Der Weg der Helden
rechtfertigen, dass ihr uns als Untermenschen betrachtet habt. Das verstehe ich. Ich verabscheue es, aber ich kann es nachvollziehen. Aber damit ist jetzt Schluss. Von diesem Tag an wird kein menschliches Wesen, ganz gleich welcher Rasse, mehr dem Kristalltod überantwortet. Alle Vagaren, die im Moment auf ihren Prozess wegen eines Verstoßes gegen die Rassengesetze warten, werden auf der Stelle freigelassen. Die Rassengesetze werden ab sofort aufgehoben. Ein neues Hohes Konzil wird gewählt, zusammengesetzt aus Vagaren und Avatar. Da die Zeit für freie Wahlen nicht reicht, werde ich die Vagaren benennen, die in diesem ersten neuen Hohen Konzil sitzen werden. Ihr, Questor General, werdet die Konzilsräte der Avatar bestimmen. Das Verhältnis wird ausgewogen sein, das heißt sechzehn Konzilsräte von jeder Gruppierung. Allerdings werdet Ihr, als Questor General, die ausschlaggebende Stimme in allen militärischen und zivilen Angelegenheiten behalten.«
Rael stand einen Augenblick schweigend da, dann nickte er. » Es wird geschehen, wie du sagst. Wir werden uns mit dir und deinen Repräsentanten heute Abend in der Konzilskammer treffen.« Er drehte sich zu Sofarita herum. » Und jetzt willst du mir vielleicht verraten, was du vom Feind schon alles gesehen hast?«
» Gerade während wir hier reden«, antwortete Sofarita, » greifen die Almecs Ammons Hauptstadt an. Sie wird innerhalb weniger Stunden fallen. Eine andere Streitmacht ist weiter östlich an Land gegangen und marschiert ins Landesinnere. Zwei weitere Truppenteile sind mit ihren Schiffen im Süden gelandet.«
» Wie viele Soldaten sind es insgesamt?«
» Die Truppen im Osten belaufen sich auf dreitausend Soldaten, die südlichen Streitkräfte sind etwa doppelt so stark. Und jeden Tag treffen mehr Schiffe ein.«
» Ich habe Viruk losgeschickt, damit er Ammon herholt«, erklärte Rael. » Kannst du irgendetwas tun, um ihm zu helfen?«
» Ich werde es versuchen«, sagte Sofarita.
Rael sah Mejana an. » Ich treffe dich und deine Leute heute Abend«, sagte er. Er gab Niclin ein Zeichen und ging zur Tür.
» Warte, Questor General«, sagte Sofarita. Er blieb stehen und schaute zu ihr zurück. » Ich will dein Versprechen, dass weder du noch irgendjemand unter deinem Befehl versuchen wird, Mejana oder einem ihrer Leute ein Leid anzutun.«
» Worauf soll ich das schwören?«, wollte er wissen.
» Schwöre es bei der Seele deiner Tochter Chryssa.«
Rael wurde blass. » Ich gelobe es«, sagte er und stürmte aus dem Zimmer.
» Hat er es ehrlich gemeint?«, erkundigte sich Mejana.
» Ja, obwohl er versuchen wird, vor dem unausweichlichen Ende noch einen Ausweg zu finden.«
» Wie ich es vermutet habe.«
» Und jetzt wirst du denselben Schwur leisten«, erklärte Sofarita. » Es darf keine weiteren Angriffe auf Avatar geben. Deine Zeit ist gekommen, Mejana. Akzeptiere den Sieg mit Edelmut. Keine Rachegedanken mehr.«
» Das schwöre ich«, erwiderte die dicke Frau. » Und jetzt muss ich gehen.«
Nachdem sie den Raum verlassen hatte, trat Questor Ro neben Sofarita. » Ich fürchte, meine Kollegen sind mir nicht länger gewogen«, sagte er. » Rael hat mich nicht aufgefordert, ihn zu begleiten, und ich glaube auch nicht, dass ich eingeladen werde, in dem neuen Hohen Konzil zu sitzen.« Ihm fiel auf, dass Sofarita nachdenklich schien. » Stimmt etwas nicht?«
» Rael glaubt, er gehe nur eine kurzzeitige Allianz ein. Er setzt seine Hoffnung auf Anus neue Pyramide. Sobald sie vollendet ist, will er die Macht wieder an sich reißen. Und Mejana träumt von dem Tag, an dem alle Avatar aus ihren Häusern getrieben und geköpft werden. Der Hass und die Vorurteile der beiden sind tiefer als das Weltenmeer.«
» Warum hast du ihren Geist nicht verändert, so wie du meinen verändert hast?«
» Hätte ich das getan, hätten sie sich von den Leuten entfremdet, die ihnen dienen. Aber die beiden Gruppen folgen nur den Anführern, deren Ansichten ihren eigenen entsprechen.« Sie seufzte. » Komm, schlendern wir ein wenig durch den Garten und erfreuen uns an dem Duft der Blumen.«
Talaban war ausgezeichnet ausgebildet worden. Er konnte Karten lesen, Männer führen, über die Meere segeln und aus dem Stegreif die Strategie für eine Schlacht entwickeln. Aber nichts in seinen zweihundert Lebensjahren hatte ihn auf Sofaritas Anblick vorbereitet. Es war, als hätte ihn der Blitz getroffen.
Dabei war er vollkommen ausgeglichen gewesen, als er mit Mondstein zu Ros Haus
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