglichkeit zu machen.
    »Mein rother Bruder hat gut gesprochen,« meinte er würdevoll. »Es geschehe, wie er geredet hat!«
    Er schritt, ohne Gomez eines weiteren Blickes zu würdigen, zum Zelte hinaus, die Erhöhung hinab und durch die Lücke zu den Pferden. Trotz seiner Schmerzen schwang er sich auf, nahm auch das Thier der Antilope beim Zügel und galoppirte davon.
    Gomez betrachtete den zurückgebliebenen Indianer mit unsicheren Blicken. Antilope hatte die Augen geschlossen und den Kopf zurückgelegt zum Zeichen, daß er jetzt für niemand mehr vorhanden sei.
    »Hat der rothe Mann noch etwas zu sagen?«
    Ohne die Augen zu öffnen, erhob der Wilde die Hand ein wenig.
    »Fort!«
    Gomez verließ das Zelt und kehrte zu den Gefährten zurück. Er war so vollständig besiegt und blamirt worden, wie noch nie in seinem ganzen Leben.
    Benito trat ihm entgegen.
    »Nun, Sennor Gomez, warum ging der Eine und läßt den Andern hier?«
    »Der Teufel hole sie alle Beide! Die Kerls thun ja, als ob sie die Herren unseres Lagers wären. Sie haben wegbekommen, daß ich nicht der Anführer bin und mich behandelt wie einen Knaben, der noch nicht drei von vier unterscheiden kann.«
    »Was Ihr auch vollständig verdient habt, wenn Ihr es Euch so ruhig gefallen laßt, Don Gomez. Welche Vorschläge machten sie Euch denn?«
    »Keine,« zankte der wüthende kleine Mann. »Sie wußten ganz genau, daß Don Estevan mit Petro Diaz und den Andern das Lager verlassen hat, und wollen nur ihnen sagen, was sie hergeführt hat. Dieser Schlingel, der sich Antilope nennt, hat mich aus dem Zelte gewiesen wie einen Hund.«
    »Und Ihr seid auch gegangen? Das ist zwar sehr vorsichtig, aber nicht sehr tapfer von Euch. Und der Andre? Warum hat nicht auch er gewartet, sondern den Rückweg eingeschlagen?«
    »Weil er den Apachen sagen will, daß sie den Arechiza unbehelligt passiren lassen sollen.«
    »Schön, Sennor Gomez! Und das habt ihr geglaubt?«
    »Warum nicht?«
    »Weil man einem Rothen überhaupt nur dann erst glauben und trauen darf, wenn man fünfzig Zentner Tabak und zwanzig Wagenladungen Summachblätter mit ihm geraucht hat. Das ist Erstens – und Zweitens weil – – –«
    »Nun, weil – – –?«
    »Weil es mir scheint, als hätten wir heut ganz besondere Veranlassung, vorsichtig zu sein.«
    »Welche Veranlassung meint Ihr, Sennor Benito?«
    »Don Arechiza ist abwesend, und wir gleichen also beinahe einer Heerde ohne Hirten, welche die Wölfe leicht überwältigen können. Sodann fehlt uns alles Holz, um im Falle eines Angriffes das Lager zu beleuchten.«
    »So holen wir uns welches.«
    »Oder auch nicht! Don Estevan hat uns verboten, das Lager zu verlassen, und selbst wenn wir ihm ungehorsam sein wollten, wo giebt es Holz? Diejenigen, welche es sammeln wollten, würden sicher in die Hände der Wilden fallen.«
    Dieser letztere Punkt leuchtete Allen so trefflich ein daß sich Keiner erbot, Brennmaterial herbeizuschaffen. Benito fuhr fort:
    »Habt Ihr vielleicht diesen Antilope für einen Häuptling gehalten, Sennor Gomez?«
    »Allerdings. Und jedenfalls ist er auch einer.«
    »Grad so wie Ihr! Er ist ein indianischer Läufer; das kann man ja sofort aus seinem Namen sehen. Habt Ihr an seinem Aufputze irgend Etwas bemerkt, was auf eine solche Würde schließen läßt?«
    »Nein.«
    »Gut also! Warum nun geht gerade der Häuptling fort und läßt uns einen gewöhnlichen Krieger hier zurück?«
    Die Andern blickten ihn erwartungsvoll an, ohne seine Frage beantworten zu können.
    »Ich bin zwar kein Kenner von Indianern, aber – – –«
    »Aber – – – nur weiter, Sennor Benito! Spannt uns doch nicht so auf die Folter! Ihr seid der beste Tiger-und Indianerkenner von Mexiko; das habt Ihr bewiesen, und werdet also auch wissen, warum der Häuptling fort

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