Der Wandler
Pflanzen. Ich wette du hast noch nie solche Pflanzen gesehen.«
Wenn er das merkwürdige Gewächs meinte, das mich zu verfolgen schien, dann hatte er Recht. So etwas war mir noch nie begegnet. Ich war zwar kein Experte, aber das Zeug, das hier wuchs, war irgendwie schräg. So was von schräg. Allein die verrückten Farbkombinationen waren ungewöhnlich. Guckte man zu lange hin, bekam man regelrecht Kopfschmerzen. Nicht zu vergessen die Größe mancher Pflanzen. Da war ein gut zwei Meter großer Löwenzahn, der mich blutrünstig anzustarren schien.
»Stimmt. Wo haben sie die denn her?«
»Von hier.«
»Von hier? Ach, Quatsch.«
Fast jeden Tag verbrachte ich im Freien. Aber niemals hatte ich so etwas gesehen.
»Doch, doch. Diese Pflanzen sind meine Babys. Ich habe sie erschaffen. Sie sind Teil eines Experiments. Es sind keine normalen Pflanzen. Sieh her.«
Er hob eine Schaufel auf und schleuderte sie in Richtung eines giftgrünen Efeus, der an der Decke des Gewächshauses wuchs. Die Ranken des Efeus schossen urplötzlich herab. Wie die Greifarme einer Krake packten sie die heranfliegende Schaufel. Sie umschlangen sie wie eine Anaconda ihre Beute und kurz darauf war ein Knacken und Knirschen zu hören. Übrig blieben nur Brösel. Während der Staub zu Boden rieselte, zog sich die Pflanze wieder zurück und verharrte in absoluter Bewegungslosigkeit.
Nichts deutete mehr auf das gerade geschehene hin. Hätte ich es nicht mit eigenen Augen gesehen...
»Verdammte Scheiße, was war denn das?«
»Welch vulgäre Ausdrucksweise. Aber ich kann deine Angst verstehen. Du bist der Erste, außer mir und meiner Kollegin, der es zu Gesicht bekommt.«
»Was zu Gesicht bekommt? Monsterpflanzen?
Das Ding hätte mich genauso gut beim Hereinkommen töten können!«
»Monsterpflanzen? Auch kein schlechter Name. Defender Plants.«
»Was?!«
»Sie heißen Defender Plants. Ich habe sie im Auftrag des Kollektivs zur Verteidigung von Neo NY entwickelt. Oder besser gesagt, ich entwickle sie noch immer. Sie greifen nicht die Einwohner an, reagieren nicht auf Tiere, aber alles andere wird beseitigt.«
All die Pflanzen um mich herum sah ich nun mit anderen Augen. Das waren keine Pflanzen. Das waren tödliche Waffen. Oh Mann, und ich stand mitten drin!
Dieser verrückte Freak hatte die Schöpfung der Natur pervertiert. Das waren jetzt blutrünstige Mutantendinger. Normalerweise fühlte ich mich in der freien Natur sehr wohl, aber in Zukunft würde ich jede noch so winzige Blume mit Argwohn betrachten. Vielleicht wollte sie mich ja auffressen!
Ich war hier beim Doktor Frankenstein der Botanik gelandet. Es war nur eine Frage der Zeit, bis dieser Durchgeknallte mich seinen Schöpfungen opfern würde. Ich wusste zu viel, das Kollektiv würde mich beseitigen müssen, ich würde als Dünger für Pflanzen enden...
Kacke, ich will nicht als Dünger enden! Was ist denn das für ein beschissener Tod. Hektisch sah ich mich nach einer Fluchtmöglichkeit um, vergebens, ich war umzingelt! Eine Waffe, ich brauchte eine gottverdammte Waffe, irgendwas...
Am besten eine Heckenschere! Hah, dem Grünzeugs werde ichs zeigen. Ohne Gegenwehr bekommt ihr mich nicht!
Der kauzige Forscher hatte meinen panischen Blick bemerkt und versuchte mich zu beruhigen.
»Keine Angst, dir wird nichts passieren. Die Defender Plants wurden entwickelt um dich zu schützen. Sie würden dir niemals auch nur ein Haar krümmen. Was machst du eigentlich hier? Normalerweise kommt ihr Kinder nicht zu mir auf Besuch.«
Oh, red du nur, Dr. Frankenstein, ich glaub dir kein Wort! Aber ein kleines Gespräch war eine gute Idee, so gewann ich etwas Zeit. Zeit, die ich dringend nötig hatte, Zeit um mich zu bewaffnen, Zeit um einen Ausweg zu finden...
»Jetzt krieg dich wieder ein! Du bist ja paranoid. Der Typ ist harmlos. Dass du dich immer so hineinsteigern musst...«
»Von wegen harmlos! Hast du den Efeu gesehn? Und da sagst du mir ich soll mich beruhigen?!«
»Red mit ihm, ich versprech dir, es geschieht dir nichts.«
»Wehe du irrst dich! Dann...«
»Jaja und jetzt benimm dich als ob du keinen Hirnschaden hättest, du Halbschlauer.«
Der Doktor sah mich erwartungsvoll an. Ok, was war noch mal die Frage gewesen? Ach ja, wie ich ihn gefunden hatte.
»Ich war hinter Brutus her.«
» Brutus?«
»Meinen Hund.« Mit dem Kinn nickte ich in Richtung meines großen sabbernden Begleiters.
»Ach ja, ich Dummerchen. Entschuldige.«
»Er hat einen Hasen verfolgt und tja... Als ich
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