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Der Wandermoerder

Der Wandermoerder

Titel: Der Wandermoerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Starr
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der junge Hirte Alphonse Rodier war einem Überfall nur entkommen, weil sich in letzter Minute einige Arbeiter genähert hatten –, dann hatte er die Kehle des Opfers gepackt. Vacher war stark und hatte ungewöhnlich lange Fingernägel. An seinem ersten Opfer entdeckte man daher auch verräterische Kratzwunden. Später, als er mutiger geworden war und mehr Übung im Umgang mit dem Messer hatte, hatte er seinen Opfern so große Wunden an der Kehle zugefügt, dass diese die Kratzer verbargen. Die Autopsien hatten jedoch zerquetschte Kehlköpfe offenbart, was bewies, dass die Opfer auch gewürgt worden waren.
    Vacher hatte seine Opfer so schnell und kraftvoll gepackt, dass sie kaum eine Chance hatten, sich zu wehren oder zu schreien. Die meisten hatten schnell das Bewusstsein verloren oder waren zusammengebrochen, worauf Vacher sie auf den Boden gelegt und ihnen die Kehle aufgeschlitzt hatte. Lacassagne nahm an, dass er immer so vorgegangen war, da nur eine der Leichen am Rücken oder Hinterkopf jene Art von Verletzungen aufwies, die ein schwerer Sturz hervorgerufen hätte. Nur ein Opfer, die Witwe Morand, hatte Prellungen, wie sie bei Stürzen auftreten, da Vacher sie offenbar sofort erstochen hatte, als er in ihre Küche gekommen war. Wenn die anderen Opfer auch im Stehen erstochen worden wären, wäre das Blut aus der Halsvene einen halben oder sogar ganzen Meter weit herausgespritzt. Das Fehlen von solchen Blutspritzern an den Tatorten schloss aber diese Variante aus.
    Vachers »Standardmethode«, schrieb Lacassagne, war so effizient, dass er nie verletzt oder gekratzt wurde. In zwei Fällen – Louise Marcel und Pierre Laurent – waren die Opfer nicht bereits durch das Würgen wehrlos, doch obwohl sie sich zu befreien versucht hatten, was die Art der Wunden belegte, waren sie nicht in der Lage gewesen, sich erfolgreich zu verteidigen. Nur ein Opfer, nämlich Madame Plantier, war entkommen, während Vacher sich noch in der ersten Phase seiner Attacke befunden hatte.
    »Es ist sicher, dass Vacher sich hinter dem Kopf oder an einer Seite des Opfers befand, andernfalls wäre er vollkommen mit Blut bedeckt gewesen«, schrieb Lacassagne. »Das Blut spritzte auf den Boden, ohne Vacher zu erreichen. Das würde erklären, warum sich auf seiner Kleidung nur sehr wenig Blut fand.«
    Die Untersuchungen hatten ergeben, dass die Innenseite der Kleidung blutgetränkt war und dass die Organe und Herzen der Opfer vollkommen ausgeblutet waren. Was die Blutlachen betraf, nahm Lacassagne an, dass die erste jeweils dort entstanden war, wo Vacher das Opfer getötet und so viel Blut wie möglich hatte auslaufen lassen. Dann hatte er die Leiche an eine andere Stelle geschleift, an der er sie missbraucht oder verstümmelt hatte. Zum Schluss hatte er die Leiche versteckt – hinter einem Felsen, in einem Gebüsch oder mit Ästen oder Blätter bedeckt in einer Bodenmulde. Manchmal hatte er auch in aller Eile versucht, die Blutpfützen mit Erde zu bedecken.
    Dann war er weitergegangen, oft in der Nacht, bis er so weit vom Tatort entfernt gewesen war, dass die Suchtrupps ihn nicht finden konnten. Er hatte immer Kleider zum Wechseln bei sich und hatte sich oft den Bart abrasiert, um sich anschließend erneut einen wachsen zu lassen.
    »Man muss sich fragen«, schrieb Lacassagne, »ob die ständige Wiederholung dieser Serie von blutigen Handlungen das Werk eines Kannibalen ist – aber eines vernunftbegabten Kannibalen – oder im Gegenteil das eines Verrückten ohne jegliche Vernunft.« Für den Professor deutete der gesamte Tatverlauf trotz der grausamen Perversität auf Planung und Vernunft hin, wie sie nur ein geistig Gesunder an den Tag legen konnte. »Zweifellos wählte er die Zeit, das Opfer und den Ort aus.« Sobald Vacher begonnen hatte, einem Opfer nachzustellen, »hielt er sich an einen vorher beschlossenen Plan, der ein wohlüberlegtes und logisches Vorgehen nach einem bestimmten System einschloss … Auf den Hauptstraßen begegnete er zahlreichen Menschen, aber dort verlor er nie die Selbstbeherrschung. Das geschah nur, wenn er weit vom nächsten Dorf entfernt war.«
    Er tötete schnell, effizient und mit einer »Präzision und Geschicklichkeit«, was auf einen »ruhigen, unerschütterlichen Vorsatz« schließen ließ. Das Vorgehen des Mörders »setzte Kühnheit, Kaltblütigkeit und unerschütterliche Ruhe voraus«.
    Lacassagne wies darauf hin, dass Vacher während seiner Wanderschaft immer wieder eine Geistesklarheit bewiesen

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